Paukenschlag in Karlsruhe BGH hebt Urteile wegen illegaler Zigarettenfabrik in Kranenbug auf

Update | Kleve/Kranenburg · Der Bundesgerichtshof hat die Urteile im Prozess um eine der größten jemals in Deutschland entdeckten illegalen Zigarettenfabriken in Kranenburg aufgehoben. Eine andere Wirtschaftskammer des Landgerichts Kleve muss die Sache nun neu verhandeln.

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Zoll nimmt illegale Zigarettenfabrik in Kleve hoch

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Der Bundesgerichtshof hat Urteile im Prozess um eine der größten jemals in Deutschland entdeckten illegalen Zigarettenfabriken aufgehoben. Das Landgericht Kleve hatte zwölf Männer im Mai vergangenen Jahres zu je zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie an der illegalen Produktion in Kranenburg mitgewirkt haben sollen. Der Bundesgerichtshof sprach einzelne Männer dagegen in einer Reihe von am Donnerstag veröffentlichten Beschlüssen frei und hob die Urteile auf, teils aus formalen oder verfahrensrechtlichen Gründen. Eine andere Kammer des Landgerichts muss die Sache nun neu verhandeln.

Mehr als zehn Millionen illegale Zigaretten hatten Zollfahnder im August 2020 beschlagnahmt, als sie eine heruntergekommene Halle in Kranenburg stürmten. Am Einsatz, der sich aufgrund der umfangreichen Maßnahmen über mehrere Tage erstreckte, waren über 200 Kräfte der Zollverwaltung, der Bundespolizei sowie des Technischen Hilfswerks beteiligt. Auch die Spezialeinheit des Zolls war bei der Durchsuchung in Kranenburg im Einsatz.

Einer der Angeklagten während des Prozesses.

Einer der Angeklagten während des Prozesses.

Foto: dpa/Frank Christiansen

Die Hintermänner der Fabrikanlage blieben allerdings im Dunkeln. Die zwölf Angeklagten aus der Ukraine und aus Polen waren wegen Steuerhinterziehung, Steuerhehlerei und Verstoßes gegen das Markengesetz – oder wegen Beihilfe dazu – verurteilt worden. Dem Urteil im Mai 2021 war eine Verständigung samt Strafabsprache vorangegangen. Nach Zusicherung des Gerichts, unter drei Jahren Freiheitsstrafe zu bleiben, hatten die Männer Geständnisse abgelegt.

Mehrere Verteidiger hatten beim Prozessauftakt noch betont, ihre Mandanten seien von der Seriosität der Zigarettenproduktion ausgegangen. Sie seien als Fremdarbeiter in ihren Heimatländern angeworben worden, hätten Arbeitsverträge unterschrieben und seien zum Teil erstmals in Deutschland gewesen. Es handele sich nicht um Mitglieder einer „Zigarettenmafia“, sondern um unbescholtene, hart arbeitende Familienväter, so die Strafverteidiger.

Die Wirtschaftsstrafkammer des Klever Landgerichtes war dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass die Männer angesichts der gesamten Umstände nicht von einer legalen Produktion hätten ausgehen können. Die Zigaretten sollen für den britischen Schwarzmarkt betimmt gewesen sein. Die Preise für Zigaretten und andere Tabakprodukte sind im Vereinigten Königreich aufgrund höherer Steuern noch deutlich höher als in Deutschland.

Der Prozess im vergangenen Jahr fand zwar vor dem Landgericht Kleve statt, vehandelt wurde allerdings nicht auf der Schwanenburg. Der Grund: Es gibt keinen Saal im Klever Gerichtsgebäude, der genug Platz für zwölf Angeklagte mitsamt Verteidigern bietet. Verhandelt wurde deswegen in einem großen Saal des Oberlandesgerichtes Düsseldorf. Wann die Sache nun vor dem Landgericht Kleve neu aufgerollt wird und ob der Platz in der Schwanenburg diesmal ausreicht, ist noch nicht klar.

Klar ist auch nicht, ob alle von der Revision betroffenen Angeklagten zur neuen, noch zu terminierenden Verhandlung erscheinen werden: Nach Informationen unserer Zeitung befindet sich zumindest ein Teil der Männer wieder in der Heimat – unter anderem in der Ukraine. Dort herrscht Krieg, tausende Ukrainer sind bereits gefallen. Und wehrfähige ukrainische Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren dürfen aktuell nicht einfach aus ihrem angegriffenen Heimatland ausreisen.

(lukra/dpa)
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