Versorgung durch Hebammen im Kreis Kleve Die Betreuung im Wochenbett

Kreis Kleve · Laut AOK-Gesundheitsreport werden frischgebackene Mütter im Kreis Kleve im Wochenbett oft durch Hebammen betreut. Fachfrau Maria van Husen-Röhrig erklärt, was die Betreuung in den ersten Lebenswochen so wichtig macht.

 Maria van Husen-Röhrig macht als Hebamme viele Hausbesuche. Sie ist aber auch in der Praxis tätig, in der zum Beispiel Kurse für Schwangere stattfinden.

Maria van Husen-Röhrig macht als Hebamme viele Hausbesuche. Sie ist aber auch in der Praxis tätig, in der zum Beispiel Kurse für Schwangere stattfinden.

Ob die Pandemie nun letztlich für mehr oder weniger Babys sorgt, das bleibt wohl noch abzuwarten. Sicher ist jedoch, steht eine Geburt an, gibt es vieles zu entscheiden: Geburt zu Hause oder im Krankenhaus, eine Hebamme auf Rufbereitschaft oder doch im Kreißsaal mit dem diensthabenden Personal? Wer sich eine intensive Betreuung durch eine Hebamme wünscht, der sollte früh anfangen zu suchen. Denn neben den in den vergangenen Jahren drastisch gestiegenen Versicherungssummen, die selbstständige Hebammen zahlen müssen, gibt es noch einige andere Hürden für sie zu nehmen.

Das kann auch Maria van Husen-Röhrig bestätigen. Sie ist als Hebamme in der Praxis „Rundum“ tätig. An zwei Standorten, einer in Kleve und einer in Goch, betreuen dort 13 Hebammen die werdenden und neuen Mütter im Kreis. Und damit sind sie gut beschäftigt. „Ich mache im Schnitt circa acht bis zehn Hausbesuche pro Tag“, sagt van Husen-Röhrig. „Und wer eine Hebamme sucht, sollte sich möglichst früh melden, aktuell bin ich ab der 15. bis 20. Schwangerschaftswoche komplett ausgebucht“, sagt sie. Auch wenn sie zugibt, dass ihr manchmal das Nein-Sagen schwerfällt. Am liebsten wüsste sie nämlich jede Schwangere in guten Händen. Denn der Kreis Kleve steht zwar führend da in der Betreuung von Wöchnerinnen, doch die  erwünschten 100 Prozent werden  nicht erreicht.

Im kürzlich veröffentlichten Gesundheitsreport 2021 der AOK Rheinland/Hamburg schneidet der Kreis Kleve im Bereich Geburtsbetreuung gut ab. Zwar gibt es mit im Schnitt 26,4 Hebammen pro 1000 Geburten im Kreis nur wenige mehr als im Gesamtschnitt (23,1), der Kreis führt jedoch das Ranking in Bezug auf die Betreuung im Wochenbett an. „Nur jede zweite Mutter wird nach der Geburt eines Kindes durch eine Hebamme betreut. Die regionalen Unterschiede sind eklatant: Im Kreis Kleve kommt in drei von vier Fällen eine Hebamme zur Wochenbettbetreuung, in Duisburg und Mülheim an der Ruhr nur nach jeder vierten Geburt“, heißt es dort. Denn im Gesamtgebiet werden nur 46,1 Prozent der Frauen auch nach der Geburt von einer Hebamme betreut, im Kreis Kleve sind es 73,3 Prozent.

Das freut auch die Hebamme Maria van Husen-Röhrig. Sie ist überzeugt, dass das auch ein Ergebnis der Leidenschaft für den Beruf ist. „So ein Wert kommt, glaube ich,  vor allem durch das persönliche Engagement zustande.“ Aber natürlich hilft das nur, wenn es genug Hebammen gibt. In den vergangenen Jahren mehrten sich beispielsweise Berichte über die steigenden Versicherungskosten, die freiberufliche Hebammen zahlen müssen, um ihren Beruf auszuüben. „Auch wir hier in der Praxis arbeiten freiberuflich, die Versicherungskosten sind schon enorm. Nur mit Hausbesuchen lässt sich das kaum decken“, sagt van Husen-Röhrig. Doch sie ist zuversichtlich, was die Zukunft der Zunft angeht. „Der Beruf hat eine Aufwertung erfahren durch die Möglichkeit eines Studiums und einer verlängerten Ausbildungszeit“, sagt sie. Immer öfter würden zum Beispiel Schülerinnen nach Prakitkumsplätzen fragen, einige von ihnen haben sich sogar nach ihrem Abschluss dafür entschieden, Hebamme zu werden. „Der Nachwuchs ist also da“; sagt sie.

Und das ist wichtig, denn nicht nur Corona mache die Wochenbettbetreuung immer bedeutsamer. „In der Regel ergeben sich am dritten oder vierten Tag nach der Entbindung die ersten ‚Problemzonen’: der erste Wachstumsschub, die angelaufene Milchproduktion und die Wundheilung. Bei einer Geburt ohne Komplikationen sind da aber die meisten Mütter schon wieder zu Hause“, sagt van Husen-Röhrig. Dann helfen Hebammen. Für die ersten zehn bis 14 Tage sind sie täglich bei den Wöchnerinnen im Einsatz, aber auch eine längere Betreuung bis zu sechs Wochen ist möglich. Unterstützt wird dann die ganze Familie. Bei der Mutter achten Hebammen vor allem auf den allgemeinen Gesundheitszustand: Wie klappt es mit dem Stillen? Verheilen die Wunden gut? Wie geht es der Psyche? Denn ein „Babyblues“ – nicht zu verwechseln mit der schwereren und meist später auftretenden Wochenbett-Depression – kann durchaus vorkommen und ist nicht einmal allzu selten.

Beim Säugling geht es im Wochenbett ebenfalls vorrangig um die Entwicklung nach der Geburt. Die Gewichtszunahme, die Abheilung des Nabels und eine mögliche Neugeborenen-Gelbsucht müssen im Auge behalten werden. „Ganz wichtig ist aber auch das generelle Familienkonstrukt, die Psyche und die anstehenden administrativen Dinge, wie Arzttermine und die Anmeldung beim Standesamt“, sagt van Husen-Röhrig, „Wir betreuen eigentlich die ganze Familie.“ Und sie plädiert dafür, mehr auf das Bauchgefühl zu hören. Jede Familie müsse ihren eigenen, individuellen Weg finden, mit der neuen Familiensituation umzugehen. Bei Fragen, Sorgen und Ängsten steht sie dann bereit. „Vielleicht nicht ganz rund um die Uhr, aber als Hebamme ist man schon fast immer erreichbar“, sagt sie.

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