Forderung mehrerer Grünen-Fraktionen Awo gegen zweites Frauenhaus im Kreis

Kreis Kleve · Die Grünen haben eine zweite Einrichtung dieser Art, in der Frauen in Notsituationen Schutz suchen können, für den Südkreis gefordert. Awo-Geschäftsführerin Marion Kurth stellt eine Alternative vor.

 In Frauenhäusern finden Frauen und ihre Kinder in Notsituationen Schutz.

In Frauenhäusern finden Frauen und ihre Kinder in Notsituationen Schutz.

Foto: dpa

Keine Frau soll abgewiesen werden, das ist das erklärte Ziel von Marion Kurth, Geschäftsführerin des Awo-Kreisverbandes Kleve. Doch die Einrichtung eines zweiten Frauenhauses im Kreis ist für sie nicht die Lösung des Problems. In den vergangenen Wochen haben einige kommunale Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen eine Forderung nach einer solchen Einrichtung im Südkreis formuliert, darunter die Grünen in Wachtendonk, Kevelaer und Uedem. Für Kurth ist die Einrichtung eines zweiten Hauses mit der Awo als Träger jedoch schwierig, im schlimmsten Fall könnte sie sogar „existenzgefährdend“ für das bereits bestehende Haus sowie für die potenzielle neue Einrichtung im Gelderland sein. Stattdessen fordert sie Fördermittel aus dem Kreishaushalt, um drei Übergangswohnungen zur Verfügung stellen zu können, die die Auslastung des bestehenden Hauses verringern würden.

„In unserem Jahresbericht haben wir dargelegt, dass die Auslastung über das Jahr verteilt im Schnitt bei 85 Prozent liegt“, sagt Kurth. „Das heißt aber natürlich nicht, dass das Haus in jeder Woche zu 85 Prozent voll ist. Mal ist es mehr, mal weniger.“ Es sei durchaus zu Ab- oder Weiterweisung von schutzsuchenden Frauen gekommen – laut Kurth im Jahr 2020 bei rund 40 Frauen.

Die Antragsteller verwiesen zudem darauf, dass sich die Gewaltsituation in Familien aufgrund der Corona-Pandemie verschlechtern könnte, etwa durch eine Veränderung der finanziellen Situation und einer Zunahme von seelischen Belastungen. „Allerdings ist eine gewisse Auslastung der Einrichtung auch notwendig“, so Kurth. Zu rund 40 Prozent decke sich der finanzielle Bedarf aus Landesmitteln, der Rest komme durch Tagessätze für Bewohnerinnen und ihre Kinder, sowie einem Eigenanteil des Trägers, der größtenteils durch Spenden gedeckt würde. Fielen die Taggessätze weg, weil das Haus durch die Einrichtung eines zweiten weniger ausgelastet sei, könnte das zu ernsten finanziellen Problemen bei beiden Häusern führen.

Der besagte Eigenanteil belief sich laut Kurth in den Jahren 2017 bis 2019 auf rund 10.000 Euro. „Die Spendenbereitschaft in diesem Bereich ist glücklicherweise recht groß“, sagt sie. Ohne die Tagessätze für die Bewohnerinnen, die bei einer geringeren Auslastung der Häuser fehlen würden, könnte die Finanzlage aber trotzdem zu dünn sein. „Außerdem arbeiten wir schon jetzt mit einer Mindestausstattung an Personal“, sagt sie. Sinnvoller wäre es deshalb für sie, die Frauen möglichst schnell in eine eigene Wohnung zu vermitteln.

„Das eigentliche Ziel bei der Betreuung ist es ja, den Frauen zu helfen, ihr Leben wieder eigenständig führen zu können, nachdem sie in eine Notsituation geraten sind“, sagt Kurth. Es gebe eine immer längere Verweildauer der Bewohnerinnen, fast immer sei dies dadurch begründet, dass kein passender Wohnraum für die Frauen und ihre Kinder gefunden werden kann.

Die Awo möchte deshalb drei möblierte Übergangswohnungen einrichten, die den Auszug erleichtern sollen. Die Mietverhältnisse dort seien befristet, zeitgleich soll die selbstständige Anmietung von eigenem Wohnraum sozialpädagogisch gefördert werden. „Dabei geht es auch um eine Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung, die wird stark eingeschränkt wenn ein passender Wohnraum fehlt“, sagt Kurth.

Dafür beantragt der Awo-Kreisverband eine Summe von 67.000 Euro pro Jahr beim Kreis, anteilig 33.500 Euro für das Jahr 2021, da das Projekt im Juli starten soll. Diese Kosten beinhalten sowohl die Anmietung von drei Wohnungen inklusive Nebenkosten und Inneneinrichtung, als auch die Personalkosten für die sozialpädagogische Betreuung zur weiteren Wohnungssuche. „Das ist natürlich erst mal ein grober Kostenplan“, sagt Kurth.

Am Donnerstag wurde in Kleve erstmals über den Antrag in den Beratungen zum Kreishaushalt 2021/22 beraten, Ende April soll dann im Kreistag eine Entscheidung fallen.

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