Kleve Kein Kavaliersdelikt

Kleve · Wer nach einem Unfall mit seinem Auto flüchtet, begeht eine Straftat – wer eine Unfallflucht vortäuscht auch. Etwa 50 Prozent der Fälle werden aufgeklärt. Bernd Hagen von der Klever Polizei ist Spezialist für Unfallfluchten.

Schnell muss er arbeiten. Wenn Bernd Hagen, Sachbearbeiter für Unfallflucht bei der Polizei in Kleve, einen neuen Fall bekommt, drängt die Zeit. Er nimmt nicht nur die Anzeige auf, sondern macht, wie auch die Polizeistreifen, Fotos des Schadens, misst die Schäden aus, stellt Lackreste und Glasteile sicher.

Verräterische Fundsachen

Aber nicht nur kleine Splitter werden am Tatort zurück gelassen, auch Seitenspiegel und Stoßstangen hat Hagen schon an Unfallstellen gesichert. Dumm für den Flüchtigen: Jedes Fahrzeugteil ist mit einer Seriennummer gekennzeichnet.

Für den Spezialisten ist es dann ein Leichtes, das Modell des Pkw zu bestimmen. Danach kann Hagen das Bundeskriminalamt in Flensburg anschreiben, das ihm eine Liste mit Fahrzeughaltern schickt, auf die die Angaben zutreffen. Auch Sachverständige oder Gutachter können hinzugezogen werden. Wenn es sonst keinen Hinweis geben sollte, muss Hagen bei den Werkstätten und Schrottplätzen der Umgebung Klinkenputzen. Optimal ist natürlich, wenn Zeugen sich das Kennzeichen des flüchtigen Unfallverursachers gemerkt haben – dann muss Bernd Hagen nur die Zeichenkombination in seinen PC eingeben und schon hat er den Namen des Fahrzeughalters. „Wenn jemand ermittelt wird, muss er mit empfindlichen Strafen rechnen, das kann den Verlust des Führerscheins bedeuten“, so van Baal, Sprecher der Kreispolizei Kleve.

„Manchmal ist es eine Sisyphusarbeit für den Sachbearbeiter, der die Puzzleteile zusammensetzt“, so van Baal weiter. Auch Fälle, in denen eine Unfallflucht erfunden wurde, um einen selbst verursachten Schaden zu vertuschen, sind nicht selten. Vor Kurzem habe ihn eine Dame aufgesucht, die einen senkrechten Lackschaden hatte, erinnert sich Hagen.

Vortäuschen einer Straftat

Dass es weniger ein anderer Pkw als ein Baum oder Begrenzungspfahl sein konnte, war dem Experten schnell klar. Die Folge: Eine Strafe für das Vortäuschen einer Straftat – und das wird in der Regel härter geahndet als eine gewöhnliche Unfallflucht mit Lackschäden, denn hier kann von einem Vorsatz ausgegangen werden.

Was tun, wenn es doch mal kracht? Wenn der Geschädigte selbst nicht am Unfallort ist, dort warten, und am besten auch sofort die Polizei rufen. „Dann erwartet den Unfallfahrer zwar meist ein Verwarngeld von etwa 20 Euro, aber dafür ist er vor Strafverfolgung sicher.“ Die Versicherung übernimmt schließlich zumeist die Schadensregulierung.

„Unfallflucht ist ein ziemlich häufiges Delikt, mit einer relativ großen Dunkelziffer“, weiß van Baal. „Aber wir gehen jedem Hinweis nach, für uns ist jeder Schaden gleich“, schickt Hagen hinterher.

(RP)
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