Niel Der begrabene Taufstein

Kranenburg · Letzte Folge der Serie Taufsteine im Kleverland: Das Taufbecken in Niel wurde erst 1965 bei Ausschachtungsarbeiten unter dem Fußboden der Kirche wieder entdeckt. Es stammt vermutlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

 Der Taufstein von St. Bonifatius Niel wurde erst 1965 bei Ausschachtungsarbeiten wiederentdeckt.

Der Taufstein von St. Bonifatius Niel wurde erst 1965 bei Ausschachtungsarbeiten wiederentdeckt.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

In der letzten Folge der Serie „Taufbecken“ hat Pfarrer Christoph Scholten aus Kranenburg zum Taufstein in der Pfarrkirche St. Bonifatius in Niel gute Gedanken zusammengetragen. Unmittelbar nach Betreten des Gotteshauses steht der Besucher vor dem Taufbecken. Die Aufstellung an der Eingangstür symbolisiert, dass das Sakrament der Taufe „das Tor zum Leben und zum Gottesreich“ ist, wie es in der Einführung zum Taufritus heißt. Entsprechend betet der Priester oder Diakon, der die Taufe spendet, zum Abschluss des Eröffnungsteils: „Öffne (dem Täufling) die Tür in die heilige Kirche, in die wir durch Glaube und Taufe eingetreten sind.“ Die Verknüpfung mit dem Symbol der Tür verweist auf das Wort Jesu: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden“ (Joh 10,9a).

Die Besonderheit des Taufbeckens in Niel besteht darin, dass es erst 1965 bei Ausschachtungsarbeiten unter dem Fußboden wieder entdeckt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde ein neugotisches Taufbecken benutzt. Da dieses vom Ende des 19. Jahrhunderts stammte, wird das mittelalterliche Taufbecken spätestens dann seine Funktion verloren haben. Nachdem es nicht mehr für die Feier der Taufe benutzt worden war, wurde es zwar in mehrere Teile zerschlagen, aber wohl aus Ehrfurchtsgründen nicht als Bau- oder Füllmaterial weiterverwendet, sondern unter dem Fußboden der Kirche sozusagen in geweihter Erde „begraben“. Der ursprüngliche Unterbau des Taufbeckens wurde nicht gefunden. Nach der Wiederentdeckung wurde das Taufbecken sorgsam wieder zusammengesetzt und an seinem heutigen Standort aufgestellt.

Laut Professor Hans Peter Hilger stammt die aus Blaustein geschaffene Steinbildhauerarbeit vermutlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und wurde aus der Gegend von Namur importiert. Das runde Taufbecken ist kunstgeschichtlich dem sogenannten Maastypus zuzuordnen, weil es mit vier Köpfen, die nach Norden, Süden, Osten und Westen schauen, sowie mit der Darstellung von Drachen beziehungsweise Ungeheuern versehen ist. Zwei der ursprünglich vier Köpfe sind erhalten geblieben. Die vier Köpfe erinnern an die vier Windrichtungen und an die traditionelle Form der Fronleichnamsprozession, bei der an vier Stationen jeweils einer der vier Evangelisten zu Wort kommt. Die vier Köpfe haben aber ebenso wie die Motive der Drachen und Ungeheuer eine apotropäische Funktion, das heißt, durch die künstlerische Darstellung der Dämonen soll diesen der Spiegel vorgehalten werden, um sie zu vertreiben. Insgesamt stehen die vier Köpfe und die Darstellungen der Drachen und Ungeheuer für Jesu Auftrag und Zusage, die der Evangelist Markus in folgende Worte fasst: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden. Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden“ (Mk 16,15-18).

Die Dämonen oder Ungeheuer könnten eine Darstellung des mythologischen Leviathan sein, ein drachen- oder krokodilähnliches Fabelwesen, das im Buch Hiob beschrieben wird: „Aus seinem Maul fahren brennende Fackeln, feurige Funken schießen hervor. Rauch dampft aus seinen Nüstern wie aus kochendem, heißem Topf. Sein Atem entflammt glühende Kohlen, eine Flamme schlägt aus seinem Maul hervor“ (Hiob 41,11-13). Als Verkörperung des Bösen steht der Leviathan auch für die Entscheidung des Täuflings beziehungsweise für die Entscheidung der Eltern und Paten, dem Bösen abzusagen und den Glauben an den dreifaltigen Gott zu bekennen.

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