Stadtarchiv 24-Jähriger digitalisiert Kalkars Historie

kalkar · Bis ins 15. Jahrhundert gehen die Akten und Urkunden des Kalkarer Archivs zurück. Jetzt hat die Einrichtung, die sich ein Haus mit dem Museum teilt, mit Mathis Ingenhaag einen neuen Leiter. Und der ist ziemlich jung.

 Mathis Ingenhaag ist der neue Leiter des Kalkar Stadtarchivs.

Mathis Ingenhaag ist der neue Leiter des Kalkar Stadtarchivs.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Im Grunde sei er ja bloß ein Verwaltungsmitarbeiter, ein Behördenvertreter und Dienstleister. Also keiner, der besonders spannend sei, sagt Mathis Ingenhaag bescheiden. Aber er ahnt, dass seinem Tätigkeitsgebiet doch einige Aufmerksamkeit zuteil wird – nicht erst, seit Teile der Kalkarer Politik eine Umsiedlung des Archivs ins Gespräch brachten. Von der hält der erst 24-jährige Ingenhaag spontan eher nichts, denn das historische Gebäude an der Hanselaerstraße sei von der Stadt ja nicht ohne Grund mit dem Museum zusammengebracht worden. Zwar waren beide städtischen Einrichtungen bis in die 70er Jahre in zwei benachbarten Häusern untergebracht, sie wurden jedoch durch einen später errichteten Zwischenbau zu einem. „Andere Städte haben sehr bewusst Institute für Stadtgeschichte eingerichtet, in denen ebenfalls beide Bereiche zusammengefasst sind“, sagt Ingenhaag. Gar nicht zu reden davon, dass es praktisch sei, wenn das „Ein-Mann-Archiv“ sich für die eine oder andere Unterstützung mal schnell an die Kollegen von Museum oder Touristen-Info wenden könne. Der neue Mitarbeiter jedenfalls sieht vorerst ganz andere Prioritäten bei seiner Arbeit.

„Für die Stadt geht es schwerpunktmäßig darum, dass das Archiv digitaler wird. In zehn bis 15 Jahren werden sicherlich alle Daten online sein, und von einem jüngeren Archivar kann man sicherlich einige Technikaffinität erwarten“, meint Mathis Ingenhaag. Der bisherigen Archivarin Anna Gamerschlag macht er das Kompliment, mit den Mitteln, die der Berufsstand traditionell nutzt, alles sehr gut im Griff gehabt zu haben. „Ich habe hier eine Ordnung vorgefunden, die das Archiv gut nutzbar macht. Man merkt, dass hier jemand mit viel Sachverstand tätig war.“ Sein Auftrag, das Verwaltungshandeln der Stadt auf Dauer transparent und nachvollziehbar zu machen, verlangt für die Zukunft allerdings noch mehr. Zumal auch Bürger und (Heimat-)Forscher komfortabler als bisher in das alte Kalkar abtauchen können sollen.

Mathis Ingenhaag hat sein Abitur 2013 am Berufskolleg Geldern gemacht und dann eine Ausbildung in Form eines Dualen Studiums beim Bundesarchiv absolviert. „Die Praktika fanden an den Dienstorten Koblenz und Berlin statt, das theoretische Studium in Marburg“, erzählt er. Anschließend war der aus Geldern-Kapellen stammende junge Mann, der mehrere Musikinstrumente spielt, noch anderthalb Jahre im Bildarchiv beschäftigt, bevor er nach Kalkar wechselte. „Ich habe schon als Schüler aus Interesse im Geldernerner Stadtarchiv mitgearbeitet, ein oder zwei Nachmittage in der Woche Stefan Frankewitz kleine Arbeiten abgenommen, die sonst liegen geblieben wären“, erzählt er. Die Nachfolgerin des 2013 verstorbenen Historikers und Archivars Frankewitz, Yvonne Bergerfurth, habe ihn dann auch auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, sich auf den in Kalkar durch Gamerschlags Pensionierung frei werdenden Posten zu bewerben. „Gottlob hat es funktioniert, denn ich finde es wunderbar, wieder am Niederrhein zu leben und ein so facettenreiches Arbeitsgebiet eigenverantwortlich weiterentwickeln zu dürfen.“

Drei Räume machen das Kalkarer Stadtarchiv aus, ein etwas größerer mit Schiebeschränken und zwei kleinere, die den Charme vergangener Jahrhunderte haben. Hinter einer metallenen Zugangstür, die eventuelle Besucher mit einem „Kein Zutritt“-Schild begrüßt, befindet sich das erste Räumchen, dessen altertümliche Möblierung demnächst einer freundlicheren Gestaltung weichen soll. Raum zwei ist durch eine mächtige, uralte und reich verzierte Eichentür gesichert, dahinter sind ebenfalls Schreibtische und Schubladenschränke einer vergangenen Zeit zu sehen. „Schlimmer als die antiquierten Möbel ist es aber, dass viele Akten noch in säurehaltigen Kartons aufbewahrt werden. Die müssen wir austauschen“, sagt Ingenhaag. Er hat bereits Urkunden auf Pergament gesichtet, die noch nach 600 Jahren gut zu lesen sind; heutiges Papier ist anfälliger.

Ahnenforscher, Erbe-Ermittler, Schüler oder wer sonst sich für seine Dienste interessiert, werden gebeten, sich vor ihrem Besuch anzumelden, denn Ingenhaag wird auch öfter mal unterwegs sein. Zum Beispiel zu den weiteren Lagerstätten der Kalkarer Akten und Urkunden. Denn längst nicht alles findet im eigentlichen Stadtarchiv Platz. Weshalb der Archivar nicht zuletzt eines leisten muss: auch mal etwas wegwerfen, wenn sich Aufbewahrungsfristen erledigt haben.

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