Rat von Ärztinnen und Hebamme „Zum Stillen gibt es tausend Meinungen“

Kleve · Zur Geburt gibt es viele Fragen. Zwei Oberärztinnen und eine Hebamme haben bei der Telefonsprechstunde in unserer Redaktion Antworten gegeben. Es ging um Corona-Tests, sprachliche Hürden, Geburtsmethoden und Schmerztherapie.

In der Geburtshilfe ist das gute Zusammenspiel von Ärzten und Hebammen sehr wichtig für Mutter und Kind. Im Klever Krankenhaus gab es im Jahr 2021 rund 1300 Geburten, etwa ein Drittel der Kinder kam durch einen Kaiserschnitt zur Welt.

In der Geburtshilfe ist das gute Zusammenspiel von Ärzten und Hebammen sehr wichtig für Mutter und Kind. Im Klever Krankenhaus gab es im Jahr 2021 rund 1300 Geburten, etwa ein Drittel der Kinder kam durch einen Kaiserschnitt zur Welt.

Foto: dpa/Holger Hollemann

Es sind mindestens 1300 verschiedene Geschichten, die erzählt werden könnten, denn jede Geburt ist sehr individuell.  Zudem einer mit einer Vorgeschichte und einem ähnlich spannenden „Danach“. Das wissen die Ärztinnen des Katholischen Karl-Leisner Klinikums ebenso gut wie die Hebammen. Für eine Telefonsprechstunde zum Thema Geburtshilfe waren jetzt die Oberärztinnen Susanne Heiden und Sandra Eerden sowie Muna Mouhajer-Niehues als Hebamme in der Klever Redaktion. Anruferinnen hatten die Chance, sich mit den Fachfrauen über alle Belange der Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge auszutauschen. Von Corona bis Kaiserschnitt gibt es viele Fragen, die im Krankenhaus alltäglich sind.

Noch immer sind Hebammen rar, insbesondere solche, die im Krankenhaus als Beleghebammen im Schichtdienst arbeiten. Es bereitet Muna Mouhajer-Niehues Sorge, dass immer mehr Kolleginnen aus der Geburtshilfe rausgehen und nur noch Vor- und Nachsorge anbieten. Die wird besser bezahlt und lässt sich komfortabler planen. „In unserem Team sind aber alle auch in der Geburtshilfe aktiv. Wir machen also Hausbesuche, geben Kurse, haben Praxis-Sprechstunden, machen aber auch Wochenbett-Sprechstunden, betreuen Schwangere auf der Station und managen natürlich die Geburten im Kreißsaal.“ Die teure Haftpflichtversicherung, die seit Jahren die Branche beschäftigt, belastet auch hiesige Hebammen: Knapp 10.000 Euro pro Jahr müssen sie zahlen, um ihren verantwortungsvollen Beruf ausüben zu dürfen.  Immerhin gebe inzwischen der GVK-Spitzenverband etwas zu den Beiträgen dazu.

Die Mediziner am Krankenhaus wissen, was sie an den Hebammen haben. Sie begreifen sich als Team, beide Gruppen brauchen einander. Bei rund 1300 Geburten pro Jahr beweisen sie ein professionelles Miteinander.  „Viele Frauen fragen, ob sie einen Corona-Test brauchen, und den sollte man wirklich machen – außer, die Wehen sind schon weit fortgeschritten, dann machen wir den Test natürlich auch vor Ort“, sagt Sandra Eerden. Kollegin Susanne Heiden bittet zudem darum, mit nur einer Begleitung ins Krankenhaus zu kommen, insbesondere sollte für Kinder frühzeitig eine Betreuung gesucht werden, damit sie nicht mitgebracht werden müssen.

 Bei der Telefonaktion in der Klever RP-Redaktion gaben  Sandra Eerden,   Susanne Heiden und   Muna  Mouhajer-Niehues (v.l.) Auskunft.

Bei der Telefonaktion in der Klever RP-Redaktion gaben  Sandra Eerden, Susanne Heiden und Muna Mouhajer-Niehues (v.l.) Auskunft.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Viele ausländische Patientinnen haben dazu geführt, dass die Ärztinnen und Hebammen wichtige Ausdrücke inzwischen in verschiedenen Sprachen beherrschen: „,Schieb, schieb‘ oder ,atme, atme‘ können wir alle auch in Polnisch, Rumänisch, Ukrainisch oder Türkisch“, erzählt Sandra Eerden schmunzelnd. Tatsächlich seien die Sprachbarrieren durchaus ein Problem. Sehr gut sei deshalb, wenn Migrantinnen eine Übersetzerin dabei hätten. Im Klever St.-Antonius-Hospital gibt es für alle Fälle aber auch eine Liste mit Dolmetschern.

Immer wieder eine Fragestellung: Kaiserschnitt ja oder nein? Und wie wichtig für das Kind ist es, gestillt zu werden? Im Grundsatz versuchen die Fachfrauen, auch unsichere Frauen zu einer natürlichen Geburt zu ermutigen. Aber wer das partout nicht wolle oder wenn es  medizinische Gründe für eine Sektio gebe, müsse keine  Mutter ein schlechtes Gewissen haben. „Das ist genauso in Ordnung, vermitteln wir dann.“ Und auch mit dem Stillen klappt es nicht immer. „Da gibt es tausend Meinungen, wir nehmen die Frauen ernst, informieren sie und begleiten sie dann aber auch in ihrer Entscheidung“, so Muna Mouhajer-Niehues.

Ähnlich ist es bei der eigentlichen Geburt: Ob die Frau mit Lachgas zurechtkommt, eine warme Wanne oder Akupunktur wünscht, Schmerzmittel über den Tropf bekommt oder gar eine PDA (Rückenmarks-Anästhesie): Alles das ist möglich und kann infrage kommen. Wichtig ist den Ärztinnen und der Hebamme, dass sich Frauen früh genug um eine optimale Versorgung kümmern: „Eine Hebamme sollte man sich am besten schon zu Beginn der Schwangerschaft  suchen“, rät Mouhajer-Niehues. Die niedergelassenen Kollegen vermitteln ihre Patientinnen in der 34. oder 35. Woche zum Vorbereitungs-Gespräch  im Krankenhaus. Eine gute Nachricht für werdende Eltern: Wenn es die Corona-Situation zulässt, soll es im kommenden Jahr dann auch wieder Kreißsaal-Besichtigungstermine geben.

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