Flussarm bei Kleve Der Altrhein trocknet aus

Kleve · Kaum noch Fische, Boote liegen auf dem Grund: Der Griethauser Altrhein ist massiv geschrumpft. Experten fürchten, der Flussarm könnte ganz zuwachsen.

 Die Pfosten der einstigen Spundwand im Altrhein ragen in den Himmel. Normalerweise liegen sie tief unter der Wasseroberfläche.

Die Pfosten der einstigen Spundwand im Altrhein ragen in den Himmel. Normalerweise liegen sie tief unter der Wasseroberfläche.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Rhein führt noch immer extremes Niedrigwasser. Teils dramatische Auswirkungen hat das auch auf die Nebenarme des Flusses – darunter auf den Griethauser Altrhein. An vielen Stellen ist der Wasserstand dort auf unter 50 Zentimeter gesunken. „Der Altrhein ist massiv geschrumpft“, sagt Ulrich Werneke vom Naturschutzzentrum Kreis Kleve. Er kennt sich mit dem Althrein und dem angrenzenden Naturschutzgebiet Salmorth gut aus: „Die Auswirkungen des Niederigwassers waren noch nie so extrem wie dieses Jahr.“ Konkret bedeutet das: Das Naturschutzgebiet verliert Grundwasser, im Altrhein liegen Boote auf dem Trockenen, es schwimmen kaum noch Fische in dem Gewässer – und reisende Vögel haben deutlich weniger Platz, um auf dem Wasser Rast einzulegen. Und: Durch den anhaltend äußerst geringen Wasserstand erobert sich das Land Teile des Flussarms zurück. „Der Altrhein droht sukzessive zuzuwachsen“, bringt es Ulrich Werneke auf den Punkt.

In Kleve beschäftigen die Folgen des Niedrigwassers im Altrhein und im Hauptstrom des Flusses mehrere Vereine. Ein Beispiel: der Angelsportverein Rheinstrand Griethausen-Kellen. Viele Angler ziehen dort lange Gesichter, weil kaum noch Fische im Altrhein schwimmen. „Steigt der Wasserstand im Rhein, kommen auch Fische wie Hechte und Karpfen mit. Normalerweise würden zu dieser Jahreszeit auch Rotaugen in den Altrhein kommen, aber das Wasser ist zu flach“, berichtet Vereinschef Reiner Geerts. Er schätzt, dass rund 200 Angler von den Auswirkungen des niedrigen Wasserstands in dem Flussarm betroffen sind. „Das ist ärgerlich, zumal wir als Verein jährlich 7800 Euro für die Fischereirechte zahlen.“ Der Griethauser Altrhein sei das „Hausgewässer“ des Vereins, dessen Vorsitzender Geerts sich eine bessere Pflege des Flussarms wünscht: An der Stelle, wo der Altrhein in den Rhein mündet, befinde sich ein Strudel, der dafür sorge, dass sich an der Mündung Sedimente absetzen. Die Folge: Die Mündung wird immer flacher. „Würden die Sedimente abgetragen werden, wäre das Fischvorkommen im Altrhein auch wieder größer“, sagt Geerts.

 Dieses Bild zeigt eindrucksvoll, wie weit das Wasser zurückgegangen ist. Es zeigt den Blick zum Steg der Klever Segelgemeinschaft.

Dieses Bild zeigt eindrucksvoll, wie weit das Wasser zurückgegangen ist. Es zeigt den Blick zum Steg der Klever Segelgemeinschaft.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Dass das Wasser- und Schiffahrtsamt die Fahrtrinne im Mündungsbereich seit Schließung der Schleuse Brienen, die den Altrhein vom Spoykanal trennt, nicht mehr vertieft, sorgt auch beim Wassersportclub Kleve für Unmut. Der niedrige Wasserstand des Rheins habe zusätzlich für eine Zuspitzung der Lage geführt, berichtet Vize-Vorsitzender Ulrich Heiden. Er spricht von einer „absoluten Katastrophe“: „Unser Vereinsleben fand 2018 praktisch nicht statt. Seit Juli sind wir vom Niedrigwasser betroffen.“ In guten Jahren würden bis zu 60 Boote am Anlegepunkt des Clubs liegen, dieses Jahr seien es nur 18 gewesen – derzeit liegen dort nur noch zwei Boote, die offenbar nicht rechtzeitig rausgezogen werden konnten. Ulrich Heiden berichtet von „Krisensitzungen“ seines Vereins, der für nächstes Jahr keine besseren Aussichten erwarte. „Auch ein Umzug ist im Gespräch“, sagt er – verärgert darüber, dass es noch immer keine konkreten Pläne für die Sanierung oder den Neubau der maroden Schleuse gibt. Inzwischen könne man durch den Altrhein waten, manche Boote hätten Mitglieder zu Fuß aus dem Schlamm gezogen.

Das Niedrigwasser im Altrhein verstärkt auch den Rückgang des Grundwasserspiegels im Naturschutzgebiet Salmorth zwischen Althrein und Rhein. Wie Ulrich Werneke erklärt, „grabe“ sich der Hauptstrom des Flusses zwischen Rees und Emmerich immer tiefer in die Sohle ein, was wiederum dafür sorge, dass der Wasserstand abflacht. Durch Verkippung neuen Sohlenmaterials hätten sich Fachleute des Problems bereits angenommen. Werneke hält es für wichtig, dass auch Deiche zurückverlegt und Nebenrinnen bei höheren Wasserständen angelegt werden, so dass sich das Rheinwasser besser verteilen kann. Entsprechende Pläne seien bereits in der sogenannten Europäischen Wasser-Rahmenrichtlinie beschrieben.

Die Trockenheit des Jahres 2018, aus der auch das Niedrigwasser resultiert, sieht der Geschäftsführer des Naturschutzzentrums im Kreis Kleve als eine Folge des Klimawandels. Werneke sieht die Gefahr, dass sich Flussarme wie der Griethauser Altrhein in den kommenden Jahren weiter zurückbilden, Wasserflächen also nach und nach verschwinden und sich anstelle dessen Gehölze ausbreiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort