Bürgerinitiative gegen Windkraft „Keine Industrieanlagen im Wald“

Kranenburg · John Tampoebolon ist Vorsitzender der Initiative „Gegenwind im Reichswald“ und sieht neue Gefahren für den Forst.

 John Tampoebolon steht auf der Fläche abseits des Kartenspielerwegs, wo einst ein Testmast aufgebaut war.

John Tampoebolon steht auf der Fläche abseits des Kartenspielerwegs, wo einst ein Testmast aufgebaut war.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Das Thema „Windkraft im Reichswald“ schien beendet. Die Fläche am Kartenspielerweg in Kranenburg ist im aktuellen Regionalplan nicht als Vorrangzone für den Bau von Windrädern ausgewiesen. Der Regionalrat hatte es bei der Fortschreibung des Plans so entschieden. Als engagierter Kämpfer für die alternative Energiegewinnung startet Bürgermeister Günter Steins jetzt einen neuen Versuch, das Projekt vor dem Ende seiner Amtszeit noch auf den Weg zu bringen (wir berichteten).

Wie Steins auf der einen Seite kämpft John Tampoebolon auf der anderen gegen den Bau der Türme im Forst. Er will auch den nächsten Anlauf verhindern. Doch geht es dem Niederländer nicht allein um die Pläne am Kartenspielerweg. Auch die jetzt aktuellen Bestrebungen, in Nierswalde und Reichswalde Anlagen zu errichten, will die Bürgerinitiative Gegenwind stoppen.

Zur Person: John Tampoebolon ist 54 Jahre, wohnt in Kranenburg, arbeitet als Masseur und betreibt zusätzlich eine „bed & breakfast“-Unterkunft. Er ist Vorsitzender der Initiative „Gegenwind im Reichswald“.

Warum wurden Sie Mitglied der Bewegung?

JOHN TAMPOEBOLON Vor fünf Jahren habe ich eine Info-Versammlung besucht, an der ABO Wind als Investor und die Gemeinde beteiligt waren. Als dort die Pläne für den Bau des Windparks diskutiert wurden, war mir sofort klar, das musst du verhindern.

Das Ziel wurde erreicht. Warum trifft sich die Initiative jetzt wieder mehrmals?

Tampoebolon Das Projekt lebt wieder auf. Der Kranenburger Bürgermeister hat die Pläne aus der Schublade geholt und versucht gerade nochmals, sie umzusetzen. Die Absicht ist, das Vorhaben jetzt als Bürgerwindpark zu verkaufen. Nach dem damaligen Ablehnungsbescheid, bemüht er sich darum, den Kreis Kleve und den Regionalrat umzustimmen.

Wie schätzen Sie die Chancen auf eine neue Bewertung der Behörden ein?

Tampoebolon So wie es sich darstellt, gibt es hier kaum eine. Hans-Hugo Papen, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Regionalrat, hat uns das ebenso bestätigt, wie auch der Kreis. Es gibt keine Anzeichen für eine Änderung des Regionalplans, die notwendig wäre. Das Unternehmen ABO Wind hat zwar gegen die erste Ablehnung des Bauantrags Einspruch eingelegt, diesen jedoch zunächst zurückgezogen.

Wegen der aktuellen „Fridays for Future“-Bewegung sind Windkraftprojekte populär. Windräder liefern weitgehend CO²-freien Strom.

Tampoebolon Der Bau von Windturbinen im Wald ist Unsinn. In Deutschland werden drei Prozent der Energie – wohlgemerkt der Energie – aus Windkraft erzeugt. Es ist ein so geringer Ertrag wie vor fast zehn Jahren. Strom aus Wind zu produzieren, ist sinnvoll. Doch dürfen die Anlagen nicht überall stehen.

Bei der Stelle am Kartenspielerweg heißt es stets, es handele sich hier um minderwertigen Waldbestand.

Tampoebolon Der Reichswald ist ein Mischwald, und da ist jedes Stück wichtig. Zumal dort auch Laubbäume stehen. Der Wald trägt zur biologischen Vielfalt, zur Sammlung von Feinstaub, zur Sicherung der Trinkwasserqualität, zur Speicherung von CO² oder zu Sauerstoffproduktion bei. Auch das alles gehört zur Bekämpfung der Ursachen und Folgen des Klimawandels.

Sind es die finanziellen Anreize?

Tampoebolon Es scheint mir, dass es in der Gemeinde nur ums Geld geht. Es wird viel damit verdient und die Gemeindekasse gefüllt. Wir wollen keine Industrieanlagen im Wald. Und wenn Kranenburg keine Stellen für den Bau der Räder hat, dann ist das eben so.

Ihr Ansatz der Umwelt zu helfen, ist ein anderer?

Tampoebolon Wir leben in einer Zeit, in der wir keine andere Wahl haben, als die verbliebene Natur zu schützen. Der Reichswald ist Kranenburgs Stärke im Kampf gegen den Klimawandel. Den darf man nicht durch die Realisierung einer Windkraftindustrie schwächen.

Reicht es da aus, lediglich einen Windpark zu verhindern?

Tampoebolon Die Gemeinde sollte den Wald erweitern und mit anderen Gebieten verbinden, vorzugsweise in Zusammenarbeit mit Goch, Kleve, Berg & Dal und Gennep. Auch die EU hat die Notwendigkeit für Naturschutzmaßnahmen erkannt und stellt derzeit Milliarden Euro dafür bereit.

Windpark-Gegner klagen häufig über die bedrängende Wirkung der Anlagen?

Tampoebolon Die empfindet jeder anders. Am Kartenspielerweg stand einst ein Testmast von 140 Meter Höhe. Die neuen Turbinen an der Stelle wären mit 240 Metern wesentlich höher gewesen. Die Folge ist eine Verspargelung der Landschaft. Dieses Gebiet ist durch Staumoränen gekennzeichnet. Wenn Turbinen mit einer Höhe von 240 Metern darin platziert werden, ändert sich der einzigartige Charakter.

Warum machen jetzt mehrere Initiativen mobil?

Tampoebolon Gegenwind im Reichswald hat sich zusammen mit Heimatvereinen und dem Bündnis Pro Reichswald zusammen geschlossen. Es geht jetzt um zwei Flächen in Nierswalde und Reichswalde. Hier werden die Planungen für den Bau der Turbinen konkreter. Dort gehören sie ebenfalls nicht hin. Es sind etliche Bürger, die sich hier engagieren. Zudem wissen wir jetzt auch besser, worauf es ankommt.

Die beiden Orte sind als Vorrangzonen ausgewiesen. Es ist einfacher, für Investoren die Genehmigungen zu erhalten.

Tampoebolon Die Anlagen stehen zwar nicht direkt im Forst, sind aber nahezu davon umgeben. Auch diese Bereiche gehören zum Wald und würden ihn zerstören.

Wie beurteilen Sie die Chancen für die Genehmigungen der Anlagen in Nierswalde und Reichswalde?

Tampoebolon Es gibt Argumente, die dagegen sprechen. So ist etwa der Abstand zu Wohnhäusern in jedem Bundesland unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Abstandsempfehlung von 1500 Metern zu allgemeinen Siedlungsbereichen. Das ist nicht wenig. Auf der anderen Seite ist es politisch gewollt, dass NRW mehr Ökostrom produzieren soll. Ausschlusskriterien könnten wegfallen und es so einfacher werden, die Türme zu bauen.

Bevor hier irgendetwas gebaut wird, könnten die Umweltverträglichkeitsprüfungen für ein schnelles Aus sorgen.

Tampoebolon In Nierswalde haben zumindest zwei Wespenbussarde ihr Revier. Das hat nicht irgendein Naturfreund mit einem Fernglas beobachtet, sondern ausgewiesene Experten. Fachleute, die seit Jahrzehnten Gutachten schreiben und Kartierungen vornehmen. Doch geht es nicht allein um die Greivögel. Es sind Flächen in unmittelbarer Nähe eines Waldes, der eine enorme Erholungsfunktion besitzt.

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