Gründerland Gründung auf Niederländisch

Von Antje Thimm · Die Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve hatte zur Gesprächsrunde nach Kranenburg in den Garten der Villa Mentrop geladen. Eine Fragestellung in der Grenzfeste lautete: „Was lockt den Nachbarn in die Gründer-Region?“

Gründerland-Initiative diesmal in Kranenburg
Foto: Klaus-Dieter Stade/Stade, Klaus-Dieter (kds)

Ein so schönes Ambiente hatte die Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve (WfG) selten für ihre Veranstaltungen: Im Garten der Villa Mentrop in Kranenburg hatte sie zum Thema „Gründung auf Niederländisch“ geladen. Das „Round-Table-Gespräch“ unter freiem Himmel war eine Premiere, wie Hans-Josef Kuypers, Geschäftsführer der WfG, zur Begrüßung betonte. Etwa 60 Gäste waren gekommen, um sich darüber zu informieren, was Niederländer dazu bewegt, im Kreis Kleve Unternehmen zu gründen und was dabei zu beachten ist.

Die Veranstaltung war einer von 16 Terminen, die die Wirtschaftsförderung unter der Überschrift „Gründerland Kreis Kleve – Ideen finden ihr Zuhause“ in den Kommunen des Kreises durchführt. Für das Thema grenzüberschreitende Unternehmensgründung hatten die Organisatoren bewusst Kranenburg gewählt. Kuypers verwies dabei auf bemerkenswerte Zahlen: 16.000 Niederländer leben im Kreis Kleve, es gibt über 700 niederländische Unternehmen, und 80 Prozent aller internationalen Firmen sind niederländisch. Er vergass nicht den hohen Anteil niederländischer Kundschaft in vielen Bereichen des Handels und der Dienstleistungen: am Airport Niederrhein kommen 40 Prozent der Fluggäste aus dem Nachbarland, und der Einzelhandel in Grenznähe kann eigentlich, wie Kuypers es formulierte, „nicht ohne die Niederländer auskommen.“ In besonderem Maße gelte dies alles für Kranenburg.

„Früher dachten wir, dass wir am Rande der Republik wohnen, heute wissen wir: wir sind mitten in Europa“, sagte Bürgermeister Günter Steins. Moderatorin Andrea Franken rief einleitend bei allen Teilnehmern ein Stimmungsbild ab, das klar zeigte, der Blick über die Grenze sei stets bereichernd, Niederländer seien in Deutschland und Deutsche in den Niederlanden immer willkommen, und ein Netzwerk sei zu begrüßen. Auf die Frage, was die wichtigsten Überlegungen bei einer Existenzgründung im Nachbarland sind, antworteten Tim und Harry ten Dam (Aurora Kaas), deren Familienbetrieb seit 2011 in Kranenburg ein Käselager betreibt, der vergleichsweise günstige Grundstückspreis sei ein wesentlicher Faktor.

Jan Baumann, Rechtsanwalt und Gastgeber, betonte, das Arbeits- und Steuerrecht sei sehr unterschiedlich und bedürfe ausführlicher Beratung. Ronald Cieraat, der als freier Unternehmensberater besonders Gründer begleitet, bestätigte die Wichtigkeit des Grundstückspreises und ergänzte, man müsse sich fragen: gibt es überhaupt Kunden für mein Produkt oder meine Dienstleistung? Typisch niederländisch sei es, erst einmal zu gucken, „wo das Schiff strandet“, Beratung vorweg sei aber sicherer. Er riet dazu, andere Gründer nach ihren Erfahrungen zu fragen. Kuypers sagte dazu, ihm sei die niederländische Spontaneität sehr sympathisch. An erster Stelle müsse bei einer Existenzgründung die „Herzensentscheidung“ stehen. „So entstanden auch das „Wunderland“ in Kalkar oder der Airport Niederrhein“, betonte er.

Teilnehmer der Expertenrunde war auch Johannes Hagemann, der in Wyler ein Reiseunternehmen betreibt. 95 Prozent seiner Kunden sind Niederländer. Gerne würde er auch niederländische Mitarbeiter beschäftigen, das sei für diese aber finanziell sehr ungünstig.

Moderatorin Andrea Franken stellte an die Runde auch die Frage, welches das „positive Fünkchen“ sei, das beide Länder einander geben, und was die Unterschiede seien. Thed Maas, Redakteur bei „De Gelderlander“ antwortete: „Es sind die gleichen Menschen, nur die Sprache ist unterschiedlich, und die Niederlande ist kleiner.“ Dass Landschaft und Kultur des Grenzgebiets die Menschen prägt, darüber war man sich einig.

„Nur die Sozialsysteme sollten angepasster sein, damit Niederländer zum Beispiel in Deutschland arbeiten können, ohne Rente zu verlieren. Hier ist die Grenze noch spürbar“, sagte Hans-Josef Kuypers. Das große Interesse an der Veranstaltung in der Grenzfeste bezeichnete er als sehr erfreulich.

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