Lockdown in Corona-Krise Reichswalder sitzen in Südafrika fest

Kleve/Hilton · Ausgangssperre statt Familienurlaub – das Ehepaar aus Kleve ist zu Besuch bei seiner Tochter in Südafrika. Das Grundstück dürfen sie jedoch nicht verlassen. Ein Rückflug nach Deutschland steht in weiter Ferne.

Karl W. (zweiter von links) sitzt in der Corona-Krise mit seiner Frau auf dem afrikanischen Kontinent fest. Das Ehepaar ist zu Besuch bei Tochter Nadine D. (Mitte), die dort mit ihrem Ehemann und den drei Kindern lebt.  Foto: Nadine D.

Karl W. (zweiter von links) sitzt in der Corona-Krise mit seiner Frau auf dem afrikanischen Kontinent fest. Das Ehepaar ist zu Besuch bei Tochter Nadine D. (Mitte), die dort mit ihrem Ehemann und den drei Kindern lebt. Foto: Nadine D.

Foto: Nadine D.

Es sollte ein ganz normaler Urlaub werden. Ein Urlaub, wie er für das Ehepaar aus Reichswalde seit einigen Jahren zur Routine gehört. Nach Südafrika, die gemeinsame Tochter Nadine und ihre Familie besuchen. Doch wie so viele Freizeitreisen in der aktuellen Zeit, nahm auch der Urlaub von Karl W. und seiner Frau eine unvorhergesehene Wende. In Südafrika ist „Lockdown“ – das gesellschaftliche Leben steht still. Eine Reise zurück in die Heimat steht vor großen Fragezeichen. „An und für sich geht es uns gut“, betont der Rentner sofort. „Wir wissen nur nicht, wie es jetzt weitergeht.“

Mitte März ist das Ehepaar in den Urlaub geflogen – in die Nähe von Pietermaritzburg, die Hauptstadt der Provinz KwaZulu-Natal an der Ostküste Südafrikas. Vom regen Treiben in der 220.000-Einwohner-Stadt haben die Reichswalder jedoch nichts mitbekommen. Denn nach ihrer Einreise folgten sie der Empfehlung der südafrikanischen Regierung und begaben sich unmittelbar in zweiwöchige Selbstisolation. Zehn Tage später wurde dann die nationale Ausgangssperre, der sogenannte „Lockdown“, ausgerufen – als Maßnahme zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus. Seitdem darf das Haus nur verlassen, wer zum Arzt, zur Apotheke oder Einkaufen muss.

Familie D. lebt auf dem Land nahe der Stadt Pietermaritzburg in Südafrika. Auf den Straßen ist ohnenicht nicht viel los. In der Corona-Zeit sind sie leergefegt.

Familie D. lebt auf dem Land nahe der Stadt Pietermaritzburg in Südafrika. Auf den Straßen ist ohnenicht nicht viel los. In der Corona-Zeit sind sie leergefegt.

Foto: Nadine D.

„Wir hatten so viel vor und plötzlich geht nichts mehr“, sagt Karl W. im Telefonat mit unserer Redaktion. Wichtig für ihn zu unterstreichen ist aber auch, dass es ihm und seiner Familie den Umständen entsprechend gut geht. Das Grundstück der Familie, auf dem sich die insgesamt sieben Familienmitglieder frei bewegen können, umfasst mehrere Hektar Fläche und liegt in ländlicher Gegend. Einen „Lagerkoller“ befürchtet die Familie nicht. „Das Grundstück ist sehr groß und muss gepflegt werden. Da helfe ich gerne, mähe die Wiesen, beschneide die großen Bäume und begradige die Sträucher“, sagt Karl W. gelassen. „Meine Frau und ich spielen mit den Kindern – denn der Lockdown gilt natürlich auf für sie. Die haben es jetzt nur noch mit Erwachsenen zu tun.“ Zusammen mit den drei Hunden der Familie sei also für genug Abwechslung gesorgt. „So ist das Leben hier.“ Doch so gut wie seiner Familie gehe es nicht allen, betont der Rentner. Die Ärmsten des Landes können teilweise den nötigen Abstand zueinander nicht einhalten, können als Tagelöhner nicht das Geld verdienen, was sie so dringend zum Überleben brauchen. „Sie trifft der Lockdown besonders schwer“, sagt der Reichswalder.

Nach Angaben der John Hopkins University sind in Südafrika aktuell (Stand Dienstag, 28. April) 90 Personen an den Folgen von Covid-19 verstorben, etwa 4800 sind infiziert. „Rein statistisch sieht die Situation relativ gut aus – aber man darf sich von den Zahlen auch nicht täuschen lassen“, sagt Karl W., der mit seiner Frau jetzt schon eine gute Woche länger in dem zwar vertrauten aber doch sehr fernen Land festsitzt, als geplant. Ende März wurde der Lockdown bis Mitte April beschlossen, dann bis zum 30. April verlängert. In seiner Ansprache am Donnerstag verkündete Präsident Cyril Ramaphosa, dass die Zahl der Infektionen in den vergangenen 24 Stunden wieder gestiegen sind. Dennoch werde der Lockdown ab dem 1. Mai wieder gelockert, berichtet Tochter Nadine D. In manchen Bereichen dürfe dann wieder gearbeitet werden. Allerdings bleiben die Grenzen weiterhin gesperrt, man dürfe nicht in andere Provinzen reisen. Nadine D. sagt: „Wir müssen uns jetzt bei der deutschen Botschaft erkundigen, welche Möglichkeiten es gibt.“

Von der Rückholaktion für gestrandete Urlauber hat das Ehepaar aus Reichswalde bewusst keinen Gebrauch gemacht. Sie hätten zum Beginn des Lockdowns Kontakt zur Deutschen Botschaft aufgenommen, auch um diese wissen zu lassen, dass das Ehepaar als Deutsche im Land ist, berichtet die Tochter weiter. Doch hofften die Reichswalder, zeitnah nach dem Lockdown mit dem kommerziellen Luftverkehr wieder zurückfliegen zu können. Dann ginge es von dem etwa eine Stunde entfernten Durban über Dubai nach Düsseldorf. Doch dafür müsste erst der kommerzielle Personenluftverkehr auf dieser Route wieder normal ablaufen.

Etwas flau im Magen wird es dem Reichswalder Ehepaar deshalb schon. Immerhin könne man Zuhause nichts regeln, würde man Verwandte und Bekannte vermissen. Und Ungewissheit plagt sie. Die Ungewissheit, wann sie endlich wieder in die Heimat, nach Reichswalde zurückkehren können – vielleicht erst in zwei oder sogar mehr Wochen? Es ist die Ungewissheit, die sie nervös macht und den schönen Familienurlaub trübt – auch wenn es ihnen doch eigentlich ganz gut geht, wie das Ehepaar wieder betont.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort