Die Zukunft des Gotteshauses Wenn nur noch der Glaube hilft

Im Reichswalder Pfarrheim wurde über die Zukunft der Herz-Jesu-Kirche diskutiert, der wegen baulicher Mängel der Abriss droht. Stadt verliert Prozess, weil sie das Gebäude kurzfristig unter Denkmalschutz gestellt hatte.

 Ein Gotteshaus ohne Gläubige: Die Reichswalder Herz-Jesu-Kirche wurde nach einem Gutachten zur Statik gesperrt. Mehr als eine Million Euro würde die Instandsetzung kosten. Das Bistum wird eine Sanierung nicht tragen.

Ein Gotteshaus ohne Gläubige: Die Reichswalder Herz-Jesu-Kirche wurde nach einem Gutachten zur Statik gesperrt. Mehr als eine Million Euro würde die Instandsetzung kosten. Das Bistum wird eine Sanierung nicht tragen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Nach zwei Stunden teilweiser emotionaler Diskussion, musste das Vaterunser her, um die verschiedenen Interessenlager wieder zu einen. Das weitverbreitetste Gebet der Christen war der Abschluss einer Gesprächsrunde im Reichswalder Pfarrheim. Thema der Runde war die ungeklärte Zukunft der Herz-Jesu-Kirche. Die Situation stellt sich derzeit wie folgt dar: Aufgrund eines Gutachtens gilt der sakrale Bau als einsturzgefährdet. Das Haus des Herrn braucht Hilfe, denn die Dachkonstruktion befindet sich in keinem tragbaren Zustand mehr. Das Betreten der Kirche ist verboten. Das Bistum Münster will für eine Renovierung jedoch kein Geld ausgeben. Was die Diözese jedoch zu 100 Prozent bezahlen würde, ist ein sakraler Neubau mit einem Anschluss an das Pfarrheim.

Bevor über das Gotteshaus diskutiert hielt Pfarrer Philip Peters einen Gottesdienst, der mit 50 Gläubigen für einen Wochentag ansprechend besucht war. Schon bei seiner Ansprache wies der Geistliche auf den folgenden Austausch hin: Man möge sich doch mit Einsicht und in Gottes Willen begegnen. Nach der Messe wurde es eng im Heim. Die Zahl stieg auf 100 Interessierte, die der Einführung von Peters zuhörten. Der Geistliche betonte: „Ich bin kein Freund davon, die Kirche abzureißen. Sie ist der Mittelpunkt des Dorfes, eine sakraler Raum und ein Zeichen von Gott für die Kinder.“ Doch ließ Peters keinen Zweifel aufkommen, dass er auch die aus Münster kommenden Zeichen zu deuten weiß. Neben dem Problem Dachstuhl sind die Wände feucht und eine Heizungsanlage, die 26 Jahre hinter sich hat, ihren Dienst im Hause des Herrn getan. „Mit einfachen Reparaturen ist es hier nicht getan“, betont der Pfarrer. Ebenso klar, wie das Bistum Stellung bezieht, ist, dass die Gemeinde als Eigentümer die notwendigen Renovierungen nicht  zahlen kann. Auch eine kurzfristige Unterschutzstellung des Gebäudes seitens der Stadt Kleve hatte Münster eher gelassen zur Kenntnis genommen. Zu einer anderen Entscheidung führte die Aktion in Münster nicht.

Wie Diakon Stephan Rintelen erklärte, hatte die Stadt als zuständige Behörde das Gotteshaus kurzfristig unter Denkmalschutz gestellt (wir berichteten). „Das kam ohne ein Gespräch mit uns zu führen. Quasi aus heiterem Himmel“, sagte Rintelen. Durch die Unterschutzstellung konnten mögliche Lösungsansätze nicht weiterverfolgt werden. Es handelte sich um ein schwebendes Verfahren, das sich über Jahre hinweg hätte ziehen können. Die Pfarrgemeinde klagte beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf gegen die plötzliche Entscheidung der Stadt und gewann das Verfahren. Nachdem es der Behörde zunächst nicht schnell genug gehen konnte, die Kirche als denkmalwürdig einzustufen, überließ die Kommune das Gotteshaus anschließend sich selbst. Der Grund für das Gericht, die Unterschutzstellung aufzuheben.

In der Versammlung wurde deutlich, wie emotional verbunden Reichswalder mit dem sakralen Bau sind. Geboren, getauft, geheiratet — die Stationen eines Lebens sollen jetzt den Weg alles Irdischen gehen. So hatten sich Gemeindemitglieder in die Gutachten eingearbeitet und das Urteil von Sachverständigen in Zweifel gezogen. Der Tenor war: Die Kosten für eine Renovierung seien zu hoch berechnet, und die Kirche sei in einem besseren Zustand als sie darstellt wird. Unter anderem wurden Vergleiche mit Fachwerkhäusern und deren Langlebigkeit hergestellt. Einmal Fahrt aufgenommen wurde das Ende der Ortschaft heraufbeschwören: „Erst die Kirche weg, dann der Sportplatz und als nächstes noch die Schule.“

Als eine Stimme der Vernunft zeigte sich Günter Eberlein, Vorsitzender des Heimatvereins Reichswalde. Ein Mann der wahrlich nicht Gefahr läuft, bedeutende Gebäude des Orts einzuebnen, merkte an: „Ist so ein großer Bau notwendig? Ist es nicht viel effektiver, wenn wir etwas schaffen, wo sich alle Vereine des Ortes zu Hause fühlen.“ Man sollte sich zuvor Modelle anschauen, damit einem eine Entscheidung leichter falle. Was die Situation von Reichswalde betrifft, so wird der Technische Beigeordnete der Stadt Kleve, Jürgen Rauer, am 21. April in dem Ortsteil erwartet, um über die Entwicklung der zu sprechen.

Die Entscheidung, was mit dem Gotteshaus geschieht, wird nicht die Gemeinde treffen. Gute Argumente für einen Erhalt ist stets die Abstimmung mit den Füßen. Viele Gläubige in den Gottesdiensten, desto größer auch das Interesse in Münster, eine Kirche zu erhalten.   Angesichts der aktuellen Zahl an Gottesdienstbesuchern deutet nichts darauf hin, dass sich hier in der nächsten Zeit extrem viel ändert. Zweifellos richtig, sagte eine Teilnehmerin am Ende der Diskussion: „Kirche ist mehr als ein Bau. Kirche, das sind die Menschen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort