Kleve Knebel und Co.: Rock-Klassiker im Ruhrpott-Slang

Kleve · In Herbert Knebels eigenwilliger, aber zumindest landesweit bekannter Ruhrgebiets-Grammatik möchte man sagen: Dat war Rock-Mucke von die ganz Harten. Knebel alias Uwe Lycko, inzwischen 63 Jahre alt, hatte mit seiner Band "Affentheater", verstärkt um zwei Bläser der "Popolskis", zu "Rocken bis qualmt" zusammen mit dem Kulturbüro Niederrhein in die Klever Stadthalle gerufen, und das Fan-Volk strömte herbei.

Seit 1988 ist der aus Duisburg stammende Lyko, der sein Alter Ego Herbert in Essen-Altenessen leben lässt, für unverkrampften, zu Herzen gehenden Klamauk bekannt. Mit "Trainer" am Schlagzeug, Ozzi an der Gitarre, Ernst am Bass und sich selbst als Sänger hat Herbert Knebel sein Publikum, das mit ihm reifer (oder nur älter?) geworden ist, noch immer absolut im Griff. Volles Haus, beste Laune und jede Menge Anlässe, Knie wippen und Köpfe rucken zu lassen. Stenjek und Henjek, virtuos an Trompete und Posaune, seien ihnen von der Düsseldorfer Künstler-Nothilfe geschickt worden, behauptete der hagere Frontmann, der seit 30 Jahren als Markenzeichen Schlägermütze, dicke Brille und Hosenträger trägt.

Knebel sehen und bloß Musik hören - warum? Aus Bosheit, wollte Herbert seiner Gemeinde weis machen. "Von fanatische Fans" sei er darauf angesprochen worden, doch mal die Musik wegzulassen. Denkste. Umgekehrt hat er's gemacht, zur Strafe gibt's nur noch Musik. Das Kabarettprogramm "Im Liegen geht's" wird deshalb allerdings nicht aufgegeben.

Musik von 60-Jährigen für (nicht nur) 60-Jährige, Stücke aus den 60-ern und 70-ern, rockig bis poppig, aber immer feinsinnig umgetextet. In so eine Art Deutsch, wie man sie im Pott und am Rhein gleichermaßen versteht. Das "Come together" der Beatles wird da zu "Kommt zusammen - ohne Strom", denn bei Knebel und seinen Jungs spielt Elektronik noch nicht die große Rolle. Was nicht so ganz stimmt, denn "Ozzis" brillante Gitarrenkunst ginge ohne Verstärker sicher nicht so durch Mark und Bein, und der Trainer an der Schießbude (so hieß das Schlagzeug früher) braucht auch ein bisschen zusätzliche Power. Sonst wäre seine Fistelstimme, die mitten im Programm fragt, ob jemand seinen Autoschlüssel gesehen hat, schlecht zu hören. Und Bassist Ernst mit den auf dem Oberkopf angepappten Rest-Haaren will ebenso gehört werden.

Knebel ist wunderbar von gestern, nennt seine Band-Mitglieder Kameraden oder Kollegen, zeigt freche Tanz-Schritte von anno dazumal, flicht um hochklassig gecoverte Musikstücke von Pink Floyd, Beachboys, The Who oder den Bee Gees handgestrickte Texte, die einem die Schuhe ausziehen. Die aber manchmal auch das Zeug haben, die Zuhörer etwas nachdenklich werden zu lassen. Knebels "Currywurst" ist beileibe nicht das erste Stück über die scharfe Ruhrgebiets-Delikatesse vom Büdchen, aber sie hat eine Menge Charme. Wie auch all seine Altmänner-Posen, das aufgesetzt-konzentrierte Lippenlecken: Herbert ist so wie viele von hier. Bloß en bissken mehr Pott.

(nik)
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