Kulturwelle Kleve Das „Adieu“ fürs Stadtbad

Kleve · Joachim Schmidt eröffnete das 14-tägige Kulturfestival im alten Hallenbad. Bis zum großen Finale am 3. Februar gibt es jeden Tag Kultur auf der Bühne im Wasser des ehemaligen Freischwimmerbeckens. Am Ende kommen Wohnhäuser.

  Bruno Schmitz bei der Eröffnungsansprache der Klever Kulturwelle.

 Bruno Schmitz bei der Eröffnungsansprache der Klever Kulturwelle.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Ein Violin-Solo vom Dreimeter-Brett und eine Bühne im Wasser wie in Bregenz – und das in einem von der Sonne erfüllten „Konzertsaal“, in dem ganz, ganz viele Erinnerungen in der Luft hängen: nostalgische, schöne und vor allem nasse. Denn in diesem Bau haben die Klever in den vergangenen 60 Jahren Schwimmen gelernt, erste Verabredungen ausgemacht, ihre Kinder hingebracht, um schwimmen zu lernen. Das passiert jetzt draußen vor der Tür im künftigen Kombibad im Sternbusch. Das Stadtbad wird derweil zum temporären Kulturzentrum, bevor es abgerissen wird: 14 Tage lang bietet die Freie Kulturszene hier Schlag auf Schlag Programm.

„Wir wollen in diesem Klein-Bregenz schöne Abende zaubern, wir wollen die ganzen Facetten der Freien Szene in Kleve aufzeigen, wir wollen dem Bad einen würdigen Abschied bieten“, sagte Kulturmanager Bruno Schmitz zur Eröffnung der Kulturwelle, die in den nächsten zwei Wochen durch das Becken schwappen soll. Schmitz hatte die Idee, das Bad zum Kulturzentrum zu machen, mit der Freien Szene entwickelt, und konnte sie schließlich dank des Kleinkunstvereins Cinque auch umsetzen. Tagelang wurde bis zur Eröffnung gewerkelt, man bekam Zuschüsse von der Stadt, von den Stadtwerken, der Sparkasse Rhein-Maas und weiteren Sponsoren. Jetzt steht die Bühne im Wasser und ein Projektorchester, das Trio Vollrausch und der MGV Materborn machten den Auftakt zur Welle, nicht zu vergessen die Klangfabrik Allstars. Tags zuvor hatte Daniel Ziegler mit seinem Konzert das Bad bereits zum Klingen gebracht. Sehr schön die Ausstellung von Christoph Frauenlob zur Geschichte des Stadtbads, die er im Treppenhaus auf langen Bannern erzählt.

Zwar blieben am Eröffnungstag viele Stühle leer – gegen Mittag wurden 121 Gäste gezählt – doch gab es einen steten Besucherfluss von Klevern, die ihrem alten Bad noch einmal „Adieu“ sagen wollten. Wie Joachim Schmidt (CDU), der die Bürgermeisterin vertrat: Er lernte als Achtjähriger in dem Becken, in dem er zur Eröffnung auf der Bühne stand, das Schwimmen. „Am Rand ging der Bademeister mit einer langen Stange, an deren unteren Ende ein großer Ring befestigt war, damit wir nicht untergingen“, erzählte er in seiner Rede. Es seit traurig, dass das Bad, das 1958 als Zweckbau eröffnet worden war, nach nur 60 Jahren ausgedient habe. „Man macht die Erfahrung, dass solche Häuser nicht für die Ewigkeit gebaut wurden“. Er sei froh, dass Bruno Schmitz und die Freie Szene die Idee zur Kulturwelle hatten und hier mit viel Herzblut ein temporäres Kulturzentrum errichten. „Das alles wird uns in guter Erinnerung bleiben, wenn der Bagger sein Werk getan haben wird“, sagte Schmidt.

Wenn der Bagger sein Werk getan hat, dann würde es „hier wohl „Penthouse-Wohnungen für 650.000 Euro das Stück geben“, ließ Schmitz in seiner Eröffnungsrede den kritischen Kabarettisten aufblitzen. Man solle doch noch einmal gut überlegen, ob man hier nicht ein Kulturzentrum etablieren könne  (das die Stadt mit der Stadthalle ja als Veranstaltungsort eigentlich gleich gegenüber hat). Tatsächlich war am Rande der Eröffnungsfeier zu hören, dass, wenn der Bagger kommt, die Stadt auch hier nicht an günstige Reihenhäuser in guter Lage für junge Familien denkt, sondern dass es eine Geschossbebauung geben soll. Allerdings in Giebelhöhe der hinter dem Bad liegenden Zeile mit ihren Doppel- und Reihenhäusern, hieß es. „Zwei plus eins“, sei das Zauberwort. Heißt: Zwei Stockwerke plus das bei der Klever Stadtplanung so beliebte „Staffelgeschoss“. Für die Stadtwerke begrüßte Bereichsleiter Jürgen Kahl die Gäste und warb für die schöne neue Badewelt im Sternbusch. Dort würden jetzt Seepferdchen-Kurse angeboten, sagte er. Ein Knirps im Publikum jauchzte laut: „Mama, das ist toll!“ Das Stadtbad ist tot, es lebe das Sternbuschbad.

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