Ausverkauf im Solarium Sonnenstudio bleibt dunkel

Kleve · Vor mehr als zwei Jahrzehnten eröffnete das Solarium „Mega Sun“ in Kleve. Ende April werden die Leuchten ausgeknipst. Katharina Rütjes schließt ihr Studio. Corona-Auflagen und Niederländer gehören zu den Gründen.

 Münzeinwurf links, Ziehtür zu und ab in den Süden: Katharina Rütjes vor einer ihrer 15 Sonnenbänke im „Mega Sun“-Studio.

Münzeinwurf links, Ziehtür zu und ab in den Süden: Katharina Rütjes vor einer ihrer 15 Sonnenbänke im „Mega Sun“-Studio.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Anfang der 2000er-Jahre legten sich noch über zehn Prozent der Deutschen regelmäßig auf eine Sonnenbank. Mittlerweile führt die Branche nur noch ein Schattendasein. Gab es 2000 noch etwa 7500 Solarien, sind es inzwischen nicht mal mehr halb so viele. In Illustrierten blättern und auf eine frei werdende Bank warten war üblich. Bräunen wurde zum Volkssport. Bei Stammkunden waren irgendwann nur noch die Augen weiß. Das Studio war eine Art Ersatz für einen ausgefallenen oder nicht finanzierbaren Sommerurlaub. Die Maschinen erhielten Namen wie Klappkaribik oder Münzmallorca.

Die Hochphase der Branche hat Katharina Rütjes (58) miterlebt. Aber auch den Abschwung. 2001 öffnete sie das Sonnenstudio „Mega Sun“ an der Worcester Straße in Kleve. Nach 21 Jahren gehen hier Ende April die Lampen aus. In den ersten Geschäftsjahren ging es bei Kundenzahl und Besonnungszeiten stets bergauf. Fast rund um die Uhr gab es hier die Möglichkeit, ein bisschen Farbe zu bekommen.  Die Öffnungszeiten erstreckten sich von acht bis 22 Uhr. Doch gab es ebenso zuverlässig Rückschläge. „Irgendwann war überall zu lesen, dass Bräunen auf der Sonnenbank krebserregend sei. Wir hatten eine schlechte Presse. Das hat uns geschadet“, sagt die 58-Jährige. Weitere wirtschaftliche Rückschläge kamen hinzu. So mussten ab 2012 die Teenies blass bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte ein Gesetz bestätigt, das Minderjährigen den Besuch von Sonnenstudios verbietet. Die Jugendlichen müssten vor „Selbstgefährdung“ geschützt werden. Besonders schädlich fürs Geschäft war auch, dass die Leistung der Geräte gedrosselt werden musste. „Wir haben viel Geld für hautschonendere Bänke investiert. Die Kunden klagten dann nach dem Besuch, das Ergebnis sei kaum zu sehen. Sie mussten häufiger kommen“, sagt die Sonnenstudio-Besitzerin.

Als Katharina Rütjes „Mega Sun“ öffnete, gab es in Kleve acht Solarien. Jetzt sind es noch drei. Die Zeiten, in denen es allein darum ging, aus Blässe Bräune zu machen, seien jedoch ohnehin vorbei, so die 58-Jährige. 15 Geräte stehen in ihrem Studio. Ein Vermögen. Alle in der Preisklasse zwischen 25.000 und 45.000 Euro. Grund für die enormen Anschaffungskosten: Die Spitzenbräuner können mittlerweile viel mehr, als nur den Teint verändern. Die Geräte heißen 6900 alpha deluxe Sun oder 7000 Ultra Power. Es werde immer mehr Wert auf den Wellnessbereich gelegt, erklärt die Fachfrau. So gibt es Bänke mit grünen Röhren. Sie sollen etwa gegen Rückenschmerzen und Verspannungen helfen. Bänke mit blauem Licht bekämpfen trockene Haut, Neurodermitis, Schuppenflechte oder Akne, heißt es. Vitamin D gibt es auf jeder Bank inklusive. Die Besitzerin selbst gehe dreimal in der Woche „unter die Sonne“.

Bevor die Kleverin in die Bräunungsbranche einstieg, arbeitete sie als Friseurin. In den ersten Jahren führte sie neben dem Klever Studio an der Worcester Straße zwei weitere im niederländischen Enschede. Der Ausstieg nach 21 Jahren im Besonnungsgeschäft hat mehrere Gründe. An erster Stelle steht der allgemein rückläufige Trend. Die coronabedingten Auflagen kommen hinzu. Den Rest für den Ausstieg besorgten die Niederländer: „Etliche wollten sich nicht an die Schutzverordnung halten. Die haben hier auf die Theke gehauen, rumgeschrienen und mich als Nazi beschimpft. Da habe ich mir gesagt, ,das musst du dir nicht länger antun‘“, so Rütjes.

Auf der Homepage von „Mega Sun“ wird auf die Schließung hingewiesen. Noch bis Ende Mai, auch wenn auf der Internetseite steht April, ist Katharina Rütjes für ihre Kunden da. Weiter heißt es: Eine Barauszahlung von bereits erworbenen Sonnenkarten sei nicht möglich. „Neue verkaufen wir auch nicht mehr“, sagt die 58-Jährige. Was hier jedoch noch angeboten wird,  sind Sonnenbänke. „Klar würde ich mich freuen, wenn die zu einem guten Preis weggehen“, so die Betreiberin. Einige sind für 1000 Euro und weniger zu haben. Bei Anschaffungskosten von 30.000 Euro ein Schnapper. „Die müssen allerdings abgeholt werden“, sagt Katharina Rütjes. Der Kauf einer Klappbank scheint ein gutes Geschäft zu sein. Für ein bisschen Bräune zwischendurch.

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