Zukunftswerkstatt Rauer: „Wir haben den Mut“
Kleve · Zukunftswerkstatt: 28 Wohnhäuser auf dem Wasser – diese Vision könnte Realität zu werden. In eineinhalb bis zwei Jahren habe man Baurecht, sagt Kleves Technischer Beigeordneter Rauer. Prof. Brandt begleitet das innovative Projekt.
Die Skepsis über die 28-Häuser-Siedlung auf dem Wasser einer Auskiesungsfläche in Kellen ist Optimismus gewichen. Ein Baurecht für die innovative Anlage, die das Architekturbüro HülsmannThiemeMinor gemeinsam mit der Hochschule Rhein-Waal und Investor Look Erd- und Tiefbau GmbH entwickelt hat, könnte schon in naher Zukunft umgesetzt werden. Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer fand in der Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinische Post starke Worte: „Wir sind in Kleve die Keimzelle für etwas Großes. Und wir haben den Mut, ,Ja’ zu sagen und nicht nur ,vielleicht’“.
Erstmals war in einer Zukunftswerkstatt vor eineinhalb Jahren über das Projekt diskutiert worden. Die damalige Bundesumwelt- und Bauministerin Barbara Hendricks lobte damals das Forschungs-Projekt vor allem mit Blick auf die großen Braunkohle-Flächen in Ostdeutschland oder im Rheinland und setzte sich für das Projekt ein. Gespräche der Stadt mit Landesbehörden seien alle positiv verlaufen; nach dem neuen Landesentwicklungsplan stünden jetzt Änderungen im Flächennutzungsplan und ein Bebauungsplan an, mit dem Ziel, das Ganze endgültig auf den Weg zu bringen, sagt Rauer.
Wolfgang Gebing (CDU), Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses, sowie Michael Bay (Grüne), Vorsitzender des Umwelt- und Verkehrsausschusses lobten das Projekt in Kellen. Gebing unterstrich, dass man hier gerne Vorreiter sei. Man habe endlich die Möglichkeit, Auskiesungsflächen in Siedlungsnähe mit Wohnbau rekultivieren zu können. „Damit haben wir auch ein Angebot im Stadtgebiet für rar gewordene Einfamilienhaus-Grundstücke“, so der Christdemokrat. Bay sagte, dass hier nach dem Prinzip „außen schonen“ neue Ideen für Stadtentwicklung, ökologische, technologische und gesellschaftliche Aspekte entwickelt und erforscht werden können.
Auf dem vier Hektar großen See sollen 28 Häuser („Das sind keine Hausboote“, so Hülsmann) auf mit Styrodur gefüllte und quasi unsinkbare Betonpontons gebaut werden. Diese Häuser werden durch einen 4,8 Meter breiten, befahrbaren Steg erschlossen, haben an Land entsprechende Abstellflächen für die Pkw, sind an die städtische Ver- und Entsorgungsleitungen angeschlossen, die unter dem Steg verlaufen. Die Bau-Kosten sind mit denen von Häusern auf dem Land vergleichbar. Auch die Abstandsflächen sind mit denen an Land identisch. „Die Häuser sind fächerförmig mit ihren Wohnräumen nach Süden zum Wasser ausgerichtet“, sagt Hülsmann. Die Größe der Bauten richtet sich nach den Wünschen der Bauherren. Die Beispielhäuser haben 110 Quadratmeter Wohnfläche, alle haben eine Terrasse am Wasser.Für die Erschließung sorgt der Investor, erklärte Ludger Janßen, Geschäftsführer von Look. Die Erschließungskosten werden umgelegt. Die Vermarktung der Grundstücke soll auf Erbpacht erfolgen, erklärte der Ingenieur. Volksbank-Prokurist Christoph Thyssen kann sich eine Finanzierung solcher Häuser durch die Bank vorstellen.
Für die Hochschule Rhein-Waal sind die Professoren Thorsten Brandt und Dirk Untiedt in das Projekt eingebunden. „Wir wollen hier erforschen, was technisch machbar ist. Das ist bis jetzt ein nahezu unbestelltes Feld“, sagt Brandt. Caroline Derksen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Rhein-Waal, hat an der HSRW ihre Masterarbeit über die „Projektierung einer schwimmenden Siedlung – eine technologische und sozioökonomische Analyse“ geschrieben. „Im ersten Schritt ging es um die wissenschaftliche Analyse einer schwimmenden Siedlung. Was ist eine schwimmende Siedlung und wie kann man dieses System beschreiben?“, sagt Derksen. Abhängig von verschiedenen Faktoren wurden dann Technologiealternativen gegeneinander abgewogen, sagt die Ingenieurin. „Für das Energiesystem könnten das beispielsweise Wasserwärmepumpe, Solarthermie und Brennstoff sein“, erklärt Derksen.
Für Janßen, der das unternehmerische Risiko trägt, ist das Ganze ein Pilotprojekt. Wenn das aufgehe, sei man bundesweit Vorreiter, Auskiesungsflächen in Ortsnähe für Wohnsiedlungen erschließen zu können.