Kleve Die Natur erleben lernen von Anfang an

Kleve · Die inklusive Großtagespflege Schneckenhaus bietet naturnahe Pädagogik für Kinder unter drei Jahren an. Anne Reckinger hat die Fortbildung dazu gemacht. Sie ist überzeugt, dass das auch schon den ganz kleinen Kindern helfen kann.

 Gemeinsames Spielen im Wald schreiben die Erzieher des „Schneckenhauses“ an der Waldstraße groß.

Gemeinsames Spielen im Wald schreiben die Erzieher des „Schneckenhauses“ an der Waldstraße groß.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Durch raschelnde Blätter laufen, Bäume berühren und hoch in ihre Krone schauen, den Specht hören, das Eichhörnchen sehen – diese und viele weitere Wald- und Naturerlebnisse stehen bei den Kindern der inklusiven Großtagespflege Schneckenhaus in der Klever Waldstraße regelmäßig auf dem Programm. „Bewegung draußen und das unmittelbare Erleben der Natur hat eine sehr positive Wirkung auf die Entwicklung der Kinder, und zwar von Anfang an“, sagen Kristin Gehler, Sara Kauws und Anne Reckinger, Erzieherinnen im Schneckenhaus, wo derzeit acht Kinder unter drei Jahren betreut werden. Unterstützt werden sie in ihrer Arbeit von Praktikantin Rosa Cuyan, die eine Ausbildung zur Kinderpflegerin macht. Um den pädagogischen Schwerpunkt „Naturerlebnisse an der frischen Luft“ noch weiter zu vertiefen, absolvierte Anne Reckinger eine einjährige Fortbildung zur Wildnis- und Erlebnispädagogin.

„Das kann man durchaus auch für Kleinkinder anwenden, denn in jedem Lebensalter kann Natur für die Menschen fördernd, heilend und bereichernd sein“, erläutert sie. An den Waldtagen fahren sie ihre kleinen Schützlinge – einige können erst seit kurzem laufen – in Wagen und Bollerwagen in den nahen Wald. „Dann dürfen sie erst mal laufen und rennen wie sie möchten“, sagt Kristin Gehler. Das Laufen auf dem unebenen Waldboden sei gut für die Entwicklung des natürlichen Gleichgewichtsgefühls, erklärt sie.

Nach dem Aufwärmen gibt es immer ein Thema, das meist mit der Jahreszeit zu tun hat. Der Herbst hat da neben bunten Blättern und Kastanien noch viel mehr zu bieten: zum Beispiel sucht sich der Igel jetzt ein Bett für seinen Winterschlaf. Weil Igel tagsüber schlafen und man sie nicht so leicht zu Gesicht bekommt, haben die Kinder einen Plüsch-Igel dabei und bauen ihm ein Lager aus Blättern. Was der Igel frisst, lernen die Kleinen auch an diesem Vormittag: Schnecken zum Beispiel. Echte Schnecken wurden in einer Dose mitgebracht. Wer möchte, kann ganz vorsichtig ihre Fühler berühren und sehen, wie empfindsam sie sind.

Die hohen und starken Bäume im Klever Reichswald haben unbestritten großes Erlebnispotential: „Wenn wir mit den Kindern an einem Baum sitzen, hochschauen und uns vorstellen, dass die Wurzeln genauso einen großen Kreis machen wie die Krone, wird das ganz deutlich empfunden“, erzählt Kristin Gehler. Sie haben auch ausprobiert, mit einem Stethoskop am Baum das Aufsteigen der Säfte zu hören. „Ein Rauschen, wie ein Pulsschlag“, sagt sie. „Uns ist wichtig, dass die Kinder den Wald mit allen Sinnen erleben“, sagt Reckinger. Ihre Fortbildung hat sie bei „Naturabenteuer Niederrhein“ in Kevelaer gemacht und selbst finanziert. Was sie und ihre Kolleginnen im Schneckenhaus nicht verstehen, ist, dass das Klever Jugendamt, diese Fortbildung nicht anerkennt.

„Grundsätzlich arbeiten wir gut mit dem Jugendamt zusammen“, betonen die Erzieherinnen. Für die sogenannte „Pflegeerlaubnis“ der Tagespflege-Einrichtung „Schneckenhaus“ müssen die Erzieherinnen dem Jugendamt gegenüber fünf bis sieben Stunden Fortbildung pro Jahr nachweisen. Dafür gibt es auch einen Zuschuss vom Jugendamt in Höhe von 50 Euro pro Erzieherin und pro Jahr. Die Wildnispädagogik sei jedoch nicht anerkannt worden, so Reckinger, man habe gesagt, das sei für U3-Kinder noch nicht relevant. Die Erzieherinnen im Schneckenhaus erleben es anders, sie führen die Kinder so oft es geht nach draußen, veranstalten „Waldwochen“, begleiten die Kleinen intensiv bei ihrer Entdeckungsreise in der Natur. „Eigentlich ist das für die Kinder wichtiger als Basteln“, sagt Kauws. Fortbildungskurse über „Basteln mit Kindern“ würden jedoch stets anerkannt. Hier wäre vielleicht eine Nachbesserung der Kriterien sinnvoll, meint die Pädagogin.

Die Großtagespflege an der Waldstraße 59a gibt es seit 2013. Es gibt neun Plätze, maximal zwei Kinder mit Förderbedarf können aufgenommen werden. Der pädagogische Schwerpunkt liegt auf Bewegung und Entspannung, da Bewegung im frühen Kindesalter nachgewiesen nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige, emotionale und soziale Entwicklung fördere.

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