Jazz-LP aus Kleve Jazz-Film im Klever Kino lotet musikalische Grenzen aus

Kleve · Daniel Ziegler und Andreas Steffens stellen ihren Film „Contakte#21“ im Tichelpark vor. Dazu ist auch eine Langspielplatte erschienen.

 Daniel Ziegler und Andreas Steffens.

Daniel Ziegler und Andreas Steffens.

Foto: Veranstalter

Man solle ihn nicht falsch verstehen: Profitiert habe von Corona niemand – das war Saxofonist Andreas Steffens ganz wichtig zu betonen. Dennoch boten die Pandemie und der damit verbundene Wegfall großer Live-Acts auch Chancen für die „kleineren“ Musiker: Plötzlich standen Fördertöpfe zur Verfügung, die die künstlerischen Randbereiche unterstützen sollten, „und dann kamen sogar Leute wie wir dran“.

Einem Förderprogramm des Landes NRW verdankt auch der Musik-Film „Contakte#21“ seine Existenz, den Steffens gemeinsam mit Jazzer Daniel M. Ziegler und Kameramann Frank Wiedemeier im Tichelpark-Kino vorstellte. Oliver Kretschmann, der zur Musik von Ziegler und Steffens eindrucksvolle abstrakte Projektionen schuf, fehlte wegen einer Corona-Infektion.

Unterhaltsam erzählten die drei Künstler von der Entstehung des Films, ihrer Zusammenarbeit und früheren gemeinsamen Projekten. Etwa einem Streamingkonzert aus der Reihe „moving sounds“ (auch in Pandemiezeiten entstanden), produziert unter Tage im Lehrstollen Kamp-Lintfort. Großes Kino: Daniel Ziegler, der mit Grubenhelm und E-Gitarre über das Steigerlied improvisiert – kombiniert mit Pressluftbohrer und kreischenden Maschinen.

Im rund dreißigminütigen Hauptfilm setzte sich Lichtkünstler Oliver Kretschmann mit der „Kontakt“-Problematik während der Pandemie auseinander. Warnschilder, die zu Maske und Abstand aufforderten, flackerten über die nächtliche Fassade der Hochschule Rhein-Waal, im leeren Kontakt-Café der Caritas flimmerten schwarz-weiße Tüpfelbilder über die Wände. Sogar die unangenehme Prozedur des „Nasentests“ wurde überlebensgroß auf die weiße (Lein-)Wand eines Corona-Testzelts projiziert.

Futuristisch tuckerte und pochte dazu die Musik: viel synthetisches Rauschen, Fiepen, Tropfen und Klicken, dazwischen Melodiefragmente und tiefe, erdige Beats. Im letzten Song wurde es sogar richtig harmonisch – mit zwei tanzenden Schauspielern im Theater im Fluss und einem Projektionsballett aus farbigen Stäben, Rechtecken und Streifen.

Dass Daniel Ziegler und Andreas Steffens getreu ihren Vorbildern Cage, Stockhausen und Morton Feldman nicht nur musikalische Grenzbereiche erkunden, sondern auch beim Publikum Grenzen austesten, ist ihnen bewusst. „Wir wissen durchaus, was wir Ihnen hier zumuten“, so Steffens, der wie sein Kollege gelernter Jazzmusiker ist: „Eigentlich können wir richtig schön spielen.“ Doch gerade das Experimentieren mit Klängen, Geräuschen und anderen Genres sei etwas ganz Persönliches, das ihnen besonders am Herzen liege. „Wenn man uns lässt, machen wir sowas.“

Zu sehen gibt es den Film nun auch online unter www.contakte21.de. Wer die Musik zusätzlich ohne Bilder erleben und besitzen will, kann außerdem die gleichnamige Vinyl-Schallplatte erwerben.

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