Verhandlung in Kleve 93-Jähriger mit Pudding betäubt und ausgeraubt

Kleve/Emmerich · Zwei Frauen und ein Mann aus Kleve sollen einem 93-jährigen Emmericher 12.000 Euro geraubt haben. Vor dem Landgericht Kleve verstricken sich die Angeklagten in Widersprüche und schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Dabei suchte das Opfer nur eine "liebe Frau mit Auto".

 Der 54-jährige Angeklagte aus Kleve wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt.

Der 54-jährige Angeklagte aus Kleve wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt.

Foto: markus van Offern

Als der 93-Jährige am frühen Morgen des 27. September aufwachte, war ihm klar, dass das Geld weg ist. Denn der Schlüssel, den er immer sorgsam am Hosenbund trägt, steckte im Schloss der Kinderzimmertür. Das berichtet der Emmericher am Mittwoch vor dem Klever Landgericht. Zwei Frauen und ein Mann aus Kleve sind angeklagt, den Senior mit Pudding betäubt und ausgeraubt zu haben.

Auf der Anklagebank sitzt eine 48-Jährige, Kurzhaarfrisur, weiße Bluse, Trenchcoat. Mit einer Mappe schützt sie sich vor den Kameras. Die Kleverin, die zuletzt als Bürokauffrau gearbeitet hat, wird an diesem Tag nicht aussagen. Sie soll es gewesen sein, die den Plan geschmiedet und den Pudding mit Betäubungsmitteln präpariert hat. Zumindest, wenn man die anderen beiden Angeklagten fragt - eine 38-Jährige und einen 54-Jährigen aus der Schwanenstadt. Beide geben zu, an der Tat beteiligt gewesen zu sein, allerdings nur als Nebenfiguren.

In dem verschlossenen Kinderzimmer in der Emmericher Wohnung lagerten die Ersparnisse des 93-Jährigen. Wie hoch die Summe genau war, weiß der ältere Mann nicht. 12.000 Euro, mehr oder weniger. Für seinen Haushalt suchte der Emmericher Hilfe. "Suche liebe Frau mit Auto", schrieb er dazu in mehreren Zeitungsannoncen. "Ich war einfach ein Pechvogel", sagt der 93-Jährige vor Gericht. Mehreren Aussagen zufolge soll sich die 48-Jährige daraufhin mit dem Emmericher getroffen haben. Er half ihr mit 6000 Euro für die Reparatur ihres Autos aus. Und er zeigte ihr offenbar sein Geldversteck in dem verschlossenen Raum.

Wie lange sich die Angeklagten schon kennen, ist nicht klar. Sie machen in allen Fragen widersprüchliche Aussagen: Wer hatte die Idee? Wer hat den Pudding vorbereitet? Wer hat wieviel Geld bekommen? Klar ist aber, dass sich die drei im September vergangenen Jahres gemeinsam in das Auto der 48-Jährigen gesetzt haben und Richtung Emmerich gefahren sind. Dort hat die andere Angeklagte, eine 38 Jahre alte Kleverin, den Senior in seiner Wohnung besucht. Der alte Mann wurde zwei Tage zuvor von ihrem Telefon aus kontaktiert und das Treffen verabredet.

Vor Gericht sagt die 38-Jährige, nichts vom Betäubungsmittel gewusst zu haben. Sie wollte warten, bis der Emmericher einschläft, und dann das Geld mitnehmen. Die Kleverin habe nie eine Ausbildung gemacht, sei arbeitslos. Das Jugendamt habe ihr ein Kind weggenommen. Für ihre jüngere Tochter und ihre Heroinsucht brauchte sie Geld. Nach drei Tagen auf Amphetaminen habe sie den Plan und den Pudding nicht hinterfragt. Die 48-Jährige wartete im Auto, mit dem anderen Angeklagten - einem 54 Jahre alten Alkoholiker, der bereits mehrfach straffällig geworden ist.

Der 93-Jährige empfängt die Fremde, unterhält sich mehrere Stunden mit ihr. Als sie ihm das Glas mit Pudding anbietet, lehnt er nicht ab. "Es hat echt schlecht geschmeckt, nicht süß, nicht sauer. Aber ich wollte galant sein und habe aufgegessen", sagt der 93-Jährige. Kurze Zeit später wird ihm schummerig, die Frau begleitet ihn zum Bett. Am Morgen sind die Ersparnisse, 8500 tschechische Kronen sowie ein Portemonnaie mit 200 Euro, und EC-Karte verschwunden. Später hebt eine Person mit Motorradhelm in Kleve weitere 2000 Euro ab.

Über die Telefondaten und durch einen Facebook-Post ermittelt die Polizei die Angeklagten. Denn ein Bekannter hatte die 38-jährige Angeklagte auf dem Blaulicht-Report verlinkt, den die Klever Polizei in dem sozialen Netzwerk geteilt hatte. Bei Wohnungsdurchsuchungen finden die Beamten Bargeld, Portemonnaie und den Motorradhelm.

Bis zum Ende des Verhandlungstags war nicht klar, wer den Plan entwickelt und den Pudding zubereitet hat. Die Polizistin, die nach den Festnahmen im Oktober die Verhöre geleitet hat, formuliert es so: "Jeder der Angeklagten erzählt den Teil der Wahrheit, der ihm am besten passt." Der Prozess wird am 9. April vor dem Klever Landgericht fortgesetzt.

(veke)
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