Jubiläum 125 Jahre: Kässbohrer feiert in Goch

GOCH · 1998 hatte Tirsan in Goch den Betrieb aufgenommen, 2002 übernahm die türkische Gruppe den Fahrzeugbauer Kässbohrer. Dieser Name macht das Geschäft in Europa leichter. Jubiläum in Goch.

 Beim Firmenjubiläum in Goch führt Iffet Türken die Gäste über das Betriebsgelände. 2500 Trailer sollen in diesem Jahr ab Goch ausgeliefert werden.

Beim Firmenjubiläum in Goch führt Iffet Türken die Gäste über das Betriebsgelände. 2500 Trailer sollen in diesem Jahr ab Goch ausgeliefert werden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Wie ist das möglich: Die Tirsan-Gruppe ist 41 Jahre alt, feierte jetzt in Goch aber ihr 125-jähriges Bestehen. Weil sie 2002 ein Unternehmen übernahm, dessen Name in Europa einfach bekannter war und heute wieder einen guten Klang hat: Kässbohrer. In Goch ebenso wie am zweiten deutschen Produktionsort Ulm verlässt sich der in der Türkei angesiedelte Mutterkonzern auf den Namen des bekannten Fahrzeugherstellers und ist damit zurzeit sehr erfolgreich. Zum 125-jährigen Kässbohrer-Firmenjubiläum waren jetzt einige Wegbegleiter eingeladen. Auch solche, die damals, 1998, die Ansiedlung von Tirsan begleiteten.

Iffet Türken gehört dem Vorstand der türkischen Tirsan-Gruppe an. Ebenso wie Geschäftsführer Derun Unlüer ist sie seit Jahrzehnten dabei und kennt sich bestens im Unternehmen aus. Sie hielt deshalb auch den Vortrag vor den Gästen und gab auch der Rheinischen Post einen Überblick darüber, wo Kässbohrer heute steht und wo man hin will. Eine kurze Betriebsbesichtigung zeigte den Besuchern, dass es dem Unternehmen, das einige Zeit ganz aus dem Gocher Blickfeld verschwunden war, offenbar wieder gut geht.

„Als 1996 die Entscheidung für Goch fiel, lag das daran, dass wir hier in der Mitte von Deutschland, Belgien und den Niederlanden liegen. Für ein Logistikunternehmen sind kurze Wege ganz wesentlich“, erklärt sie. Der damalige Bürgermeister Rudolf Lange und Stadtbaurat Klaus Krantz ebneten den Weg und verkauften den Investoren gut 100 000 Quadratmeter Fläche im Gewerbegebiet. In den kommenden Jahren wurden zwei Hallen gebaut und bis zu 160 Mitarbeiter eingestellt, die Lkw-Auflieger montierten. Die erste europäische Produktionsstätte in Europa entwickelte sich so gut, dass Tirsan 2002 den Tank- und Silowagenhersteller Kässbohrer dazu nahm, 2003 Talson, Spezialist für geschlossene Box-Trailer. Letzter Zukauf war das örtliche Unternehmen Hendricks, Hersteller für Behälterfahrzeuge. Mit ihm übernahm Tirsan/Kässbohrer auch eine Reihe dringend gesuchter Mitarbeiter. Dann kam die Wirtschaftskrise, die mit einem großen Auftragseinbruch und Stornierungen einher ging. 2009 war erst einmal Schluss mit dem Fahrzeugbau in Goch, doch innerhalb weniger Jahre vollzog sich die Genesung der Branche. Schon 2014 wurde wieder kräftig produziert und ausgeliefert, die Mitarbeiterzahl stieg auf inzwischen wieder 70 an. „Es ist sehr schwierig, genügend Leute zu finden, der Bereich Personal ist nicht nur in unserer Firma das größte Problem“, sagt Iffet Türken.

Kässbohrer exportiere heute von Goch aus in 20 Länder, insgesamt in 55. Die in der Türkei vorgefertigten Auflieger werden in Goch montiert und zertifiziert, sind also „made in Germany“. Das Werk Ulm - wichtig für den süddeutschen Raum und Südeuropa - kam 2017 hinzu. „Goch bleibt aber unser Hauptort in Deutschland“, sagt Türken, die von einer weiter positiven Entwicklung ausgeht. „Wir werden weiter in unsere Standorte investieren und wachsen“, sagt sie.

Um die Personalbeschaffung voranzutreiben, kooperiere Kässbohrer mit der Hochschule Rhein-Waal und der Technischen Hochschule Aachen. Zum Beispiel würden den Studenten Praktikumsplätze angeboten.

Grundsätzlich sei das Unternehmen stark international ausgerichtet. „Wir müssen ohne Grenzen denken, Netzwerke bilden und multikulturell agieren“, findet sie. Frauen in leitenden Positionen seien für Tirsan-Eigentümer Cetin Nuhoglu übrigens völlig normal. Sie, die sich auch in Fachverbänden engagiert, sei da beileibe nicht die einzige.

Nach Angaben der Geschäftsführung ist Kässbohrer derzeit der viertgrößte Trailerhersteller in Europa, produzierte 2017 mehr als 13 000 Trailer. „2500 davon werden in diesem Jahr allein von Goch aus ausgeliefert“, sagt Türken.

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