Kleve Immer weniger Bäcker

Kleve · Die heimischen Betriebe spüren die Konkurrenz der Discounter, der Großbäcker und der Tankstellen. Meister rühren den Teig auch wegen der Sonntagsöffnung nicht mehr an. Gute Qualität bei örtlichen Bäckern.

 Lehrlingswart Gerd Holtmanns mit seiner Auszubildenden Verena Mankow, am Backofen mit Brötchenteiglingen.

Lehrlingswart Gerd Holtmanns mit seiner Auszubildenden Verena Mankow, am Backofen mit Brötchenteiglingen.

Foto: gerhard seybert

Die Statistik zeigt einen dramatischen Abwärtstrend. Während vor 20 Jahren noch 120 heimische Bäcker im Kreis Kleve vor dem Ofen arbeiteten, ist die Zahl der Meister mit eigener Backstube auf nunmehr 36 gefallen. "Bei diesen Unternehmen handelt es sich meistens um Traditionsbetriebe, die seit Generationen im Familienbesitz sind oder um Geschäfte, bei denen wegen des fehlenden Nachwuchses aus eigenen ein Mitarbeiter das Geschäft weiterführt", sagt Gerd Holtmanns, Vorstandsmitglied und Lehrlingswart der Bäcker-Innung Niederrhein. Diese Zahlen beträfen die Firmen, die freiwillig Mitglied der Innung seien. Sie seien aber durchaus repräsentativ. Es gebe viele Gründe, warum der Bäcker an der Ecke den Laden schließe. Durch die Filialen der Großbäcker, das Angebot der Discounter und durch den Verkauf von Backwaren an Tankstellen sei die Konkurrenz angewachsen, so das Vorstandsmitglied der Innung.

Es sei halt bequemer, Brot oder Brötchen gleich beim Gang durch den Supermarkt in den Wagen zu legen, statt noch zum Bäcker zu fahren, sagt Holtmanns. Dadurch sei der Preisdruck auf die heimischen Betriebe gestiegen. Der sei allerdings nicht mehr so stark wie früher, weil auch die Konkurrenz mehr Geld für den Einkauf von Mehl, Zucker oder Milchprodukten zahlen müsse. Allein die Ausgaben für Energie seien in drei Jahren um fast 30 Prozent in die Höhe geschnellt. Auch die Lohnerhöhung von 4,8 Prozent müssten die Bäcker auffangen, erklärt der Unternehmer, der drei Läden in Straelen führt.

Die Erlaubnis, sonntags das Geschäft zu öffnen, habe in den vergangenen Jahren ferner zur Konzentration im Bäckerhandwerk beigetragen, betont Holtmanns. Viele Inhaber hätten es nicht mehr gewollt oder geschafft, an sieben Tagen in der Woche in der Backstube zu stehen.

Obwohl viele Meister das Mehl nicht mehr anrühren, ist die Zahl der Beschäftigten bei den heimischen Bäckern sogar leicht angewachsen. Etwa 1600 Bäcker und Verkäuferinnen sowie Auszubildende verdienten ihre Brötchen bei den heimischen Firmen, sagt das Vorstandsmitglied. Die Mitarbeiterzahl sei gestiegen, weil es mehr Teilzeit-Beschäftigte gebe und weil die Öffnungszeiten verlängert worden seien.

Die Vielfalt des Sortiments, die Tagesfrische der Backwaren und die Beratung der Kunden sprächen dafür, Brot und Brötchen beim ortsansässigen Bäcker zu kaufen, erklärt Holtmanns. Die Geschäfte hätten sich mit zusätzlichen Angeboten zudem auf geänderte Essgewohnheiten eingestellt.

So gebe es mehr Pizza-Snacks oder belegte Brötchen. "Die Qualität sollte das Motiv sein, sich beim ortsansässigen Bäcker zu versorgen", erklärt das Vorstandsmitglied. Denn bei der jüngsten Brot- und Brötchenprüfung im Kreis Kleve seien von fast 160 Proben heimischer Backwaren immerhin 84 Prozent mit gut und sehr gut bewertet worden.

(RP)
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