Silvester 2013 Menschen Des Jahres Haus Koekkoek braucht 2014 eine neue Spitze

Kleve · Der ehemalige Klever Museumsdirektor Drs. Guido de Werd wird die künstlerische Leitung von Haus Koekkoek 2014 abgeben.

 Wiedereröffnung des neuen Hauses nach der Renovierung 1978, es spricht Bürgermeister Richard van de Loo.

Wiedereröffnung des neuen Hauses nach der Renovierung 1978, es spricht Bürgermeister Richard van de Loo.

Foto: Museum kurhaus

Seit 41 Jahren bestimmt Kleves ehemaliger Museumsdirektor Drs. Guido de Werd die Geschicke von Haus Koekkoek — 25 Jahre als Museumsleiter und seit der Stiftungsgründung 1997 bis heute ehrenamtlich als künstlerischer Leiter. Jetzt wird er sich im Laufe des Jahres 2014 zurückziehen: Die Entfernung zum neuen Lebensmittelpunkt der Familie in Jerusalem ist zu groß, um weiterhin die künstlerische Leitung übernehmen zu können. Es waren 41 Jahre, die aus einem kriegsbeschädigten Haus fast ohne Sammlung ein Spezialmuseum für die Romantik gemacht haben, das man in New York und London kennt — als Adresse für die romantische niederländische Kunst. In dieser romantischen Kunst der Niederlande sieht de Werd auch eine Zukunft für das von der Koekkoek-Stiftung getragene Haus. Zumal derzeit in Frankfurt ein Museum für die deutsche Romantik diskutiert wird. "Das bringt Kleve und das Haus voran, das erschließt uns neue Perspektiven und neue Sponsoren", sagt de Werd.

Wie das Haus als Museum für niederländische, und nicht mehr nur für die Klever Romantik aussehen kann, das hat Koekkoek-Kenner de Werd schon vor zwei Jahren bewiesen, als die Sammlung Rademakers mit 72 Gemälden nach einer Schau in der Petersburger Eremitage auch in der alten Herzogstadt begeisterte.

1960 wurde Haus Koekkoek, noch vom Krieg gezeichnet, als kommunales Museum eröffnet. Zwölf Jahre später, am 1. August 1972, drückte der damalige Museumsleiter und Archivar Dr. Friedrich Gorissen im Archiv unterm Dach des Marstalls dem jungen Niederländer die Schlüssel in die Hand. Motto: Mach mal Museum. "Da gab's kein Buch im Haus Koekkoek, keinen Schreibtisch", erinnert sich de Werd. Den Schreibtisch bekam er gebraucht aus dem Rathaus, dann machte er sich an die Arbeit: Aus dem Haus ein Museum mit einer einzigartigen Sammlung zu machen.

Seine erste Ausstellung 1974 blickte über die Grenze und präsentierte 22 Künstler aus der Region. Im selben Jahr ergatterte de Werd den ersten, bedeutenden Ankauf: Koekkoeks Studie der großen Buche vor Schloss Moyland. Die sollte bei Sotheby's versteigert werden, wurde aber vom Auktionator dem neuen Museumsmann vorher angeboten. "Wir fuhren nach Leyden und kauften das Bild für 11 000 D-Mark — bei einem Ankauf-Etat von 2000 D-Mark", sagt er. Landschaftsverband, Land und Stadt waren damals mit von der Partie, um das Bild für Kleve zu sichern. Damals zogen der Klever Kämmerer Rübo und das Museum an einem Strang. Rübo wollte, dass sich das Haus zum Wohl der Stadt entwickelte. Ein Plan mit Weitsicht, wie sich heute zeigt.

Ach sonst zeigte sich der Kämmerer umsichtig: für die wichtige Ausstellung "Soweit der Erdkreis reicht" über die Ära des Klever Statthalters Johann Moritz von Nassau-Siegen wurde der dicke Katalog von der Stadt bezahlt. Einzige Bedingung: Der Preis musste so sein, dass sich jeder Klever diesen Katalog kaufen konnte (ebenso argumentierte 2012 der Kreis beim Buch zur Eröffnung der Hochschule). "Die 25 Mark lagen deutlich unter den Herstellungskosten", erinnert sich de Werd.

Das war 1979, unmittelbar nach der ersten gründlichen Sanierung des Hauses — auch die hatte der damalige Kämmerer eingespielt. Dabei wurde es neu gestrichen, bekam sein Parkett und die neue Einrichtung, Alarmanlage, kurz, alles, was für ein Museum wichtig ist. Es folgte die Moderne: Ulrich Erben, Pierre Theunissen und Günther Uecker waren zu sehen. Die historische Moritz-Ausstellung zog in wenigen Wochen über 10 000 Besucher, ebenso, wie kurz zuvor die Ausstellung mit Fotos von Fritz Getlinger 1977.

1982 wurde die Sammlung Angerhausen an Kleve gebunden. Für diesen bedeutenden Ankauf setzte sich sogar der damalige Bürgermeister Richard van de Loo ein. Im gleichen Jahr wurde der Koekkoek-Nachlass angeboten — von Barend Issleiber, Nachfahre des Malerfürsten. "Das war unsere erste große Spendenaktion — denn nach dem Ankauf der Angerhausen-Sammlung konnte sich die Stadt nicht wieder engagieren. 125 000 D-Mark sollte der Nachlass kosten", sagt de Werd. Angesichts des hohen bürgerlichen Engagements gab die Stadt aber doch einen gewichtigen Teil dazu. In dieser Sammlung sieht de Werd auch die wahre Geburtsstunde des Freundeskreises begründet, der dann 1987 ins Leben gerufen wurde. Mit Paul Kratz als Vorsitzendem.

Planungen, das Haus Koekkoek über die Koekkoek-Stege zu erweiterten, scheiterten am damaligen CDU-Fraktionschef Rudolf Kliver: Die Stege müsse als wichtiges Denkmal erhalten bleiben, argumentierte der Richter. Kliver brachte schließlich die Kurhaus-Planung ins Rollen. Ebenfalls weitsichtig — vor allem, nachdem 1988 die Mataré-Sammlung nach Kleve kam.

"In den Ausstellungen haben wir immer die Balance zwischen neuer und alter Kunst und Stadtgeschichte gewahrt", sagt de Werd. Die Kunsthistorikerin Ursula Geisselbrecht-Capecki war damals kongeniale Partnerin des Hauses: Sie arbeitete am mächtigen Katalog zur Angerhausen-Ausstellung "Der Niederrhein" und begleitete das B.C.Koekkoek-Haus von 1990 bis 1997. "Frau Geisselbrecht-Capecki hat damals auch das Faltblatt ,Rettet das Koekkoek-Haus' erarbeitet", sagt de Werd. Damals musste für die künftige Stiftung eine Million D-Mark gesammelt werden. Im Rückblick hat der Kunsthistoriker über 200 Ausstellungen im Palais gezeigt und nebenbei die inzwischen bedeutende Sammlung aufgebaut. Selbst in Jerusalem lässt ihn der niederländische Romantiker nicht los: Täglich ist er in die Korrespondenz rund um das Haus eingebunden. Und das neue Werkverzeichnis will noch fertiggestellt werden.

"Es ist ein tolles Team", sagt de Werd. Max Knippert und Wolfgang Klier machen die Technik, Knippert arbeitet zurzeit am Fliesenboden in der alten Küche. "Der Raum soll wieder in einen historischen Zustand zurückversetzt werden", erklärt de Werd. So werde das Haus Koekkoek Raum für Raum in seinen Originalzustand versetzt. Aber auch in der Stiftungsleitung könne er auf eine sehr gute Zusammenarbeit zurückblicken, beginnend bei Dr. Eugen Schmülling hätten gerade die Richter Wilhelm Jansen und Dr. Ulf Hientzsch sowie Ulrike Sack im Vorstand sehr zum Wohle des Hauses gearbeitet. Nicht zu vergessen der städtische Architekt Alfred Jansen, der die jüngste Restaurierung des Hauses und viele denkmalpflegerische Maßnahmen sorgsam und mit Feingefühl betreut habe. Ebenso, wie Nicole Liskien die Statik des Hauses im Blick habe und Werner van Ackeren mit Rat und Tat zur Seite stehe. Der ehemalige Nimweger Museumsdirektor Gerard Lemmens betreut weiter die Dokumentation und Teile der Sammlung. "Wir brauchen im Haus eine Baubetreuung, die die denkmalpflegerische Dimension ebenso im Blick hat wie das technische Know-how", mahnt de Werd für die Zukunft. Nur so könne man das Haus halten, das inzwischen ein Stück Klever Identität sei und seit dem Koekkoek-Jubiläum mit dem Aufstellen der Minerva noch sichtbarer geworden ist.

Aber noch eins wird das Haus brauchen: eine kompetente, eigenständige künstlerische Leitung. De Werd wird dem Haus als Experte für die Malerei Koekkoeks und der Romantik erhalten bleiben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort