Kleve Holocaust-Leugner in Kleve
Kleve · Vor einigen Wochen tauchten überall in Deutschland Briefe auf, die den Holocaust in Frage stellen. Auch in Kleve: Eine Analogie zu den NPD-Demos in der jüngsten Zeit?
"Die Weitergabe authentischer Erfahrungen ist unverzichtbar für eine Erinnerungskultur, die lebendig bleiben muss." Diese Worte verwendete Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert anlässlich der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag an die Opfer des Nationalsozialismus am Freitag.
Sehr wirr
Erich Glagau ist heute 93 Jahre alt. Er ist einer dieser Menschen, die Zeitzeugen sein könnten, die authentische Erfahrungen weitergeben könnten. Er kann nur noch schlecht hören und am Telefon klingt seine Stimme alt und zerbrechlich. Die Texte, die der 1914 in Königsberg geborene Glagau publiziert, sind aber alles andere als authentisch. Er leugnet: Vor einigen Wochen fanden schockierte Klever Bürger Briefe in ihren Briefkästen mit der Überschrift "Worin unterscheiden sich das Märchen vom Klapperstorch und dem Holocaust?". Der Inhalt der Briefe ist sehr wirr und beruht auf fadenscheinigen Argumentationsketten. Der Autor erklärt, der ganze Holocaust sei ein Märchen. Er leugnet zu keiner Zeit direkt, aber seine Absicht wird deutlich: "Ich werde mich jedenfalls hüten hier etwas zu leugnen. Ich halte alles für Märchen."
Unter dem zweiseitigen Pamphlet ist Glagau als Verantwortlicher des Presserechtes benannt. Die Briefe wurden nicht verschickt, sondern eingeworfen. Angeblich ist in Kleve ein NPD Mitglied gemeldet, dieser soll auch 50 Exemplare der gesetzwidrigen Post verteilt haben. Darüber hinaus tauchten an einigen Straßenschildern und Laternen in Kleve Aufkleber mit derselben Überschrift und Glagaus Kontaktadresse auf. Die Klever Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen Erich Glagau.
Offene Strafverfahren
Glagau bestätigte erst, dass die Briefe aus seiner Feder stammen, stritt aber auf Nachfrage ab sie verschickt zu haben. Erich Glagau, der in Baunatal in der Nähe Kassels wohnt, ist der dortigen Justiz bekannt: "Eine ganze Reihe von offenen Strafverfahren liegt gegen Glagau vor", betont der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Kassel. Von der Staatsanwaltschaft Krefeld, über Düsseldorf bis zum Justizministerium lauten die Anklagen alle gleich: Verdacht auf Volksverhetzung nach Paragraph 130 StGB. Das Landgericht Kassel plant eine Sammelklage gegen ihn. Schon mehrmals machte er sich durch das verteilen von Flugblättern strafbar.
Auch heute 63 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz gibt es immer noch Unverbesserliche, die den Schrecken der NS-Zeit nicht wahrhaben wollen.