Kevelaer Kevelaer: Wagenbauer ausgebremst

Kevelaer · Die neue TÜV-Regelung macht es den Wagenbauern schwer. Anhänger müssen eine eigene Bremse haben. Das halten nicht alle Karnevalisten für nötig. Weitere Neuerung: Die Disco-Wagen sind in der Marienstadt ab 2014 tabu.

 So bunt waren die Wagen in den vergangenen Jahren – in Zukunft könnten die Fußgruppen überwiegen.

So bunt waren die Wagen in den vergangenen Jahren – in Zukunft könnten die Fußgruppen überwiegen.

Foto: seyb

In diesem Jahr wird der Karnevalszug in Kevelaer ein anderes Bild abgeben. Bisher setzte sich der Rosenmontagszug aus 25 Zugnummern zusammen. "Es waren immer mehr Wagen als Fußgruppen", sagt Heinz-Gerd Spolders von der Zugleitung. Bisher haben sich bei seinem Kollegen Markus Stassen allerdings nur Fußgruppen angemeldet.

Grund ist eine Regelung des TÜVs, die in diesem Jahr erstmals greift. "Neu ist, dass die Anhänger eine eigene Bremse haben müssen. Das gilt für alle Wagen, auf denen Personen sind", sagt Stassen. Und das sind genau die Wagen, von denen fröhlich die Kamelle geworfen werden. Die Kamelle werden demnächst vor allem auf Augenhöhe verteilt, ist Stassen überzeugt, "weil viele diese Auflage technisch nicht umsetzen können." Ob eine solche Regelung Sinn macht oder das Leben der Karnevalisten nur erschwert, ist umstritten. "Wir reden hier über Schrittgeschwindigkeit", stellt Stassen klar.

"Wenn der Trecker, der den Anhänger zieht, bremst, bremst das ganze Gespann." Der selben Meinung ist auch Uwe Ehren, Zugmarschall der Karnevalsfreunde Twisteden. Für Kleve könne eine solche Regelung sinnvoll sein, da wo es noch echte Talfahrten gibt. Für Winnekendonk, Twisteden und Kevelaer, das platte Land, sieht er den Bedarf nicht. Ein Umgehen der Vorschrift ist allerdings nicht möglich. "Wir haben große Befürchtungen", äußert Ehren seine Sorge, dass immer weniger Wagenbauer sich am Karnevalszug auch durch Twisteden beteiligen. Betroffen sind vor allem die, die nur einmal im Jahr ihren Anhänger brauchen. Da rosten im Laufe des Jahres die Bremsen und setzen sich fest. TÜV ade. Eine gute Alternative ist das Mieten eines Wagengespanns. Das macht eine Gruppe, die in Twisteden mitzieht und sich den Wagen aus Straelen mietet. Aber auch das ist natürlich eine Kostenfrage.

"Vielleicht kriegt der Karneval eine andere Qualität", versprüht Ehren einen milden Optimismus. "Weniger Wagen bedeutet nicht weniger Qualität." Es gebe viele Familien in Twistenden, die den Karneval in Twistenden nicht sterben sehen wollen. Die Alternative: Fußgruppen und Handwagen.

Auch Michael Schumacher vom Karnevalsclub Kevelaer (KCK) wird mit den anderen Vereinsmitgliedern am Kevelaerer Rosenmontagszug in diesem Jahr zu Fuß teilnehmen, ohne großen Wagen. "Traurig", findet Schumacher die neue Regelung, weil viele Karnevalsvereine sich einen solchen Umbau ihrer Wagen finanziell nicht leisten können. Die Lösung seines Karnevalsvereins, des KCK, ist, dass sie einen Motivwagen gestalten — "so wie in Köln und Düsseldorf" — und nebenher laufen.

Das "Helau" wird in diesem Jahr wieder mehr Gehör finden. Denn noch eine neue Regelung gibt es, zumindest für den Rosenmontagszug in der Marienstadt und in Twisteden. Beide schaffen die Disco-Wagen ab, die Wagen, die mit lauter, meist nicht karnevalistischer Musik, durch die Straßen fuhren. Der Beschluss sei einstimmig durch alle Mitglieder des VFR getroffen worden und bitter nötig gewesen, sagt Spolders vom VFR. "Es gab massive Beschwerden aus der Bevölkerung", sagt der Zugleiter. "Das Publikum hat sich die Ohren zugehalten, und kleine Kinder fingen an zu weinen." Auch der Zusammensetzung des Zuges hätten die lauten Musikwagen mit den riesigen Boxen geschadet.

"Wir haben schon vier Musikgruppen weniger gehabt, weil die keine Lust hatten, gegen die laute Musik anzuspielen", erinnert sich Spolders. Dass die Maßnahme nicht überall auf Gegenliebe stieß, gibt er zu. "So schlimm wäre das gar nicht", hieß es aus der Fraktion der Disco-Wagen-Fahrer. Es bleibt dabei und ist beschlossen: Gellende Musik wird es nicht geben. Spolders hofft auf positive Nebenwirkungen. "Es kann auch sein, dass neue Fußgruppen sich dem Rosenmontagszug anschließen, jetzt, wo es nicht mehr so laut ist."

Und auch dem Verlust der Wagenvielfalt beim Zug kann er etwas Gutes abgewinnen. "Ich bin schon auf dem Wagen mitgefahren und bei einer Fußgruppe mitgelaufen. Die Fußgruppe hat den unmittelbaren Kontakt zum Publikum."

Bleibt also nur abzuwarten, wie die Kevelaerer ihren neuen Karnevalszug finden. Anmeldungen für Gruppen nimmt die Zugleitung übrigens noch bis zum 14. Februar entgegen.

(bimo)
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