Weltmeisterschaft in Kalkar Leistungssport in Cowboystiefeln

Kalkar · Bei der Country Dance Weltmeisterschaft in Kalkar kamen Tänzer aus aller Welt zusammen, um sich zu messen. Trotz allen Ehrgeizes wurde es ein Treffen voller Herzlichkeit.

 Zwei Tänzer präsentieren bei der 15. Country Dance Weltmeisterschaft im Wunderland Kalkar der Jury ihr Können. 

Zwei Tänzer präsentieren bei der 15. Country Dance Weltmeisterschaft im Wunderland Kalkar der Jury ihr Können. 

Foto: Markus van Offern (mvo)

Michelle Herrmann und Florian Fange schweben über die Tanzfläche. Herrmanns rotes Kleid wirbelt durch die Luft, sie und ihr Tanzpartner strahlen über das ganze Gesicht. Aus den Boxen schallt getragene Countrymusik. Die warme Stimme des Sängers versichert „Don‘t worry baby“ – mach dir keine Sorgen, mein Schatz. Beunruhigt wirken die beiden Tänzer nicht, vielmehr hochkonzentriert.

Es geht für sie um nichts weniger als einen Titel im „Partner Dance“ bei der Weltmeisterschaft im Country Dance. Gemeinsam mit rund 200 Tänzern aus aller Welt haben sich Herrmann und Fange in der Messehalle vom Wunderland Kalkar versammelt. Herrmann nimmt erst zum zweiten Mal an einem Tanzwettbewerb teil. „Entsprechend aufgeregt war ich vor dem Auftritt“, sagt die 24-Jährige, nachdem sie der Jury gleich sechs unterschiedliche Tänze hintereinander präsentiert hat.

Hermann und ihr Partner sind trotz anfänglicher Nervosität zufrieden mit ihrem Auftritt. Fange selbst ist schon lange mit dabei, stand mehrfach auf internationaler Bühne im Rampenlicht. Vor fünf Jahren wurde er Weltmeister im Linedance und trägt außerdem den Titel des Deutschen Meisters. Jetzt sucht er eine neue Herausforderung, will nicht nur alleine bei Auftritten mit anderen Tänzern in einer Linie (Englisch: Line) überzeugen. Der Country Dance habe ihn bereits in jungen Jahren begeistert. „Damals hatte ich eine typische Cowboy-und-Indianer-Phase“, sagt der heute 26-Jährige und grinst. Jetzt treibe ihn vor allem der Ehrgeiz und Spaß am Sport an. 

 Julia Oertel und der Texaner Rowdy Dufrene nahmen ebenfalls am Wettbewerb teil.  Foto: van Offern

Julia Oertel und der Texaner Rowdy Dufrene nahmen ebenfalls am Wettbewerb teil. Foto: van Offern

Foto: Markus van Offern (mvo)

Die Freude ist allen Tänzern in der Halle deutlich anzusehen. Nach den Auftritten klopfen sich die Sportler auf die Schulter, loben die Leistung des anderen. Die Teilnehmer sprechen von einem großen Familientreffen. Um mit dabei zu sein, legten einige von ihnen tausende Kilometer zurück. Johan Labuschogne hat 32 Stunden von seiner Heimat Südafrika bis nach Kalkar gebraucht. „Doch das war es wert“, sagt der 48-Jährige und lächelt müde. Er liebe die Tanzschritte, die internationalen Begegnungen und nicht zuletzt die Country Musik, die überall in der Messehalle zu hören ist. „In jedem Lied wird eine Geschichte erzählt, man hat die Situation des Sängers oder der Sängerin immer genau vor Augen“, sagt der Tanzlehrer.

Dass es bei der Country Dance Weltmeisterschaft um mehr als perfekte Schrittfolgen geht, sehen Besucher schon im Eingangsbereich. An Ständen werden hier Cowboyhüte, Western-Tanzstiefel und Gürtelschnallen angeboten. Die US-amerikanischen Ursprünge der Tanzrichtung sollen gepflegt werden. „Zum Sport gehört eben auch Tradition“, sagt Hermann Falkenberg, Präsident der World Country Dance Federation. Falkenberg selbst trägt einen Hut mit breiter Krempe. Seine Augen leuchten, wenn er von den Reisen mit seiner Frau nach Oklahoma erzählt. Erstmals mit dem Tanz in Berührung gekommen ist der Niederländer 1979 durch seinen Job beim US-Militär. Inzwischen umfasse sein Verband 1400 Wettbewerbstänzer. Was allerdings fehlt, ist der Nachwuchs: „Früher wären hier 500 Kinder durch die Halle gelaufen“, sagt Falkenberg. Die Jugend komme kaum mit Country Musik in Berührung, tanze lieber zu Hip-Hop.  Auch Michelle Herrmann und Florian Fange wirken bei der Frage nach Nachwuchstänzern etwas ratlos. „Es gibt natürlich einige Vorurteile. Jungen, die tanzen wollen, werden oft belächelt“, sagt Fange. „Außerdem denken viele bei Country Dance an johlende Cowboys in einer Scheune.“ 

Dass dieses Bild nicht der Wahrheit entspricht, wird bei der Weltmeisterschaft schnell klar – ein Blick auf die Tanzfläche reicht. Geschmeidig lässt sich hier gerade die 63-jährige Pat Quick in die Arme ihres 72-jährigen Ehemanns fallen. Das Fachpublikum jubelt, Quick lacht vergnügt. Die beiden kommen aus den USA, nehmen das erste Mal an einer Weltmeisterschaft teil.  „Country Dance hält geistig und körperlich fit“, sagt Quick. Sie ist etwas außer Atem, aber bereit für den nächsten Tanz. „Ich habe beim Wettbewerb drei Tanzpartner. Alleine deswegen hat sich die Reise gelohnt“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

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