Musikindustrie Der Architekt von Platinplatten

Kleve · Der Klever Jonathan Kiunke komponiert für die Größen der deutschen Rap-Szene die Musik. Seine Songs verkaufen sich millionenfach. Nun zieht es ihn verstärkt auf den Pop-Markt.

Foto: Jonathan Kiunke

Der Name Jonathan Kiunke müsste hunderttausenden Deutschen ein Begriff sein. Vor allem Jüngeren. Seine Lieder verkaufen sich millionenfach, der 31-Jährige räumte schon mehrfach Gold- und Platinplatten ab. Und dennoch fliegt Kiunke unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit. „Das ist mir auch ganz recht so“, sagt er. Sein Geld verdient Kiunke, indem er die Musik für deutsche Rap-Größen wie Farid Bang und Kollegah produziert. Er komponiert, die Prominenten sorgen für den Sprechgesang. „Wenn man einmal in der Szene angekommen ist, kann man gut davon leben“, sagt er. Und zwar so gut, dass er die akademische Karriere als Geowissenschaftler abbrach, um sich auf die Musik zu fokussieren.

Die ersten musikalischen Schritte ging Kiunke als 20-Jähriger im Tonstudio seines Stiefvaters Henning Woitge. „Damals fing ich an, Musik zu machen. Da ich selbst Hip-Hop und Deutschrap gehört habe, lag es nahe, dieses Genre zu entwickeln“, sagt Kiunke. Und das, obwohl er bis heute keine Noten lesen kann. Sein wichtigstes Hilfsmittel ist das Gehör und ein besonderes Gefühl für den richtigen Beat. Mit der Hilfe eines an den PC angeschlossenen Keyboards und einem speziellen Mischprogramm produziert er Musik. Mit wenigen Mausklicks schiebt er die Töne von Schlagzeugen, Hintergrundchören oder Streichinstrumenten hin und her, bis das Werk stimmig ist. „Es können Tage vergehen, bis ich einen Beat gebaut habe. Manchmal gelingt mir das aber auch innerhalb von wenigen Stunden“, sagt Kiunke, der für die Liebe gen Dorsten gezogen ist.

Den Durchbruch schaffte Kiunke, der unter dem Künstlernamen „Johnny Illstrument“ Musik produziert, mit dem deutschen Rap-Duo 257ers. Übers Internet erhielt er Kontakt zum Rapper Shneezin, Mitglied der 257ers. Ihm schickte er einige Beats zu. „Shneezin war sofort begeistert und hat zwei Beats für seine Songs verwendet“, sagt Kiunke. Es war ein durschlagender Erfolg. Der im Sommer 2014 erschiene Song „Baby du riechst“ wurde zu einem Hit. „Damals lief der Song im Radio rauf und runter. Das war schon ein unglaubliches Gefühl“, sagt Kiunke. So wurde aus dem Hobby ein Beruf, der Jung-Künstler unterschrieb beim Label Selfmade. „Wenn man sich heute die Charts anschaut, sieht man, dass der Deutsch-Rap voll im Trend liegt“, sagt er.

Ein Trend, den er für sich genutzt hat. So hatte der Klever auch maßgeblichen Anteil am Album „Jung Brutal Gutaussehend 2“ von Kollegah und Farid Bang. Mehr als 100.000 Platten verkauften die Rapper 2014, Kiunke räumte eine Goldene Schallplatte ab. Anfang 2018 folgte dann die Platin-Auszeichnung für über 200.000 verkaufte Einheiten. „Das sind schon krasse Dimensionen“, sagt er. Wenig verwunderlich also, dass weitere Rap-Sterne auf die Dienste des Klevers setzen. Auch mit KC Rebell, Massiv oder Favorite arbeitet er zusammen. Mit vielen von ihnen stünde er in engem Kontakt.

Nun aber zieht es ihn auf einen neuen Markt: den der Pop-Musik. Seit wenigen Monaten steht Kiunke beim Branchenführer Universal Music unter Vertrag. „Ich habe große Lust darauf, was im US-amerikanischen Hip-Hop-Bereich zu machen“, sagt er. So wolle er sich künstlerisch nochmals neu erfinden. Auch könne er sich vorstellen, unter seinem Künstlernamen DJ-Sessions zu produzieren. Nicht aber, um selbst auf der Bühne zu stehen. „Die Bühne ist nicht mein Zuhause. Ich fühle mich in der zweiten Reihe sehr viel wohler“, sagt Kiunke.

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