Kunstwerke von Markus Gern zerstört Unbekannte zertrümmern berühmte Klever Steinmännchen
Kleve · Die bekannten Klever Steinmännchen, seit Jahren als Sehenswürdigkeit nicht nur in sozialen Netzen bekannt, sind in der Nacht auf Samstag zerstört worden. Besucher sind entsetzt. Erschaffer Markus Gern möchte die Skulpturen wieder aufbauen.
Steinmännchen in Kleve zerstört - Besucher fassungslos
Er ist erstaunlich gefasst angesichts des Umstandes, dass da sein Lebenswerk förmlich in Trümmern liegt: Die bekannten Klever Steinmännchen, seit Jahren als Sehenswürdigkeit nicht nur in sozialen Netzen bekannt, sind in der Nacht auf Samstag zerstört worden. „Nicht einfach umgehauen und kaputtgemacht, sondern regelrecht zerstört“, stellt Markus Gern fest, der sie in jahrelanger Arbeit erschaffen hat. Der Buddhist aus Donsbrüggen schichtet seit 2013 ungezählte Steine zu Männchen und Türmen aufeinander, teils mannshoch, auf einem sauber gefegten Platz im Wald arrangiert und von eigenartigem Reiz. „Auf dem Buckel habe ich die Steine aus der Umgebung zusammengetragen, kenne jeden einzelnen persönlich und habe ihm seinen Ort gegeben. Mit so vielen Menschen habe ich im Laufe der Jahre gesprochen, die sich hier wohl fühlen, den Frieden und die Ruhe genießen – heute waren die Gesprächsthemen andere“, sagt er.
„Wer macht so etwas“ ist die Frage, die sich die walkenden Frauen stellen, die beim Besuch der Rheinsichen Post kopfschüttelnd schon wieder auf dem Heimweg sind. Ein kleiner Junge erfährt von seiner Oma, dass dumme Menschen die schönen Gebilde umgehauen haben, die sie schon so oft besucht haben. „Warum?“, fragt der Kleine, und das ist genau die Frage, die sich angesichts der am Boden liegenden Steinhaufen, die kürzlich noch teils filigrane, teils auch ziemlich stabile Türme waren, wohl jeder stellt. Auch die Gruppe Mountainbiker, die unter normalen Umständen in flottem Tempo vorbei gefahren wäre, stoppt entgeistert und drückt ihre Fassungslosigkeit aus.
Der Niederländer Rick, ein guter Freund des Künstlers, ist sofort in den Wald gekommen, als er hörte, was passiert ist. „Ich habe immer gefürchtet, dass es irgendwann dazu kommt. Das war nur so ein Gefühl, ich kann es nicht näher erklären.“ Markus Gern weiß, was er meint, ihm selbst ging es nicht viel anders. „Es gab auch früher schon kleinere Vandalismus-Vorfälle, oder es ist auch mal einfach etwas umgefallen. Damit muss man rechnen, und das war auch nicht schlimm, ich komme ja doch jeden Tag hierher und bringe es dann eben wieder in Ordnung. Aber diese systematische Gewaltaktion – das konnte nicht mal eben im Handstreich geschehen. Das war eine planvolle Tat.“
Gern glaubt nicht an eine „Mutprobe“ Jugendlicher oder an randalierende Betrunkene. Es habe mal eine Begegnung mit einer Person gegeben, die wohl religiös fehlgeleitet war und ihm erklärte, sie habe den göttlichen Auftrag, diese Götzen zu zerstören. Valentina Vlasic, Kuratorin des Museums Kurhaus, sei damals zufällig dazu gekommen. Sie beide hätten lange mit der verwirrten Frau gesprochen, bis die samt des dicken Knüppels, den sie bei sich hatte, wieder verschwand. Valentina Vlasic erinnert sich an diese Situation noch bestens. „Ich war beeindruckt davon, wie Markus auf sie einredete, wie sensibel er mit ihrem Gerede von Hexen und Dämonen umging. Da spürte man den Buddhisten, der offenbar den Leitsatz ,gehe eine Freundschaft mit einem Feind ein‘ beherzigte.“ Aber ob diese vermutlich kranke Person die Energie aufgebracht hat, in der Nacht so umfassend zu wüten? Niemand weiß es.
Die Kunsthistorikerin, die „völlig konsterniert über die Zerstörung dieser Pilgerstätte“ sei, war kürzlich noch mit der Malerin Pia Fries bei den Steinmännchen, mit dem britichen Künstler Richard Long, der selbst Steine als Linien und Kreise zur Ausstellung ins Kurhaus brachte, wollte sie ihn zusammenbringen, der Rapper Kollegah nahm an diesem „Energieort“ einen Teil eines Musikvideos auf (man erinnere sich an das weiße Pferd). Das Fernsehen war schon mal da, Schulklassen kommen gerne, Kinder nutzen die Bauecke, die Markus Gern ihnen eigens geschaffen hat, für eigene Werke. Ein ganz besonderer Klever Ort, der fortbestehen soll.
Denn Gern hat beschlossen, dass seine steinernen Skulpturen wiederaufgebaut werden sollen. Für den kommenden Samstag lädt er alle Freunde ein, ihn zu unterstützen. „Es gibt hier in Kleve eine große Wald-Community“, sagt er. Schon jetzt spüre er die Solidarität vieler Menschen, die ihn unterstützen wollen. Gern hat einen handgeschriebenen Flyer an einen Baum gehängt, damit viele Leute beim Steine sortieren mitmachen. Aber meistens ist Markus Gern ja persönlich anwesend, zumindest morgens und abends, um die Wege im Umfeld zu harken. Über seinen Glauben, über die meditative Stärke des Ortes und den Sinn seines ausdauernden Harkens im Klever Wald will der Buddhist gar nichts erzählen. Nicht aus Sorge, belächelt zu werden – damit könne er umgehen. Aber über diese tägliche Praxis spreche er nicht, er tue es einfach.