Rewe-Markt in Kleve Der Riegel mit der Extra-Portion Insekten

Kleve · Der Rewe-Markt Rumpcza bietet Riegel mit Grillenmehl an. Wird dies zum neuen Trend? Ein Selbstversuch gibt Einblicke.

Insekten? Als Lebensmittel? Erst einmal unvorstellbar. So kostet auch der Moment vor dem ersten Bissen in den Riegel einige Überwindung. Letztlich bleibt die Sorge aber unbegründet – die Konsistenz ist zwar etwas mehlig, der Geschmack ähnelt aber dem eines „normalen“ Proteinriegels.

Ananas-Kokosnuss, Schokolade-Orange oder Erdnussbutter-Zimt sind ja eigentlich ganz normale Aroma-Richtungen, diese Riegel haben aber durchaus ihre Besonderheit: Sie basieren auf zerkrümelten Insekten, genauer gesagt auf Grillenmehl.

Die Süßigkeiten des Herstellers Sensbar enthalten unterschiedlich große Anteile an tierischem Protein. So liegt der Anteil bei „Ananas-Kokosnuss“ bei zehn Prozent Grillenmehl, während er bei „Zartbitterschokolade-Sauerkirsch“ doppelt so hoch ist. „Diese innovative Idee wurde uns erst vor wenigen Wochen vom Hersteller präsentiert“, erzählt Daniel Averbeck von der Leitung des Supermarkts Rewe Rumpcza in Kleve, der die Riegel als bisher einziger Supermarkt der Region im Sortiment hat.

Das junge Start-up-Unternehmen Sensbar befasst sich damit, Lebensmittel aus Insekten zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Was in vielen Ländern schon immer üblich ist – etwa, weil es an anderen tierischen Eiweißen mangelt – wird bislang in Europa fast völlig außer acht gelassen. Die meisten Menschen hierzulande ekeln sich vielmehr bei der Vorstellung, Insekten zu essen.

So hat sich Sens zum Ziel gesetzt. „die kulturelle Angst vor Insekten zu nehmen und die Vorteile in den Bereichen Nährwert, Nachhaltigkeit und Ethik zu kommunizieren“, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt. Dort werben die Hersteller auch dafür, dass die Protein- und Energieriegel wesentlich gesünder seien und geringere Risiken enthielten als beispielsweise Fleisch aus Massentierhaltung. Dies liege unter anderem daran, dass bei der Züchtung von Grillen keine Antibiotika erforderlich seien.

 RP-Autor Niko Hegemann testet einen der Riegel.

RP-Autor Niko Hegemann testet einen der Riegel.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Doch für Averbeck zählt auch der Aspekt der Nachhaltigkeit: „Umwelttechnisch ist das eine ganz interessante Sache für uns. Wir wollen unseren Verbrauchern ein nachhaltiges Angebot machen können“, erklärt er. Laut Verpackung der Riegel benötigen Grillen nämlich zwölfmal weniger Futter, 15 mal weniger Fläche, 2000 mal weniger Wasser als Rinder und produzieren 100 mal weniger Treibhausgase. Somit passen die Riegel gut in eine Zeit, in der die Themen „Fridays for future“ und Ressourcenknappheit in aller Munde sind. „Gleichzeitig sprechen wir damit Leute an, die sehr bewusst auf ihre Ernährung achten“, sagt Averbeck. Florian Wichern, Professor an der Hochschule Rhein-Waal, beurteilt das neue Angebot noch zurückhaltend: „Bei Nahrungsmitteln aus Insekten gibt es noch einige ungeklärte Punkte: Wie ist die Akzeptanz in der Bevölkerung? Was passiert mit den Ausscheidungen der Tiere? Welche Hygienestandards gibt es?“ Geschmacklich fällt beim ersten Test kein großer Unterschied zu anderen Riegeln auf. „Jedem, der nicht wusste, dass Grillenmehl enthalten ist, ist es nicht aufgefallen“, so Averbeck: „Die Riegel passen gut zu unserem breiten Sortiment. Wir versuchen, immer wieder neue, spannende Produkte zu finden.“

Aber werden die Insektenriegel jetzt zum neuen Trend? Zwar ernähren sich laut Zahlen des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) international schon mehr als zwei Milliarden Menschen von Insekten „als völlig normales Grundnahrungsmittel“. Unklar sei jedoch, ob und wann es zu Kreuzallergien (Hausstaub, Krustentiere) komme, schreibt die BZfE. Das wird eingeräumt: „Menschen, die auf Krebs- oder Schalentiere allergisch sind, können auch sensibel auf Grillen reagieren“, heißt es auf der Verpackung der Sensbar-Riegel.

Das Thema wird sich also entwickeln. Mancher hält die Energieriegel mit Grillenmehl sicherlich für eine spannende Alternative, zumal andere tierische Ressourcen geschont werden.

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