Kleve Handarbeiten im Unterricht gelernt

Kleve · Maria Becker wurde 1942 in die Katholische Volksschule in Zyfflich eingeschult. Nach Kriegsende war Zyfflich Niemandsland, und so zog man nach Rindern, wo die Familie für mehr als zwei Jahre eine Bäckerei pachtete. Die heute 77-Jährige besuchte von Anfang 1946 bis Ende 1947 dort die Schule.

 Eine Erinnerung aus dem Handarbeitsunterricht: Maria Becker zeigt eine bestickte Tischdecke mit Streublümchen.

Eine Erinnerung aus dem Handarbeitsunterricht: Maria Becker zeigt eine bestickte Tischdecke mit Streublümchen.

Foto: Klaus-Dieter Stade

KRANENBURG-ZYFFLICH Maria Becker, geborene Meisters, aus Zyfflich war in allen Fächern gut, besonders aber im Fach Aufsatz. "Wenn andere Kinder vielleicht zwei Seiten ins Heft schrieben, war bei mir das ganze Schulheft voll", blickt sie zurück. Ein spannendes Aufsatzthema war: "Die Lebensgeschichte eines Pfennigs". Einige ihrer Aufsätze wurden sogar im Schulfunk vorgelesen. Nur Musik war ihre Schwäche. Wenn es galt, ein Lied vorzusingen, "streikte" Maria, "denn ich wollte keine schlechte Note auf dem Zeugnis haben."

 Die Katholische Volksschule Zyfflich 1950. Maria Becker ist die 2. links neben Lehrer Heinz Daniels.

Die Katholische Volksschule Zyfflich 1950. Maria Becker ist die 2. links neben Lehrer Heinz Daniels.

Foto: Stade, Klaus-Dieter

Die heute 77-Jährige wurde 1942 in die Katholische Volksschule in Zyfflich eingeschult. In der Pause tauschte sie ihre Butterbrote mit Wurst und Schinken gegen Schwarzbrot mit Rübenkraut. Daheim kam sie von einer Bäckerei, einer kleinen Landwirtschaft und Gaststätte.

An ihrem neunten Geburtstag wurde die Familie evakuiert. Mit Pferd und Wagen ging es über Kleve nach Rindern, wo man den Angriff auf Kleve erlebte, weiter nach Emmerich, das in Flammen stand, dann nach Grieth und bei Nacht und Nebel in einem kleinen Kahn über den Rhein nach Dornick. Schließlich ging es dann von dort mit Fahrrädern nach Vrasselt, wo die junge Schülerin erlebte, dass in einem Keller ein Kind geboren wurde.

Nach Kriegsende war Zyfflich Niemandsland, und so zog man nach Rindern, wo die Familie für mehr als zwei Jahre eine Bäckerei pachtete und Maria Meisters von Anfang 1946 bis Ende 1947 dort die Schule besuchte. Auch ihre Erstkommunion war 1946 in Rindern. Das Kommunionkleid wurde aus einem Brautkleid genäht. Nachdem in Zyfflich das Niemandsland aufgehoben wurde, kam Maria dort zur Schule in einer Holzbaracke. Alle acht Klassen waren in einem Raum. Morgens um sieben Uhr war Schulgottesdienst in der Baracke. Das Pult war der Altar.

In dieser Zeit gab es eine schöne Geschichte: Damals musste Maria Meisters auf die kleineren Schüler aufpassen und die Schularbeiten kontrollieren. Lehrer Heinz Daniels kam verspätet aus Goch und hatte verfügt: "Du darfst niemand in die Schule lassen." Es klopfte an der Tür, und draußen stand ein Mann, . Maria aber ließ ihn nicht hinein. Zehn Minuten später brachte der Lehrer den Mann mit – es war der Schulrat. Sie aber bekam ein Lob wegen ihrer Zuverlässigkeit. Kriegsbedingt fiel ein Schuljahr aus.

1950 wurde sie aus der Barackenschule entlassen. Die Entlassungsfeier der 14 Jungen und Mädchen war im "Gaststättenkämmerchen" der Familie Meisters. Getanzt wurde in der großen Küche. Als Erinnerung an ihre Schulzeit bewahrt Maria Becker eine Tischdecke aus dem Handarbeitsunterricht auf: Ein Leinenbetttuch, mit Streublümchen aufgebügelt, und dann gestickt.

(RP)
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