Berliner Kriminal Theater Packende Aufführung von Sebastian Fitzek in Kleve

Kleve · Spannung in der Klever Stadthalle: Das Berliner Kriminal Theater brachte dort Sebastian Fitzeks Psychothriller „Passagier 23“ auf die Bühne.

 Bei der Inszenierung in Kleve bot ein mittig platziertes, riesiges Bullauge eine Projektionsfläche für den Ausblick, wahlweise auf Abgründe des Meeres oder der menschlichen Seele.   Foto: Veranstalter

Bei der Inszenierung in Kleve bot ein mittig platziertes, riesiges Bullauge eine Projektionsfläche für den Ausblick, wahlweise auf Abgründe des Meeres oder der menschlichen Seele. Foto: Veranstalter

Foto: Veranstalter

Titel und Schauplatz der Buchvorlage rühren von der Tatsache, im Schnitt 23 Passagiere pro Jahr auf Kreuzfahrtschiffen „abhandenkommen“.

Bei der Inszenierung in Kleve bot ein mittig platziertes, riesiges Bullauge eine Projektionsfläche für den Ausblick, wahlweise auf Abgründe des Meeres oder der menschlichen Seele, auf Wasseroberfläche oder Schiffsinnenraum – ein genial erdachtes Bühnenbild. So einfach wie wirkungsvoll: Zwei mobile Sitzelemente dienten dazu je nach Bedarf als Arztstuhl, Gefangenenliege, Tisch oder Strandstuhl.

Die Textvorlage, die für die Bühne stark und sinnvoll zusammengerafft wurde, bot weiterhin tiefe Einblicke in das pathologische und soziopathische Böse; da ging es um sexualisierte Gewalt an Kindern, Entführung, Verlust und nackte Angst sowie Suizidgedanken, wahrlich schwere Kost.

Der Beginn des Plots: Vor fünf Jahren verschwanden Frau und Sohn des Polizeipsychologen Martin Schwartz (gespielt von Silvio Hildebrandt) auf eben jenem Dampfer; jetzt wird er gerufen, um einen weiteren Vermisstenfall aufzuklären – allerdings ist das vermisste Mädchen ohne seine nach wie vor verschollene Mutter als weinendes Bündel bereits wieder aufgetaucht, den Teddy des Psychologensohnes im Arm. Eine Seefahrt, die ist nicht lustig, zumindest nicht auf der „Sultan of the Seas“. Schwartz rückt an, gleicher Kapitän, gleiches Schiff, Retraumatisierung des Protagonisten vorprogrammiert.

Da sei am Rande bemerkt: Es ist zu hoffen, dass es niemandem, der vielleicht etwas unbedarft oder unvorbereitet im Publikum saß, aufgrund der Thematik ebenso erging. Denn natürlich verbarg sich hinter allem ein noch größeres, verwickeltes, böses Ganzes, das sich am Ende furios auflöste. Gerade die Schlussszene entfaltete genau die richtige, packende Wirkung.

Die zehn Schauspieler agierten in der Kulisse ausdrucksstark: Hildebrandt gab den unter Strom stehenden, als Vater gleichsam wie Profi agierenden Psychologen und Ermittler Schwartz, einen distanziert wirkenden, dabei voll involvierten Typen. Vera Müller ging in ihrer Rolle der Rentnerin Gerlinde Dobkowitz, die auf der „Sultan of the Seas“ wohnt und Schwartz Hinweise zuspielt, voll auf, Kapitän Daniel Bonhoeffer wurde passend von Kai-Peter Gläser dargeboten und Nicole Bunge spielte die facettenreiche Dr. Elena Beck. Glaubhaft auch die Darstellung der zerstörten Seele Shala alias Ouerky (o.A.), der Dr. Klein/Offizier (Kristin Schulze), von Anouk (Pauline Stöhr) und Naomi Lamar (Susan Ihlenfeld) sowie des Mobbing-Opfers Lisa Stiller (Shero Khalil) mit ihrer innerlich zerrissenen Mutter Julia Stiller (Charlotte Neef).

Für diese Aufführung hätte es der Stadthalle gutgetan, nicht so corona-offen sein zu müssen, sondern mit hochgezogenen Wänden etwas „intimer“, geschlossener sein zu dürfen; mit der Offenheit des Raumes ging das Eintauchen in das Geschehen etwas verloren. Trotzdem eine packende Darbietung des Ensembles.

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