Jugendaustausch Beim Arbeiten Vorurteile abbauen

Kleve/Geldern · Jugendliche aus Griechenland waren zu Gast beim Berufsbildungszentrum Theodor-Brauer-Haus in Kleve. Dort arbeiteten sie gemeinsam mit Gleichaltrigen aus Kleve und Geldern für einen Tag in der Werkstatt.

 Ausbilder und Metallbaumeister Sven Erdmann (2.v.l.) stellt mit griechischen Jugendlichen einen Metallstern als Halter für Teelichter her.

Ausbilder und Metallbaumeister Sven Erdmann (2.v.l.) stellt mit griechischen Jugendlichen einen Metallstern als Halter für Teelichter her.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Klang von Sägen, die auf Metall treffen, erfüllt die Metallwerkstatt des Theodor-Brauer-Hauses (TBH). Es ist ein Geräusch, das unwillkürlich eine Gänsehaut erzeugt. Außerdem wird an den verschiedenen Stationen gehämmert und gefeilt. Gespräche sind hier kaum möglich. Sie wären es allerdings auch dann kaum, wenn es mucksmäuschenstill wäre. Denn die Jugendlichen, die hier gemeinsam arbeiten, können sich nicht verstehen. Die 16 und 17-Jährigen Klever und Gelderner, die hier feilen, sägen und hämmern, können kein Griechisch und die jungen Hellenen kein Deutsch, mit Englisch hapert es auf beiden Seiten. Und doch, das merkt man schnell, kommunizieren die Jugendlichen untereinander – allerdings ohne Worte.

Die Jugendlichen nehmen teil an einem deutsch-griechischen Camp. Sie sind, auf deutscher Seite, vom Berufsbildungszentrum Theodor-Brauer Haus und Integra Geldern und, auf griechischer Seite, von der Berufsschule Kiatou. Den Austausch organisieren die Jugendakademie Walberberg und der außerschulische Partner Filoxenia. Seit Freitag sind die 15 jungen Griechen in Deutschland, untergebracht sind sie in der Jugendakademie in Walberberg, ein Stadtteil von Bornheim, gelegen zwischen Köln und Bonn. Eine Woche lang sind sie mit den 15 Gleichaltrigen aus Kleve und Geldern zusammen und unternehmen verschiedene Aktivitäten.

Das deutsch-griechische Camp steht unter dem Motto „Vielfalt ist grenzenlos“ und hat den Schwerpunkt „Vorurteile“. Denn genau darum soll es gehen: Vorurteile abbauen und Grenzen überwinden. Und das gelingt offenbar auch beim gemeinsamen Arbeiten. Im Theodor-Brauer-Hau beteiligten sich die Jungs und Mädchen an einem „Mini-Projekt“: Sie stellten Halter für Teelichter aus Metall her, werkelten an „LED-Robotern“ und schreinerten Tabletts aus Holz. Eine Dolmetscherin steht bereit, um vom Deutschen ins Griechische und umgekehrt zu übersetzen. Gesprochen wird trotzdem eher wenig, kommuniziert wird stattdessen mit Händen und Füßem. „Die Situation ist für die Jugendlichen eine enorme Herausforderung. Sie hatten alle bislang kaum Gelegenheit, einmal aus ihren Heimatländern herauszukommen“, sagt Astrid Vogell, die Geschäftsführerin des Theodor-Brauer-Hauses. „Was sie hier lernen ist, dass man kein Angst vor dem Unbekannten haben muss. Das Fremde kann etwas Positives sein.“

Die Annäherung unter den Jugendlichen geschieht in kleinen Schritten. Meist dauert es, bis sich die Jugendlichen trauen, aus sich heraus zu gehen. Sven Slooten von der Jugendwerkstatt der Integra gGmbH und Melanie Engels, Sozialpädagogin beim TBH, können sich noch gut an eine Momentaufnahme aus dem vergangenen Jahr erinnern. „Die internationalen Jugendlichen hörten zusammen Musik. Plötzlich begann eine unserer Teilnehmerinnen zu singen und die anderen machten mit. Das muss man sich erstmal trauen“, sagt Slooten.

Sich etwas zu trauen, das gelingt den Jugendlichen immer mehr, je länger der Austausch dauert. „Sie werden zunehmend selbstbewusster und sicherer im Umgang miteinander“, sagt Melanie Engels. Und zumindest ein Vorurteil haben die Gäste aus Griechenland schon nach wenigen Tagen abgebaut: „Die dachten, dass die Deutschen immer nur Wurst essen. Einige waren ganz enttäuscht, dass es hier so viele Vegetarier gibt“, sagt Engels schmunzelnd.

Im Anschluss an den Arbeitstag geht die internationale Jugendgruppe wieder an die Akademie nach Walberberg. Bis Ende dieser Woche stehen unter anderem noch ein Ausflug nach Köln und zu einem Hochseilgarten sowie Grillen am Lagerfeuer an. Im nächsten Jahr werden die Jugendlichen aus Kleve und Geldern dann ins griechische Kiatou reisen. Spätestens dann, sind sich die Betreuer sicher, werden echte Freundschaften entstehen.

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