Zellenbrand in JVA Kleve Zu Unrecht Inhaftierter hat tödliches Feuer selbst gelegt

Düsseldorf · Es sei ausgeschlossen, dass ein Kurzschluss zu dem Unglück geführt habe, erklärte NRW-Justizminister Peter Biesenbach. Der Syrer harrte 15 Minuten in dem Feuer aus, bevor er auf sich aufmerksam machte.

JVA Kleve: Feuer in Gefängnis-Zelle - Feuerwehr löscht Brand
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Feuer in Gefängnis in Kleve - Elf Personen verletzt

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Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der wegen einer Verwechselung wochenlang inhaftierte Syrer, der nach einem Zellenbrand starb, legte das Feuer selbst. Das ergibt sich aus einem  am Montag veröffentlichten Bericht des NRW-Justizministeriums an den Landtag. Das 60-seitige Papier soll am Mittwoch im Rechtsauschuss diskutiert werden. Laut einem Gutachten habe der junge Syrer sehr kurz nach 19 Uhr am 17. September selber mit einem Feuerzeug ein Feuer an seiner Metratze gelegt. Es sei ausgeschlossen, dass ein Kurzschluss zu dem Unglück geführt habe, erklärte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Erst gegen 19.19 Uhr habe der Syrer dann das Wachpersonal versucht, mit einer Gegensprechanlage zu erreichen – doch dieser Anruf wurde von einem Mitarbeiter nach wenigen Sekunden weggedrückt weil dieser gerade mit einem anderen Häftling ein Telefonat führte. Erst einige Minuten später wurde die Einzelzelle dann geöffnet – wahrscheinlich weil Häftlinge einer anderen Zelle im Stock darüber den starken Rauch gemeldet hatten. Amed A. kam den Wärtern taumelnd entgegegen, zwei Wochen später starb er im Krankenhaus. „Dieser Tragik kann sich keiner entziehen“, sagte Biesenbach, dem der Tod des Mannes offensichtlich noch immer nahe geht.

Biesenbach erklärte, er wolle alles tun, damit die Verwechselung des jungen Mannes und dessen Tod aufgeklärt werden. Er verwahrte sich gegen Vermutungen der Opposition, dass die Affäre vertuscht werden solle. So habe er nur Informationen der Justizvollzuganstalt weitergegeben, als er anfangs gesagt hatte, Amed A. habe die Gegensprechanlage nicht bedient. Er bezeichnete es selbst als „unbefriedigend“, dass nicht sicher ist, wann die Zellentür von Amed A. geöffnet wurde, um ihn zu retten. Protokolliert wurde nur, dass die Feuerwehr um 19.23 Uhr gerufen wurde - also vier Minuten nach dem erfolglosen Kontaktversuch.

Obwohl zumindest denkbar ist, dass ein JVA-Mitarbeiter den Anruf des Syrers verschwiegen hatte, um sich vor möglichen Vorwürfen zu schützen, stellte sich Biesenbach deutlich hinter die Mitarbeiter der JVA Kleve: Einige hätten schwere Rauchverletzungen erlitten, als sie Amed A. aus der brennenden Zelle holten. Es gäbe keine Hinweise, dass in der Zelle Beweise manipuliert worden seien. Darum halte er die Suizidthese des Gutachtens für schlüssig.

Die Grünen im Landtag halten an der Überlegung fest, zum Schicksal von Amed A. möglicherweise einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Dies erklärte nach Vorlage des Berichtes Stefan Engstfeld, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Er hält die Aussage für „lebensfremd“, dass Amed A. während der Zeit als Unschuldiger in Haft niemals nach seinem Anwalt gefragt haben soll. Ein Grund dafür könnte laut Justizminister Biesenbach darin liegen, dass mehrere Frauen ihm sexuelle Belästigung und Nachstellungen vorgeworfen hatten. Außerdem hatte Biesenbach erklärt, es gäbe sehr widersprüchliche Informationen dazu, ob Amed A. seelisch gestört gewesen sei.

Der Bericht erklärt, warum Amed A. keinen Kontakt zu seiner Familie gesucht hatte. Er habe dies abgelehnt, wird festgehalten.

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