Filmpremiere in Kleve Tränen und Applaus für Nora

Kleve · Ein Journalisten-Trio widmete der zweijährigen Nora aus Kranenburg einen Kurzfilm. Sie war mit einem „glatten Gehirn“ auf die Welt gekommen. 275 Klever kamen zur Premiere. Die Eltern berichteten von ihrem Schicksal.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Es ist das alltägliche Leben einer ganz normalen Familie, das Tobias Budde, Tobias Tripp und Manuel Funda filmisch eingefangen haben. Und doch ist vieles so außergewöhnlich: Die jüngste Tochter Nora nämlich kam vor zwei Jahren mit der Lissenzephalie-Erkrankung, dem „glatten Gehirn“ ohne die so wichtigen Windungen auf die Welt. Nora wird nie selbständig essen, trinken oder laufen können. Das prägt den Alltag. Nora muss beim Frühstück gefüttert, beim Spielen beobachtet und ins Auto getragen werden – all das zeigt der zwölfminütige Film eindrücklich. „Wir sind der Familie sehr nahegekommen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und nötigt uns viel Respekt ab“, sagt Budde.

Nun feierte sein Werk im Kinosaal 1 des Tichelparks Premiere. Kino-Chef Reinhard Behrens hatte im Vorfeld angekündigt: „Die Leute müssen kommen und dafür sorgen, dass der Saal voll wird.“ Die Klever folgten seiner Aufforderung, knapp 300 Besucher kamen und leisteten damit einen Beitrag für den Kampf gegen die Lissenzephalie. Der Eintritt von fünf Euro und damit insgesamt 1375 Euro kommen dem Verein „Liss“ zu Gute, der sich für die Betroffenen der unheilbaren Krankheit einsetzt. Der Vorsitzende des Vereins, Burkhard Propf, nahm das Geld entgegen.

Ehe allerdings die Kranenburger Familie auf der Leinwand erschien, eröffnete Budde die Veranstaltung im Dialog mit der Kinderärztin Jutta Brüggemann. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagte Budde. Brüggemann klärte über die medizinischen Details der Lissenzephalie auf: „Die Fehlbildung geschieht zwischen der zehnten und zwanzigsten Schwangerschaftswoche und lässt sich nie mehr rückgängig machen.“ Allerdings legte sie auch dar, dass Nora erheblich mehr Fortschritte in ihrer Entwicklung mache als andere Kinder in ihrer Situation. Der Grund dafür scheint der Medizinerin offensichtlich: „Nora hat eine sehr engagierte Familie, die wirklich toll mit der Krankheit umgeht.“

Dann wurde es leise im Saal, der Film lief an. Ein Spätsommertag der Familie begleitet das Kamera-Team, gemeinsam frühstücken sie, besuchen den Tiergarten, spazieren durch die Klever Innenstadt. Dabei werden auch die Hürden des Umgangs mit Noras Krankheit deutlich: Für jeden Ausflug muss die vierköpfige Familie den massiven Rollstuhl ihres jüngsten Sprösslings ins Auto tragen. Doch es gibt auch zahlreiche Lichtblicke: Nora spielt viel, lacht häufig, ist sichtlich glücklich. Auch ihre achtjährige Schwester Nele macht im Film deutlich, wie sehr sie an ihrer Schwester hängt.

 „Natürlich bedeutete das auch für mich als Produzent Gänsehaut“, sagt Budde. Die Reaktionen des Publikums waren sehr divers, durchweg aber emotional: Viele Zuschauer wirkten bedrückt, Taschentücher wurden in einigen Reihen herumgereicht, auch respektvolle Schmunzler waren zu vernehmen. Im anschließenden Talk kanalisiert Budde die aufgeladene Stimmung mit Propf und Noras Mutter Jenny. „Es geht Nora gut, sie ist fröhlich. Also sagen wir ganz klar: Beschweren können wir uns nicht.“ Auch ihr Umfeld habe sie durchweg unterstützt: „Es hat sich niemand von uns abgewendet, wir haben sogar eher Freunde hinzugewonnen.“

Doch nicht nur der Eintritt kommt den Liss-Betroffenen zu Gute, auch das von Budde und Co. aufgestellte Sparschwein quirlte über. „Wir mussten daher einen Popcorn-Becher aufstellen“, sagt er. Knapp 2000 Euro zählten die Veranstalter in der Büchse. Mit diesem Geld wollen die Kranenburger nun ein behindertengerechtes Fahrzeug beschaffen. „Was hier heute passiert ist, ist etwas ganz Großes“, sagte Propf.

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