Kommunalwahl Keine weiteren Flächen für Supermärkte

Nach 21 Jahren tritt mit Michael Baumann-Matthäus wieder ein Kandidat von Bündnis 90 / Die Grünen zur Bürgermeisterwahl in Kranenburg an.

 Michael Baumann-Matthäus von Bündnis 90 / Die Grünen ist einer der drei Bürgermeisterkandidaten in der Gemeinde Kranenburg.

Michael Baumann-Matthäus von Bündnis 90 / Die Grünen ist einer der drei Bürgermeisterkandidaten in der Gemeinde Kranenburg.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Bitte stellen Sie sich kurz vor. Wer sind Sie – und was macht Sie aus?

Michael Baumann-Matthäus Aufgewachsen bin ich in Huisberden. Nach dem Abitur habe ich Agrarwissenschaft studiert und bin nach Auslandsaufenthalten  1992 wieder an den Niederrhein gezogen. Ich arbeite als freier Mitarbeiter im Architekturbüro im Bereich Bauleit- und Landschaftsplanung. Zusammen mit meiner Frau, mit der ich zwei Kinder habe, wohne ich seit 2001 in der Gemeinde. Seit 16 Jahren betreibe ich Kommunalpolitik für Bündnis 90 / Die Grünen. Aufgrund der beruflichen und meiner kommunalpolitischen Arbeit bin ich mit den Verwaltungsangelegenheiten und der Politik einer ländlichen Kommune vertraut.

Was ist Ihr wichtigstes Thema im Wahlkampf – und wie wollen Sie es anpacken?

Baumann-Matthäus Die immer mehr zunehmende übergeordnete Regulierung in fast allen Bereichen hat zu Standards geführt, die nicht mehr für die gesellschaftliche Dynamik ausreichend sind. Eine Kommune wie Kranenburg, die selbst bei Aufstellung eines Verkehrsschildes an den örtlichen Straßen von der Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde abhängig ist, braucht neue, kreative Ideen, die nicht gleich als nicht machbar abgewiegelt werden. Politik und Verwaltung müssen da mehr. Das zieht sich nahezu durch alle Bereiche wie Klimaschutz, Artenschutz, Bauleitplanung oder in der Verkehrspolitik durch.

Aus welchem Fehler haben Sie schon einmal gelernt?

Baumann-Matthäus Man lernt immer aus seinen Fehlern. Wenn nicht, dann lernt man nichts. In der Politik ist es immer dann, wenn ich auf Fragen der Bürgerinnen und Bürger, die sich plötzlich mit einer Maßnahme konfrontiert sehen, über die vor längerer Zeit entschieden wurde, keine vernünftige Antwort mehr geben kann. Fehler macht man eben nur wenn man etwas tut.

Sehen Sie Möglichkeiten, dem ÖPNV in Ihrer Kommune neue Impulse zu geben?

Baumann-Matthäus Die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde sind relativ eingeengt, da der Busbetrieb der größeren Linien durch die NIAG betrieben werden. Der ÖPNV leistet einen erheblichen Beitrag für den Klimaschutz. Daher muss der öffentliche Nahverkehr attraktiver werden. Er muss günstiger, schneller und mit besserer Taktung angeboten werden. Die Tarifzonen sind für den ländlichen Bereich zu eng gefasst.

In Kranenburg werden regelmäßig neue Baugebiete erschlossen, um Familien anzusiedeln. Ist der aktuelle Stand ausreichend?

Baumann-Matthäus Die anstehenden Wohnbauentwicklungsflächen „Auf dem Poll“ in Nütterden und „Ha-senpütt“ in Kranenburg, würden die momentane Nachfrage nach Wohngrundstücken gerade abdecken. Weitere Wohnbauflächenentwicklung wäre zur Zeit nur noch am „Frasselter Weg“ und eventuell als Erweiterung der Baufläche „Auf den Poll“ oder am „Schaafsweg“ in Nütterden möglich. Das zeigt, dass die Kommune ein aktives, nachhaltiges Flächen- und Gebäudemanagement betreiben muss, um einerseits den Flächenverbrauch einzuschränken und anderseits noch in Zukunft aktiv Wohnpolitik betreiben zu können.

Wie wollen Sie die Situation des verödeten Ortskerns verbessern?

Baumann-Matthäus Ich bin kein Freund von „Katastrophenadjektiven“. Die ursprüngliche Geschäftsstraße hat sich zunehmend in Richtung Wohnstraße mit Gastronomie entwickelt. Die Ursache liegt nicht an der Gestaltung, sondern am veränderten Kaufverhalten. Ich denke, wir müssen die Zielvorstellung noch Mal gemeinsam mit den Bürger und Bürgerinnen justieren. Häuser, die zum Verkauf stehen, könnten zum Beispiel auch durch die Kommune oder mit kommunaler Beteiligung erworben werden und etwa für Senioren als zentrumnahes wohnen attraktiv sein.

Wie beurteilen Sie die Infrastruktur in Ihrer Kommune, auch digital – und wie wollen Sie dieses Thema vorantreiben?

Baumann-Matthäus Die digitale Infrastruktur ist durch den Glasfaserausbau, der hoffentlich in diesem Jahr abgeschlossen werden kann, bis in die Ortschaften hinein sehr gut aufgestellt.

Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur gilt es vor allem, ÖPNV zu verbessern und das Rad- und Fußwegenetz auszubauen.

Viele junge Familien beschäftigt erheblich, ob ihr Kind einen guten Kita-Platz bekommt – und wie es danach auf den Schulen weitergeht. Was macht Ihre Kommune da schon richtig – und wo muss dringend nachgebessert werden?

Baumann-Matthäus In den vergangenen Jahren sind umfangreiche Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen an den Grundschulen durchgeführt worden. Die Euregio-Realschule baut sich sukzessive auf und führt damit das bilinguale Konzept der Grundschule in Kranenburg fort. Bedarf besteht aber in der Absicherung des Personals für die Schulsozialarbeit, für die die Kommune und die Politik bereits mehrmals freiwillig Finanzmittel zur Verfügung gestellt hat. Hier ist aber das Land in der Bringschuld, die notwendige Sozialarbeit abzusichern.

Sie werden auch der Bürgermeister sein, der die Kommune aus der Coronakrise führt. Der Bereich Finanzen und Investitionen spielt da eine wesentliche Rolle – zumal viele öffentliche Kassen ohnehin nicht sprudeln. Muss in den kommenden Jahren der Gürtel noch enger geschnallt werden? Oder ist jetzt die Zeit der Investitionen gekommen? Und wenn ja – in was?

Baumann-Matthäus Wenn Bund und Land die Corona-bedingten Einnahmeausfälle tatsächlich ersetzt, können auch weitere Investitionsmaßnahmen durchgeführt werden. Der Schwerpunkt wird dabei auf nachhaltige, klimaschutzfreundliche Investitionen liegen müssen. Im Rahmen der Wirtschaftsförderung muss der heimische Mittelstand nicht nur durch Ausweisung neuer Gewerbegebietsflächen, sondern auch durch Unterstützung im Bereich klimafreundlicher Investitionen gestärkt werden.

Muss nach weiteren Entwicklungsmöglichkeiten gesucht werden, um Kranenburg für niederländische Konsumenten noch attraktiver zu machen?

Baumann-Matthäus Nein!

Werden Sie in Ihrer Amtszeit das Thema „Windkraft im Wald“ noch einmal anpacken?

Baumann-Matthäus Nein. Solange die politischen Rahmenbedingungen des Landes und des Bundes sich nicht ändern, sehe ich keine Genehmigungsfähigkeit. Der Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik ist durch die übergeordnete Politik nahezu zum Erliegen gekommen. Gerade in diesen Bereichen wäre eine kommunale Wertschöpfung bei gleichzeitiger Beteilung der Bürgerschaft zu erzielen.

Das Feuerwehrhaus in Kranenburg weist nach einem aktuellen Gutachten erhebliche Mängel auf. Befürworten Sie einen Neubau oder eine Sanierung im Bestand?

Baumann-Matthäus Da ist die Entscheidung für mich noch nicht gefallen. Der vorliegende Brandschutzbedarfsplan zeigt auf, dass die bisher vorgesehene Umbauplanung den Ansprüchen nicht im vollen Umfang erfüllt. Es fehlt ein Kostenvergleich, wenn der Umbau so gestaltet wird, dass es den Ansprüchen tatsächlich genügt. Es ist klar, dass durch einen Neubau die Anforderungen einfacher umgesetzt werden können.

An welchen Stellen kann die Gemeinde neue Einnahmequellen generieren?

Baumann-Matthäus Neben Steuern, öffentlichen Zuwendungen und Leistungen können Einnahmequellen durch Förderung der Gewerbe- oder Einwohneransiedlung erzielt werden. Angesichts der natürlichen Eingrenzung sind die Möglichkeiten hier endlich.

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