Kleve Gutachter im Schläger-Prozess: Opfer überlebte nur mit Glück

Kleve · Zwei Sachverständigen-Gutachten standen im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages im Prozess gegen die drei am Landgericht in Kleve Angeklagte (24, 25, 29), die am Neujahrsmorgen einen Klever (44) verprügelt und ausraubt haben sollen. Zunächst betonte ein Gerichtsmediziner, wie viel Glück das Opfer gehabt habe, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Dann erklärte der psychiatrische Sachverständige, dass er für zwei der drei Angeklagten wegen ihrer Alkoholsucht eine stationäre Therapie von zwei Jahren Dauer empfehle.

"Potenziell lebensgefährlich" seien die Tritte gegen den Kopf und Brustkorb des Mannes gewesen, so die Einschätzung von Matthias Schubries, Gerichtsmediziner aus Duisburg. Es hänge einzig vom Zufall ab, ob man nach solcher Gewalteinwirkung gegen Oberkörper und Kopf lebensbedrohliche Verletzungen davon trage oder nicht. Auch die Schuhe der Täter sind nicht ausschlaggebend, was die Abschätzung möglicher Folgen der Tritte angeht. Fazit: Der 44 Jahre alte Thomas S., der am 1. Januar 2013 um zwei Uhr morgens in der Großen Straße niedergeprügelt und -getreten wurde, hatte gewaltiges Glück.

Eine 28 Jahre alte Studentin der Hochschule Rhein-Waal und ihr Freund (26) schilderten als Zeugen, wie sie das Geschehen erlebten. Sie liefen stadtabwärts, sahen den Überfall und verständigten aus sicherer Distanz von der Wasserstraße aus die Polizei — entscheidend für den Fahndungserfolg. Die Täter konnten wenige Minuten nach der Attacke in Höhe der Tankstelle an der Kalkarer Straße gefasst werden.

Der psychiatrische Gutachter Harald Hippler bescheinigte den beiden Angeklagten B. (24) und M. (25) ein chronisches Alkoholabhängigkeitssyndrom sowie eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Beim dritten Angeklagten, P. (29), erkannte er "nur" einen Alkoholmissbrauch. Alle Täter wiesen zur Tatzeit Promillewerte zwischen 1,9 und 2,5 auf. Dennoch sei bei keinem der drei Männer die Steuerungsfähigkeit eingeschränkt oder aufgehoben gewesen. Kurioserweise begründete der Mediziner dies im Fall von M. damit, wie dieser, ein Kampfsportler, das Opfer getreten habe. Es habe sich um einen "gedrehten Halbkreisfußtritt zum Kopf hin" gehandelt — und wer in der Lage sei, eine so komplexe Bewegung auszuführen, habe sich noch unter Kontrolle.

Der Prozess wird am 27. Juni um 9 Uhr fortgesetzt.

(RP/ac)
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