Corona-Pandemie Viele Firmen haben Kurzarbeit

Kreis Kleve · Die Corona-Krise trifft die Unternehmen im Kleverland hart. Kurzarbeit ist für viele Firmen das einzige Mittel, sich noch über Wasser halten zu können. Arbeitsagenturen und IHK arbeiten zusammen, um schnell helfen zu können.

 Michelle Werschmann (Azubi) reinigt die Hallen der Messebau Tuenissen GmbH. Aufträge bleiben aus.

Michelle Werschmann (Azubi) reinigt die Hallen der Messebau Tuenissen GmbH. Aufträge bleiben aus.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Für den Uedemer Automobilzulieferer Mühlhoff ist die Corona-Krise wiederum ein besonders schwerer Schlag. Immerhin erholte sich das Unternehmen jüngst erst von dem Großbrand, der Ende Dezember vergangenen Jahres einen Schaden im hohen zweistelligen Millionenbereich anrichtete. Geschäftsführer Markus Wermers zu Folge habe sich der Betrieb gerade wieder auf einem guten Weg befunden. Nun folgte der nächste Rückschlag. „Alle unsere Kunden haben ihre Werke geschlossen, daher befinden sich etwa 80 Prozent unserer Mitarbeiter seit der vergangenen Woche in Kurzarbeit“, sagt Wermers. Knapp 20 Angestellte seien noch mit Lieferungen nach China beschäftigt. „Ich glaube nicht, dass sich die jetzigen Zustände bis nach Ostern ändern werden“, sagt der Mühlhoff-Geschäftsführer.

Auch die Stadtwerke Goch haben erste Konsequenzen aus der Corona-Krise gezogen. Ab Mittwoch wird das Gros der 46 Mitarbeiter im Bäderbetrieb GochNess in Kurzarbeit beschäftigt. Geschäftsführer Carlo Marks erklärt, dass man bisher Überstunden abgebaut und Reinigungs- sowie Wartungsarbeiten gemacht habe. Diese seien nun abgeschlossen. So wurde für die Bademeister, Kassierer und Masseure Kurzarbeit angemeldet. Allerdings sorgen die Stadtwerke dafür, dass den Angestellten kein Verdienstausfall droht. „Es wird zu hundert Prozent aufgestockt“, sagt Marks. Auch für etwa zehn Mitarbeiter im Bereich der Vollstreckung und der Zählerwechsel der Stadtwerke plane man Kurzarbeit.

Bei der Messebau Tünnissen GmbH im Gewerbegebiet Im Hammereisen in Kranenburg ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Das Unternehmen hat Kurzarbeit für alle 42 Mitarbeiter angemeldet - erstmal bis Mitte Juli. „Im Messebau haben wir keinen einzigen Auftrag mehr. Mehrere Messen wurden verschoben, bei anderen weiß man nicht, ob sie überhaupt noch stattfinden“, sagt Horst Bartesch, der stellvertretende Geschäftsführer. Sein großer Wunsch ist es, dass die Politik die drastischen Umsatzeinbußen kompensiert. „Und zwar nicht nach dem Gießkannenprinzip. Man muss nach der Höhe der Fixkosten fragen. Einmalige 25.000 Euro sind für uns viel zu wenig. Das deckt noch nicht einmal die laufenden Betriebskosten für drei Monate“, betont Bartesch.

Beim Klever Unternehmen Colt International ist derzeit noch keine Kurzarbeit notwendig. „Bisher ist noch ausreichend Arbeitsumfang da, aufgrund des großen Auftragsbestandes aus dem Vorjahr. Aus der Erfahrung heraus treffen uns die Probleme aber mit Zeitverzug. Der Vorteil liegt darin, dass man vorbereitet reagieren kann. Viele andere Unternehmen hatten diese Chance nicht“, sagt Geschäftsführer Lukas Verlage.

Kurzarbeitergeld beantragen – das ist für viele Unternehmen in der Corona-Krise eine wichtige Hilfsmaßnahme. Die Folge: ein immenser Andrang bei den Ar-beitsagenturen. Unterstützung bei der Beratung kommt jetzt von der Niederrheinischen IHK. „In der aktuellen Lage kommt es für unsere Unternehmen auf jeden Tag an. Zügige Antragsverfahren und Bewilligungen sind wichtig. Die Firmen brauchen jetzt schnell Geld, um Gehälter, Miete und Rechnungen weiter zahlen zu können“, betont Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der IHK. Um die Arbeitsagenturen zu unterstützen, hat die IHK 20 ihrer Mitarbeiter zu Kurzarbeitergeld-Beratern schulen lassen. Ab sofort können sich Unternehmen über die Mail-Hotline KUG@niederrhein.ihk.de an die IHK wenden und erhalten einen Rückruf aus dem Beratungsteam. Die Berater geben Infos zum Verfahren und helfen beim Ausfüllen der notwendigen Anträge. Um für den Monat März Kurzarbeitergeld erhalten zu können, müssen Unternehmen den Arbeitsausfall noch bis zum Dienstag, 31. März, bei der regionalen Arbeitsagentur anzeigen.

Auf Basis einer Studie des Münchner ifo Instituts schätzt die IHK den volkswirtschaftlichen Verlust am Niederrhein auf 250 bis 600 Millionen Euro – pro Woche. Betroffen sind nicht nur angeschlagene Unternehmen. Auch viele Betriebe, die immer gut gewirtschaftet haben und nie auf Hilfe angewiesen waren, geraten jetzt in Schieflage. Elf Prozent der Unternehmen sehen sich aktuell sogar in ihrer Existenz bedroht, so die Umfrageergebnisse.

Die hat auch Hans-Josef Kuypers, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve, vernommen. Genauso beeindruckt ist er aber auch davon, wie unbürokratisch die Soforthilfemaßnahmen der Landesregierung umgesetzt werden. „Ich kenne einen Unternehmer, der hat am Freitag um 19.05 Uhr die Soforthilfe beantragt und sie am Samstag um 16.08 Uhr bewilligt bekommen. Schneller kann man Geld nicht zuteilen. Das ist eine tolle Leistung“, sagt Kuypers. Von in jüngster Zeit aufgekommenen Forderungen, die rigiden Schutzmaßnahmen und Auflagen in der Corona-Krise zeitnah zu lockern, hält der Wirtschaftsförderer nichts. „Im Sinne unser aller Gesundheit dürfen wir jetzt nicht ungeduldig werden“, betont er.

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