Tichelpark Ein Neustart gegen die Angststörungen

KLEVE · Tobias Köhn lebt seit Kindertagen mit einer psychischen Störung. Therapien halfen mal mehr, mal weniger. Erst eine Reise durch Afrika zeigte Wirkung. Der daraus entstandene Film, kommt nun ins Klever Kino.

 Der Filmemacher Tobias Köhn und der Chef des Klever Kinos Reinhard Berens präsentieren das Filmplakat.

Der Filmemacher Tobias Köhn und der Chef des Klever Kinos Reinhard Berens präsentieren das Filmplakat.

Foto: Anja Settnik

Sein Versuch, über einen „vernünftigen“ Beruf den Anschluss an ein ganz normales Leben zu finden, ist gescheitert. Zum Glück, denn dadurch hat Tobias Köhn den Mut gefunden, nochmal von vorne anzufangen. Zurück auf Anfang, „die Reset-Taste gedrückt“, wie er sagt. Der heute 26-Jährige beschloss mit 23 Jahren, sich von seinem bisherigen Leben, in dem er unglücklich war, zu verabschieden. Der junge Mann, seit seiner Kindheit an von Ängsten geplagt, brach die ungeliebte Ausbildung zum Elektroniker ab und bereitete eine große Reise vor. Aus dieser entstand ein Film, der am Sonntag im Klever Tichelpark zu sehen sein wird. „Ein Viertel der Welt“ heißt er und läuft im Rahmen der sonntäglichen Matinée ab 12 Uhr. Zwei Stunden dauert der Film, bei dem Tobias Köhn anwesend sein wird.

Über Angststörungen zu sprechen ist nicht einfach. Vermutlich besonders dann nicht, wenn man ein junger, sportlicher Mann ist, den allem Anschein nach nichts daran hindern sollte, etwas aus seinem Leben zu machen. Aber der Krefelder lebt seit Kinderjahren mit einer psychischen Störung, die ihn von vielem abhält, was für andere normal ist. Verschiedene Therapien halfen ihm mal mehr, mal weniger. Aber echten Lebensmut und die Zuversicht, eine wirkliche Zukunft zu haben, fand Köhn durch sein Reise-Projekt. „Ich wollte selbstbestimmt sein, eigenverantwortlich“, erzählt er. Deshalb verkaufte der Krefelder vor zwei Jahren sein Auto, sein Motorrad und alles andere, was sich zu Geld machen ließ. Ein offroad-geeignetes Fahrzeug wurde angeschafft und zum Wohnmobil ausgebaut: Schlafzelt auf dem Dach, Küchentheke drinnen, dazu viel Stauraum für Wasser, Vorräte, Kameraausrüstung. „Mit meinen Ersparnissen und dem Geld aus den Verkäufen bin ich dann losgefahren.“

Die erste Zeit verbrachte er in Südafrika, tat nicht viel mehr als runter kommen, ohne Verpflichtungen sein, die Ruhe genießen. Und er begann zu filmen. „Das waren kleinere, in sich abgeschlossene Sequenzen, die ich eigentlich auf YouTube  einstellen wollte. Aber es wurde mehr und wuchs irgendwie zusammen.“ Ein halbes Jahr lang reiste Tobias Köhn durch Südafrika, Namibia und Sambia, erlebte unendlich viel Natur, stellte sich bewusst einigen Gefahren, ließ sich auf Menschen ein (was ihm zu Hause immer sehr schwer gefallen war). „Als  in einer Steinwüste mal das Verteilergetriebe meines Wagens ab fiel, war mir das sogar eine willkommene Extremsituation.“ 150 Kilometer um ihn und das kaputte Auto herum nichts, zu wenig Wasser dabei, keine Ahnung, wann mal jemand vorbeikommen würde. „Da gab’s nur eins: Durchatmen und kreativ werden, um den Wagen wieder ans Laufen zu bekommen.“ Es glückte, wie auch andere Gefahren nie böse ausgingen. Weil man ja aktiv werden kann, um schlimmen Situationen zu entgehen – etwa auf dem Autodach schlafen, wo Schlangen und Skorpione nicht hin können.

„Ein Mutmach-Film ist entstanden, einer mit toller Filmmusik, witzigen Comic-Passagen und einem Thema im Hintergrund, das viele betrifft“, sagt Reinhard Berens, Kinobetreiber aus Kleve. Im Juli kamen zur Premiere beim Open-Air-Kino auf der Krefelder Galopprennbahn 600 Gäste. Nun werden Berens’ Lichtspielhäuser in Kleve, Emmerich und Geldern „Ein Viertel der Welt. Vom Träumer zum Macher“ zeigen. Für strenge Rechner: So ganz ein Viertel der Erdkugel war’s zwar nicht. Gefühlt aber wohl eher noch mehr.

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