Klever Gastwirte trotzen Corona Prinzip Hoffnung in der Gastronomie

Kleve · Der Gastgewerbe-Verband Dehoga warnt, dass die Existenzangst während des Lockdown wachse. Zuletzt hatte die Betreiberin des Lokals „Bar&Brot“ bereits aufgegeben. Andere Klever Gastronomen aber sehen optimistisch in die Zukunft.

 Inhaberin Pia Wucherpfennig in ihrem „Pias“ in Kleve.

Inhaberin Pia Wucherpfennig in ihrem „Pias“ in Kleve.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Gastronomin Eva de Schrevel sah während des erneuten Lockdown schlichtweg keine Perspektive mehr. Sie schloss ihr Szene-Lokal „Bar&Brot“ an der Schlossstraße im Schatten der Klever Innenstadt. Finanziell seien die Auswirkungen der Pandemie nicht mehr zu bewältigen gewesen. „Für meinen noch sehr jungen Betrieb war die Corona-Krise eine Prüfung, die ich nicht bewältigen konnte“, sagte de Schrevel unserer Redaktion. Zudem äußerte die Emmericherin die Befürchtung, dass auch andere Gastwirte zeitnah in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten.

Diese Sorge teilt auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Wie die Branchenvereinigung mitteilt, verzeichnen Restaurants und Hotels während der Corona-Krise „nie dagewesene Umsatzeinbrüche“. 71,3 Prozent der gastgewerblichen Betriebe sehen sich aktuell in ihrer Existenz gefährdet, so die Dehoga. Jedem sechsten Betrieb würde außerdem bereits ab November die Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit drohen. Das ergab eine Umfrage des Verbands. „Unsere Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Jeder Tag zählt. Die Novemberhilfen müssen jetzt kommen – und zwar schnell und unbürokratisch“, sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick.

Entspannter blickt Pia Wucherpfennig auf den aktuellen Lockdown. Sie betreibt das Bistro „Pias“ in der Kavariner Straße. „Wir sind von diesem erneuten Lockdown ausgegangen und haben uns, so gut es ging, auf diesen vorbereitet. Dennoch kann man heute nicht mit Bestimmtheit sagen, dass man diese Krise überleben wird“, sagt Wucherpfennig, die nun von Mittwoch bis Sonntag auf einen Abholservice setzt. Pasta, Salate und Schnitzel können vor Ort abgeholt werden. „Wir profitieren davon, dass wir in den vergangenen Jahren viele Stammgäste gewonnen haben, die uns auch jetzt treu bleiben. Viele davon sind Niederländer“, sagt Wucherpfennig. Und dennoch: Zuletzt habe man es mit einem schmerzhaften Umsatzeinbruch von 60 bis 70 Prozent zu tun gehabt.

Pia Wucherpfennig aber ist sich nicht sicher, ob der Lockdown nicht doch über den November hinaus verlängert wird. „Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es bis zum Juni deutliche Lockerungen geben wird. Das wird wohl vor allem davon abhängen, wie lange der Impfstoff noch benötigt. Es ist nun an uns, die Situation zu akzeptieren, wie sie ist. Corona ist eben eine Zeit der finanziellen Entbehrung“, sagt die Jung-Gastronomin.

Gleichwohl verweist Wucherpfennig darauf, dass sie davon profitiere, ein nicht allzu großes Team im „Pias“ zu beschäftigen. Aktuell arbeiten drei Leute im Lokal. Auch der Mangel an Auszubildenden komme ihr nun günstig aus. In den vergangenen Jahren habe Wucherpfennig regelmäßig mit der IHK in Austausch gestanden. Diese habe ihr immer wieder mitgeteilt, dass es schlichtweg keine Auszubildenden fürs Gastro-Gewerbe gebe. „Jetzt können wir gerade froh sein, dass wir nicht auch noch das Auszubildenden-Gehalt zahlen müssen“, sagt sie.

Bitter aber stoße Wucherpfennig die Toiletten-Situation auf. So dürfen Gäste, die ihr Essen abholen, aktuell nicht die Toiletten der Gastronomen benutzen. „So sind die Leute auf die öffentlichen Toiletten angewiesen. Aber wer kommt denn bitteschön noch aus den Niederlanden hierher gefahren, wenn er nicht einmal seine Notdurft hier verrichten kann?“, fragt Wucherpfennig.

Gastronom Rainer Vogt fordert die Branche wiederum dazu auf, „von der pessimistischen Denke wegzukommen“. Der Kranenburger betreibt das Restaurant „Casa Cleve“ an der Tichelstraße. „Wir werden gut durch die Krise kommen. Auch die versprochene Lockdown-Entschädigung von 75 Prozent wird uns helfen“, sagt Vogt. Allerdings macht er darauf aufmerksam, dass der Anstieg der Infektionszahlen in den vergangenen Monaten nicht im Gastrogewerbe verursacht worden sei. Immerhin hätten die Unternehmer ausführliche Hygienekonzepte vorlegen müssen. So habe Vogt für seinen Betrieb nicht zu einer Corona-Nachverfolgung ansetzen müssen, obwohl alleine während des Zeitraums von Juli bis Oktober 20.000 Gäste sein Lokal besucht hätten. „Da scheint mir die Gefahr der Ansteckung im ÖPNV größer zu sein“, sagt Vogt.

Sorge aber habe der Gastwirt davor, dass die Kunden nach dem Ende des Lockdowns wieder vorsichtiger sind. Diese Erfahrung habe er bereits nach dem ersten Lockdown im Mai und Juni gemacht, als nur wenige Gäste die Cafés und Restaurants besuchten. „Diese Vorsicht würde einigen Gastronomen richtig weh tun“, sagt Vogt.

Ab der kommenden Woche sollen Antragsstellungen für die von der Politik in Aussicht gestellten Corona-Entschädigungen möglich sein. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Da die Klärung der vielen Detailfragen zur Novemberhilfe allerdings noch nicht abgeschlossen ist, hat die Bundesregierung für Gastro-Betriebe nun Abschlagszahlungen von bis zu 10.000 Euro angekündigt. „Die Abschlagszahlungen helfen den vielen kleinen Unternehmen der Branche, die im November 2019 zum Beispiel einen Umsatz von 20.000 Euro erwirtschaftet haben. 10.000 Euro sind eine relevante Summe für etwa die Hälfte der gastgewerblichen Betriebe“, sagt Dehoga-Präsident Zöllick.

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