Sitzung des Kreistags in Kleve Debatte um den „Sumpf der Leiharbeit“

Kleve · Fast drei Stunden diskutierte der Kreistag über das Corona-Krisenmanagement und über die Situation der Leiharbeiter. Der Landrat sieht sich und die Verwaltung ohne Fehler und übt Presseschelte. Die SPD kritisiert ihn scharf.

Ungeteilten Beifall gab es am Donnerstag im Kreistag für die Leistungen der Mitarbeiter in der Kreisverwaltung beim Kampf gegen die Corona-Pandemie. Applaus auch für Dr. Martina Scherbaum, die Amtsärztin des Kreises Kleve, für ihre ausführlichen Erläuterungen zum 20-seitigen Bericht über das Krisenmanagement in den vergangenen Wochen. Landrat Wolfgang Spreen jedoch wurde während der rund dreistündigen Debatte über das Thema von der SPD scharf attackiert. Und teilte selber kräftig aus, auch gegen die Presse.

Der warf der Chef der Kreisverwaltung vor, in Teilen falsch berichtet zu haben. So hält Spreen unter anderem die Verwendung des Begriffs „Arbeitsverweigerung“ für eine Frechheit. Die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes führte er an, was die Möglichkeiten des Kreises bei Begehungen von Leiharbeiterunterkünften und Testungen in Betrieben angeht. Hier hätten die Kommunen bessere Eingriffsrechte. Und hier warf er Emmerich und Kranenburg Versäumnisse vor. Er habe alle Kommunen nach einem Erlass des Landesgesundheitsministeriums am 14. Mai um Informationen gebeten über dort wohnende, aber in niederländischen Schlachtbetrieben tätige Leiharbeiter. Goch habe die entsprechende Liste noch am selben Tag geliefert, Kranenburg erst am 25. Mai, Emmerich am 27. Mai. „Wir haben unsere Aufgaben erfüllt“, beurteilte Spreen die Arbeit der Kreisverwaltung.

Ralf Klapdor (FDP) stimmte Spreen weitgehend zu. Die Kommunikation des Kreises hält er jedoch für verbesserungswürdig. „Die Bürger haben den Eindruck, es werde nicht genügend für ihre Sicherheit getan.“

Heftig kritisierte die SPD den Landrat. „Sie haben eine Behördenrangelei um die Zuständigkeit zu Lasten der Sicherheit der Bürger zu verantworten“, sagte Fraktionsvorsitzender Jürgen Franken. Für seinen Parteifreund Gerd Engler bietet die Corona-Krise die Möglichkeit, in „diesen Sumpf der Leiharbeit“ hineinzuschauen. „Als Kreis und Kreistag müssen wir uns mit der Situation der Leiharbeiter beschäftigen, auch wenn wir nicht originär zuständig sind.“ Ute Sickelmann (Bündnis 90/Die Grünen) sprach über im Kreisgebiet tätige Menschenschinder, deren Auswirkungen lange bekannt seien. Leider hätten in Emmerich alle anderen Parteien eine von den Grünen als Lösung beantragte Wohnraumschutzsatzung abgelehnt. Das Problem der Leiharbeiter-Unterbringung hätte in den Kommunen schon länger eine viel größere Rolle spielen müssen, so CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrike Ulrich. Es sei richtig, dass der Landrat sich den Emmericher Bürgermeister vorgeknöpft habe.

Die oft unzumutbaren Wohnbedingungen der Leiharbeiter hängen laut Spreen auch mit dem Wohnraumangebot zusammen. Hier sei Emmerich eine der Städte gewesen, die das Angebot der KKB nicht annahmen, günstigen Wohnraum – nicht nur für Leiharbeiter – zu schaffen. Die Probleme der Leiharbeiter, so der Landrat, seien seit vielen Jahren ungelöst und würden mit dem Ende der Corona-Pandemie nicht aufhören. „Aber die Lösung dieser Probleme ist nicht Aufgabe des Kreises Kleve.“

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