Interview Prof. Florian Wichern Pilze sollen die Kartoffel schützen

Unter Klimawandel und Trockenheit leidet auch das wichtige Nahrungsmittel. Die Hochschule Rhein-Waal forscht im Verbund.

 Professor Florian Wichern forscht in Kleve.

Professor Florian Wichern forscht in Kleve.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Hochschule forscht im Verbund mit weiteren Hochschulen und Instituten an einer Stärkung der Kartoffel (wir berichteten). Prof. Florian Wichern leitet die Forschungsgruppe in Kleve und erklärt im Gespräch Details.

Herr Prof. Wichern, welche Probleme hat die Kartoffel angesichts des Klimawandels? Merkt man dies schon jetzt?

Florian Wichern Zunehmende Trockenphasen und Hitzestress, wie in den letzten Jahren erfahren, nehmen voraussichtlich zu. Das stellt für Kartoffeln einen großen Stress dar. Der Wasserbedarf steigt bei Hitze, die Wasserverfügbarkeit sinkt bei Trockenheit und die Kartoffelpflanze kann die Temperatur nicht mehr regulieren. Daher sind Landwirte, auch am Niederrhein, daran interessiert das Wasserhaltevermögen des Bodens zu verbessern. Dafür muss Humus aufgebaut werden. Das kann beispielsweise durch den Anbau von Zwischenfrüchten, durch organische Düngung mit Kompost oder Stallmist erfolgen.

Manche fürchten noch weitere Auswirkungen. . .

Wichern Der Klimawandel kann auch das Spektrum der Krankheitserreger und Schädlinge verschieben.

Wie muss man sich die im Forschungsprojekt vorgestellten „Formulierungs- und Ummantelungsverfahren & Saatgutcoachings“ vorstellen, die sich um die Kartoffel legen und sind die verträglich?

Wichern Die von uns verwendeten Pilze und Formulierungsverfahren sind nach unser Einschätzung unbedenklich für Mensch, Tier, Pflanzen und Nutzorganismen im Boden. Nichtsdestotrotz untersuchen wir die Effekte der Applikationen auf das Bodenleben und deren Funktionen. Die Materialien für die Formulierung und Ummantelung sollen umweltverträglich und biologisch abbaubar sein und genügen den Standards des ökologischen Landbaus.

Diese Pilze, die gegen Schädlinge schützen, müssen die später besonders abgewaschen oder die Kartoffeln sorgfältig geschält werden?

Wichern Die Kartoffeln müssen nicht anders verwendet werden als bisherige. Ziel ist es tatsächlich, den Einsatz von potenziell gefährlichen Mitteln zu reduzieren.

Was bedeutet das für die Landwirtschaft?

Wichern Der intensive Kartoffelanbau ist durch einen hohen Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, um die von Konsumenten und Verarbeitern – zum Beispiel der Industrie – geforderten Qualitäten bei ökonomisch sinnvollen Erträgen zu gewährleisten, gekennzeichnet. Unser Projekt soll einen Beitrag dazu leisten, mit Hilfe von ökologischen Interaktionen der Organismen – Pflanzen und Mikroorganismen – das System in seiner Gesamtheit zu stärken und somit den Kartoffelanbau bei ökonomisch nachhaltiger Bewirtschaftung ökologisch nachhaltiger zu gestalten.

Wirkt sich das Ergebnis des Projektes auf den Einsatz von Kunstdünger und den von Schädlingsvernichtungsmitteln aus?

Wichern Die avisierten Produkte sollen die Nährstoffnutzungseffizienz erhöhen und somit die Düngemittelverwertung verbessern. Damit einher gehen auch eine reduzierte Düngung und geringere Nährstoffverluste. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Mineraldünger oder organische Dünger sind. Auch der Pflanzenschutzmitteleinsatz kann womöglich reduziert werden. Allerdings zielen unsere Maßnahmen vor allem auf Schädlinge, die zumindest in Deutschland nicht mit Pflanzenschutzmittel bekämpft werden dürfen/können. Weitergehende Effekte auf andere Schaderreger, müssen untersucht werden.

Sie testen diese Formulierungs- und Ummantelungsverfahren im Klever Klimahaus und in Laboranalysen – was genau wird da gemacht?

Wichern Im ersten Schritt erfolgen Pflanzversuche zur Besiedelung der Pflanzen mit den Nutzpilzen. Dabei spielen Formulierungs- und Ummantelungsverfahren, sowie Pflanzenart (bei Zwischenfrüchten) oder Sorten (bei Kartoffel, aber auch Zwischenfrucht) eine Rolle. Im folgenden werden die Prozesse der Nährstoffaufnahme und des Nährstofftransfers, sowie die Wirksamkeit der Produkte auf die avisierte Schaderreger-Reduktion untersucht. Die Analysen von Böden, Pflanzen und Mikroorganismen erfolgt in unseren Laboren und bei den Partnern.

Die Anwendung dieses Projekts auf andere Pflanzen wäre dann der nächste Schritt, wenn ihre Tests an der Kartoffel positiv abgeschlossen werden?

Wichern Genau, wenn das System funktioniert, lassen sich die Anwendungen auf andere Zwischenfrüchte und andere Hauptkulturen, beispielsweise Zuckerrübe und Gemüse, aber potentiell auch tropische Kulturen übertragen.

Danke für das Gespräch

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort