Ehepaar aus Kalkar stirbt innerhalb von 30 Stunden Verbunden bis in den Tod

Kalkar · Willi Lemm aus Kalkar verstarb an Heiligabend, seine Frau Maria nur 30 Stunden später. 62 Jahre lang waren die beiden verheiratet. Eine Widmung an zwei leidenschaftliche Ehrenamtler.

 Zu Jahresbeginn wurde das Ehepaar im Schatten der St.-Antonius-Kirche im Familiengrab beigesetzt, das von der Nachbarschaft ausgehoben wurde.

Zu Jahresbeginn wurde das Ehepaar im Schatten der St.-Antonius-Kirche im Familiengrab beigesetzt, das von der Nachbarschaft ausgehoben wurde.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Das Phänomen zeitlich eng zusammenhängender Todesfälle innerhalb langer Partnerschaften ist nicht gänzlich neu. Schon lange beschäftigen sie die Wissenschaft und die Medizin. Der Kalkarer Ortsteil Hanselaer erlebte nun einen solchen Fall. Willi Lemm verstarb an Heiligabend, seine Frau Maria nur 30 Stunden später am Ersten Weihnachtstag.

In den Tagen ihrer Krankheit hat Willi Lemm seine Frau bis zum letzten Tag Zuhause umsorgt und gepflegt. Mehr als 62 Jahre lang waren sie verheiratet – und unermüdlich im Einsatz für die Heimat, die Kirchengemeinde und das Dorf. „Maria und Willi Lemm haben ein großes Herz für Hanselaer gehabt. So viel Engagement, wie sie über Jahre hinweg bewiesen haben, ist selten. Dabei waren sie immer bodenständig und ehrlich“, sagt Kalkars Pastor Alois van Doornick. Willi Lemm wurde 85, Maria Lemm 86 Jahre alt.

Wenig verwunderlich ist es also, dass sich die Kirche für das Seelenamt eine besondere Idee einfallen ließ. Ob der Corona-Pandemie fand die Zusammenkunft in der Kirche St. Nicolai statt. Dennoch läuteten – eine Internetaufnahme machte es möglich – die beiden alten Hanselaerer Glocken. Der Grund: 70 Jahre lang hat Willi Lemm zu den Messen mit dem alten Glockenseil eigenhändig geläutet. Zu Jahresbeginn wurde das Ehepaar im Schatten der St.-Antonius-Kirche im Familiengrab beigesetzt, das traditionell dort von der Nachbarschaft ausgehoben wird. Im Kinderwagen dabei war auch das kurz vor Weihnachten geborene Urenkelkind Aurelie, wie die Kalkarer Kirchengemeinde nun mitteilt.

Dass Ehepaare zügig nacheinander versterben, sei Alois van Doornick zu Folge nicht allzu selten. „Ich habe das in meiner Kevelaerer Zeit bereits zwei Mal erlebt. Dennoch ist das immer eine ganz besondere Geschichte“, so der Pastor im Gespräch mit unserer Redaktion. Maria und Willi Lemm bezeichnet die Gemeinde rückblickend als „die besten Förderer“ des 120-Seelen-Dorfes Hanselaer. In der Nachbarschaft des kleinen Lemmschen Bauernhofes hatte die 16-jährige Maria einst als gebürtige Wisselerin auf einem Bauernhof gearbeitet. 1950 lernten sich die beiden kennen, 1958 heirateten sie in der St.-Clemens-Kirche in Wissel, 1959 und 1961 kamen die Söhne Johannes und Hubert auf die Welt. Die Lemms lebten von einer kleinen Landwirtschaft, nebenbei brachte auch noch Arbeit im Kieswerk in Wissel und auf einem Bauernhof in Kalkar Geld in die Familienkasse.

Gleich nach ihrer Hochzeit übernahm Maria ein halbes Jahrhundert lang den im Hause Lemm heimischen Küsterdienst für die gotische St.-Antonius-Kirche, während er sich als Kirchenvorstandsmitglied um den Friedhof sorgte. Mit der Dorfgemeinschaft Hanselaer kümmerte sich das Ehepaar Lemm auch um die neue Außenmauer und die Friedhofsgestaltung, um das alte Küsterhaus und um die Pflege des Inneren. „Es gab eigentlich keine Aufgabe, zu der Willi und Maria Lemm nicht bereit gewesen wären. Was sie für die Gemeinschaft geleistet haben, bleibt unvergessen“, sagt Alois van Doornick. Neben den Überlegungen zur Historie und den Erneuerungen an der Kirche zeichnete das Ehepaar auch für den Putzdienst und die Friedhofspflege verantwortlich.

Maria Lemm avancierte außerdem zusehends zu einer Kennerin der Geschichte der Dorfkirche. Dort bot sie gar Führungen an. Wenig verwunderlich also, dass die Stadt Kalkar dem Ehepaar für das ehrenamtliche Engagement bereits 2008 die Ehrenplakette überreichte.

„Viele Kalkarer erinnern sich mit Hochachtung und Dankbarkeit an Maria und Willi Lemm, die sich unverlierbar in die tausendjährige Hanselaerer Kirchengeschichte eingeschrieben haben“, sagt Alois van Doornick.

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