Hausboote für den Kanal Bald Wohnen auf dem Wasser

Kleve · Die Sozial- und Ökologiestiftung baut am alten Wendehafen ein Hausboot als Pilotprojekt, ökologischen und zugleich bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zusammenarbeit mit der Hochschule Rhein-Waal ist geplant.

 Georg Liebrand vor den drei Schwimmern des Hausboots - der Raum über der Stahlkonstruktion wartet noch auf die Fensteranlage.

Georg Liebrand vor den drei Schwimmern des Hausboots - der Raum über der Stahlkonstruktion wartet noch auf die Fensteranlage.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die dicke Kunststoff-Folie knattert in der steifen Brise, die über den Liegeplatz am Wendehafen bei Nellewardgen pfeifft. Ein alter Schlepper, an dessen Heck in großen Buchstaben „Hamburg“ leuchtet, rostet im Gebüsch vor sich sich. Andere Boote sind abgedeckt und überwintern an ihren Plätzen. Die dicke Folie schützt den Rohbau eines Holzhauses, das auf drei schwarzen Schwimmern entsteht. Der Bau ist eine Mischung aus „Tiny-House“, jenen Mini-Häusern, die jüngst in Berlin als Antwort auf die Not an bezahlbaren Wohnraum gefeiert wurden, und Hausboot, das in Metropolen ebenfalls als Alternative zu überteuerten Wohnraum gilt.

„Wir wollen mit diesem Pilotprojekt testen, ob wir hier ökologisch auf dem Wasser bauen und bezahlbaren Wohnraum bieten können“, sagt Herbert Looschelders von der Sozial- und Ökologiestiftung. Tatsächlich würden solche Häuser, wenn der Plan aufgeht, beide Inhalte der Stiftung vereinen. Schon seit Jahren setzt sich Looschelders mit seiner Stiftung und mit seinem Verein für Sozialberatung gerade auch für Menschen ein, die keinen bezahlbaren Wohnraum mehr im Kreis und seinen Städten finden.

Georg Liebrand baut das Boot, seine Schwester Josefa, eine Architektin, hat es für den Verein gezeichnet. Es ist ein kleines Haus, das 40 Quadratmeter Wohnraum umschließt. Es gibt darin einen schmalen Flur mit Einbauschränken, den Technikraum, ein Bad, ein kleines Schlafzimmer und ein 25 Quadratmeter großes Wohn/Esszimmer – an das eine L-Küche grenzt. Der Wohnraum ist modern rundum mit einer Panorama-Fensteranlage verglast, die sich je nach Wetterlage mit großen Schiebetüren öffnen lässt.

Das Hausboot wird schick, hat aber alles auf das nötigste reduziert. Damit kennt sich Georg Liebrand aus - er hat vor vielen Jahren in Louisendorf große Katamarane ausgerüstet, die über die Weltmeere fahren. Schick und kostbar, aber wie im Schiffsbau üblich, alles auf das Nötigste reduziert – denn unendlichen Raum hat nur die See. Das Pilothausboot ist zunächst für zwei Personen gedacht und kann mit einem kleinen Außenborder beliebig manövriert werden.

„Wollten wir in den Rhein, bräuchten wir natürlich einen stärkeren Motor – aber das steht ja bei der derzeitigen Lage um die Schleuse Brienen nicht zur Debatte“, sagt Liebrand. Es sei wichtig, dass das Haus keine schwimmende Anlage ist, sondern ein Hausboot, das sich auf dem Wasser bewegen kann. Im Gegensatz zu einer schwimmenden Anlage braucht ein Hausboot keinen Bauantrag, sondern nur einen Liegeplatz. „Wir sehen den Liegeplatz vielleicht sogar im Bereich der Hochschule. Hier haben wir auch schon erste Gespräche mit Professoren zu einer Zusammenarbeit geführt“, sagt Looschelders. Plan ist es, mit Fotovoltaik als Energiespender und einem kleinen Kaminofen möglichst autark wohnen zu können. „Wir denken in Richtung Null-Energie-Haus“, sagt Liebrand.

Der Stapellauf für das 50-Tonnen-Projekt soll diesen Monat erfolgen. Die beiden warten nur noch auf den Gocher Fensterbauer Schoofs, der die großen, nach außen versetzten Fenster liefert, die ein gutes Drittel der Außenwände des Bootes ausmachen. Ansonsten ist das Hausboot im Rohbau fertig. Auch der Liegeplatz ist bei der Stadt angefragt. „Wir warten hier aber noch auf eine Antwort“, sagt Looschelders.

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