Kleve-Kellen "Ich bin ein unangenehmer Gegner"

Kleve-Kellen · Winfried Gilles ist seit 33 Jahren Sozialbetreuer des VdK. Er kämpft darum, die Ansprüche seiner Klienten durchzusetzen. Das hat ihn bekannt gemacht. Viele der Verfahren konnte er für die Betroffenen erfolgreich gestalten.

 Winfried Gilles mit dem Teller für den Karl- und Maria-Kisters-Preis. Ehrungen sind ihm gar nicht so recht.

Winfried Gilles mit dem Teller für den Karl- und Maria-Kisters-Preis. Ehrungen sind ihm gar nicht so recht.

Foto: Stade

Dass er vor kurzem geehrt wurde, ist Winfried Gilles gar nicht so recht. Er steht nicht gerne im Mittelpunkt. "Still kommen, viel arbeiten, still gehen", so beschreibt der 77-Jährige sein Motto. Doch dieses Wirken im Hintergrund hat ihn in der Region bekannt gemacht. Seit 33 Jahren kämpft er als Sozialbetreuer des VdK für die Rechte der Menschen. Ehrenamtlich. Für diesen Einsatz wurde er mit dem Karl- und Maria-Kisters-Preis ausgezeichnet.

Mancher wird das vielleicht nicht ganz so gerne gesehen haben. Denn Gilles sagt: "Ich bin ein unangenehmer Gegner." Vor allem für den Kreis Kleve und für Ärzte, wenn die sich querstellen bei der Einstufung der Behinderung. Ein Thema, das Gilles in Rage bringt. Sein Vorwurf: Der Kreis versuche immer wieder, die Ansprüche unter die 50-Prozent-Grenze zu drücken, ab der von einer Schwerbehinderung gesprochen wird. Dann lässt Gilles nicht locker. Er kämpft für seinen Klienten darum, dass sie das bekommen, was ihnen zusteht. Er unterstützt sie beim Widerspruch, schaltet die VdK-Juristen ein, wenn eine Sache vor Gericht landet. Gilles lässt nicht locker, wenn er davon überzeugt ist, dass jemand im Recht ist. Sein längster Fall dauerte sage und schreibe 13 Jahre. Damals ging es ausgerechnet um seinen Schwiegervater, dessen Kriegsversehrtheit nicht anerkannt werden sollte. Hier spielte Gilles der Mauerfall in die Karten, weil er so an ärztliche Unterlagen in Ost-Berlin herankam, die die Behinderung des Schwiegervaters eindeutig nachwiesen.

Inzwischen ist Gilles durch Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt. Vor Anfragen kann er sich kaum retten. Oft klingelt bei ihm das Telefon, sogar spät abends melden sich Menschen, die seinen Rat wollen. Gilles nimmt jeden Anruf an, hat aber auch hier einen festen Grundsatz. "Am Telefon gibt es grundsätzlich keine Beratung, ich höre mir die Sache an und bitte den Anrufer dann, zu mir in die Sprechstunde zu kommen."

Die ist regelmäßig mittwochs von 15 bis 16.30 Uhr im Kolpinghaus Kleve. Den Termin hält er immer ein. "Wir müssen danach sogar unseren Urlaub planen, weil er nur fahren will, wenn auch ein Ersatz für die Sprechstunde gefunden ist", berichtet seine Frau. Mancher wunderte sich sogar, dass nicht auch am Heiligen Abend eine Sprechstunde stattfand.

Gilles hat lange Jahre beim Klever Sozialamt gearbeitet. Dort hatte ihn ein Bekannter angesprochen, ob er sich nicht vorstellen könnte, Sozialbetreuer der VdK zu werden. Gilles übernahm die Aufgabe und ist inzwischen zu einer echten Institution geworden, um Ansprüche beim Bundesversorgungsgesetz als Kriegsopfer, Behinderte, im Rentenrecht und gegenüber Berufsgenossenschaften durchzusetzen.

33 Jahre ist Gilles jetzt bereits Sozialbetreuer. Mit Erfolg: Allein im Jahr 2014 hat der Klever 797 Briefe für seine Klienten geschrieben. Allein an Rentennachzahlungen hat er in diesem Jahr 152 000 Euro erkämpft.

Ganz wichtig ist ihm aber auch, dass er den Betroffenen keine falschen Hoffnungen macht. "Wenn keine Aussicht auf Erfolg besteht, dann sage ich das auch klar und deutlich. Es muss eine Chance geben, den Anspruch durchzusetzen, sonst mache ich es nicht."

Und Gilles hat inzwischen Erfahrung genug, um einschätzen zu können, welche Chancen es gibt. Er hält sich beim komplizierten Sozialrecht ständig auf dem Laufenden. Über die Klienten führt er sorgfältige Akten. Und weniger ist die Arbeit in den letzten Jahren nicht geworden. Teilweise kommen bis zu 16 Klienten in die Sprechstunde, für jeden nimmt sich Gilles Zeit. Da kommt es dann ab und zu vor, dass seine Frau besorgt anruft, wo er den bleibt, weil er die Sprechstunde mal wieder um zwei Stunden "überzogen" hat.

Weil die Nachfrage so groß ist, will er so lange wie möglich weitermachen. Auch weil der 77-Jährige genau weiß: "Wenn ich hier aufhöre, dann wird es wohl keinen Nachfolger geben."

(RP)
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