Kreis Kleve Katzys Sturz - ein abgekartetes Spiel ?

Kreis Kleve · Der SPD-Kreistagsfraktionschef unterlag bei der Delegiertenversammlung in Kleve seinem Gegner Josef Berg mit 25:29. Beim Neujahrsempfang der SPD wird Kreisparteichefin Barbara Hendricks heute Abend ihren Rücktritt ankündigen.

 Leidenschaftlicher Redner: Roland Katzy wird nicht mehr in den Kreistag einziehen können.

Leidenschaftlicher Redner: Roland Katzy wird nicht mehr in den Kreistag einziehen können.

Foto: Gottfried Evers

Gestern Vormittag — eigentlich "nur" der Jahresempfang der Kreis Klever SPD-AG 60plus. Er wurde zu einer Kondolenzveranstaltung. "Was haben die mit dir gemacht?" — eine Frage, die Roland Katzy, der alte Fahrensmann der SPD, die jahrzehntelange Galionsfigur, immer wieder hörte. Er hielt sich zurück. Genau so wie im Gespräch mit der RP gestern. Und auch heute wird sich Katzy zurückhalten. Der Neujahrsempfang der Kreis-SPD am Abend im Klever Kurhaus wird für ihn zum Spießrutenlaufen. Denn als Kreistagsfraktions-Chef muss er ans Rednerpult. Gerade geköpft, und dann ein offizieller Auftritt — kein Vergnügen.

Vergnügen? Leicht hat es sich der 69-jährige Katzy, der nun Geschasste, stattliche 35 Jahre lang nicht gemacht. Zehn Jahre war er für die SPD im Klever Stadtarat, 25 Jahre im Kreistag, davon 15 Jahre als Vorsitzender der SPD-Fraktion. Letztlich 25 Jahre als Oppositionsführer. Katzy scheute in all den Jahren nie die öffentliche Auseinandersetzung. Den Kampf mit offenem Visier.

Den scheute offenkundig aber die SPD selbst. Wie die RP erfuhr, war Katzys innerparteiliche Hinrichtung (er unterlag mit 25:29 Stimmen seinem Kontrahenten Josef Berg) während der Delegiertenversammlung der Klever SPD nur nach außen hin eine Sensation. Sie war intern offenbar abgekartet, von langer Hand geplant. Christian Nitsch und Norbert Killewald sollen beteiligt gewesen sein — und, wie aus wirklich gut informierten SPD-Kreisen zu erfahren war, ebenso kräftig Brigitte Wucherpfennig. Die SPD-Stadträtin, Schwester der Parteichefin Barbara Hendricks, soll ebenfalls daran kräftig gedreht haben.

Wucherpfennig und Katzy waren schon lange Konkurrenten, irgendwie. Sie trat als Europawahl-Kandidatin an, nachdem Katzy es nicht mehr tat. Er war der erste Kreis Klever Sozialdemokrat, der als Bewerber für Brüssel in die politische Bütt ging, damals, 1979. Auch bei der zweiten Europawahl trat er an. Als später Brigitte Wucherpfennig Kandidatin werden durfte, hatte ihr jemand einen (vermeintlich) absolut sicheren Listenplatz "besorgt", ganz anders als Katzy damals. Sie scheiterte. Weil die SPD so grottenschlecht abschnitt.

Geschichte. Katzy wird das alles nicht kratzen. Dass er "betroffen ist, traurig, enttäuscht, entsetzt, dass es weh tut" — das räumte er gestern ein. Ansonsten — kein böses Wort über die Partei, vor allem nicht über das Verfahren. "Dass ich einen Gegenkandidaten haben würde, wusste ich natürlich", sagte er nur. Dass der Applaus für seine "Kandidatur-Rede" und das Wahlergebnis so gar nicht zusammenpassten, das spricht für sich. Katzy spricht nicht darüber.

Heute Abend, beim SPD-Empfang, wird dann ein neues Thema die Gespräche beherrschen: Barbara Hendricks wird als aktuelle SPD-Umweltministerin nicht mehr als Kreisparteichefin im Amt bleiben und ihren Rücktritt ankündigen. Spannend wird in jedem Fall später sein, welchen Applaus Katzy bekommt. Auch NRW-Innenminister Ralf Jäger hält eine Rede. Und spannend wird sein, wie die "Delegiertenkonferenz Kreistag" am kommenden Samstag ab 10 Uhr im Klever Kolpinghaus mit Katzy umgeht. Da wird sich auch der vom Kreisvorstand vorgeschlagene neue Spitzenkandidat für die Landratswahl, Jürgen Franken, zur Wahl stellen.

Und sicher wird nach der Kommunalwahl am 25. Mai interessant, was mit Gerd Engler passiert. Der als langjähriger profilierter Caritas-Suchtexperte und Nonkonformist bekannte Gocher wurde vor kurzem noch als Vize-Fraktionschef der SPD-Kreistagsfraktion gewählt. Er löste den langjährigen "Kronprinzen" Bodo Wißen ab, der bekanntlich in die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union in Brüssel als Leiter des fachpolitischen Bereichs Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr wechselte.

Tatsache ist: Nach der Kommunalwahl braucht die SPD-Kreistagsfraktion erstmals seit 15 Jahren einen neuen Chef.

(RP)
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