Spektakuläre Bilder Sprengung im Reichswald – hier fällt der Feuerwachturm von Grafwegen
Kranenburg-Grafwegen · Der Feuerwachturm in Grafwegen ist Geschichte. Das über 50 Jahre alte Bauwerk wurde gesprengt. Benötigt wurde der Beobachtungsstand schon zehn Jahre nicht mehr. Zuletzt war er nur noch ein Sicherheitsrisiko.
Fotos der Sprengung im Reichswald bei Grafwegen
Es brauchte nur ein paar Sekunden, da lag eines der herausragenden Objekte des Reichswaldes am Boden. Den über 50 Jahre alten Feuerwachturm bei Grafwegen gibt es nicht mehr. Sprengmeister Artur Feitenheimer (39) drückte den roten Knopf und 3,5 Kilogramm Dynamit sorgten dafür, dass der Turm der Länge nach zu Boden fiel. Wie ein Baum, der unten sauber angeschlagen wird und kippt. Die Detonation war auch hunderte Meter entfernt noch zu spüren, weil der Boden wackelte. Seit zehn Jahren lässt Feitenheimer Bauwerke in sich zusammenfallen. Doch ist eine Sprengung mitten im Forst war auch für den erfahrenen Mann etwas Besonderes.
Das Problem ist der Ort. Die eng stehenden Bäume versperren die Sicht auf den abbruchreifen Bau. Niemand durfte sich in einem Radius von 300 Meter um den Wachturm herum aufhalten. Die Zufahrten und Wege wurden drei Stunden vor der Detonation gesperrt. Möglichst wenig Menschen sollten im Vorfeld von der Sprengung erfahren. „Die Sorge ist groß, dass sich Leute kurz vorher noch einmal den Turm ansehen wollen“, sagt Gerald Puyn, Mitarbeiter des Unternehmens, das für die Organisation zuständig war. Dennoch hatte sich die Aktion herumgesprochen. In der Grafwegener Gaststätte „Boscafé Merlijn“ trafen sich Nachbarn, um den Niedergang des Betonriesens möglichst nah zu beobachten. Auch sie sorgten dafür, dass sich der Zeitpunkt der Zündung um knapp drei Stunden verschob.
Vier Wochen vorher wurde mit der Planung für die Sprengung begonnen. „Ich war mehrmals da und habe mir den Turm angeschaut“, sagt Artur Feitenheimer. Vor jedem Bauwerk hat er großen Respekt. Es lauern überall verschiedene Gefahren. „Kein Objekt ist wie das andere, auch wenn sie ähnlich aussehen. Nicht alle Schornsteine fallen gleich. Die Statik ist anders, es wurde mehr Eisen verbaut, etliche Faktoren spielen eine Rolle. Du darfst nur abdrücken, wenn du weißt, es funktioniert zu 100 Prozent“, erklärt der Sprengmeister. Bei dem Grafwegener Turm war der Treppenbau die große Herausforderung. Er gab dem Betonriesen eine besondere Stabilität. So mussten 80 Löcher für die 3,5 Kilo Dynamit in den Aussichtsturm gebohrt werden, um den in der Mitte der 1960er-Jahre errichteten Beobachtungsturm umstürzen zu lassen.
1967 tauchte das Bauwerk erstmals in topografischen Karten auf. Seit zehn Jahren wurde das Aussichtsplateau nicht mehr genutzt. Als Schutz gebaut, entwickelte sich der Wachturm in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Gefahr. „Permanent versuchten Leute hochzuklettern. Aus der Ummantelung wurden Betonbrocken herausgeschlagen. Die eingebauten Stahlgitter beginnen zu korrodieren. Für ein Bauwerk, das nicht mehr benötigt wird, ist der Aufwand für die Instandhaltung zu groß“, sagt Revierförster Stefan Spinner. In der Regel seien es Leute aus den Niederlanden, die etwa mit einer Akkuflex kommen, um die Türe aufzuschneiden. Zudem werden regelmäßig Turmpartys gefeiert. „Falls hier etwas passiert, bin ich dafür verantwortlich“, betont Spinner. Auch deshalb wurde das Bauwerk jetzt zerlegt.
Seinen Zweck hat der Turm schon lange eingebüßt. Doch war auch sein Reiz dahin. 30 Meter hoch, überragen ihn mittlerweile die umliegenden Bäume. „In die Ferne konnte man kaum noch blicken. Allein Richtung Holland war das noch möglich. Dort war ein Teil der Niederung zu sehen“, sagt Spinner, der seit 32 Jahren im Reichswald arbeitet und jetzt eine Sorge weniger hat.
In den nächsten Tagen wird kaum noch etwas darauf hindeuten, dass hier einst ein Feuerwachturm stand. Nachdem das Bauwerk lag, schaufelten Bagger die ersten Betonstücke in zwei Container. Dabei wurde vor der Sprengung darüber diskutiert, ob der Bau nicht anders genutzt werden könnte. „Es sind verschiedene Varianten geprüft worden, ob wir einen Teil des baufälligen Turms erhalten können“, sagt Julian Mauerhof, Leiter des Regionalforstamts Niederrhein. Eine Überlegung war, dort Fledermausquartiere einzurichten. Die Idee wurde verworfen, weil sie bautechnisch schwierig umzusetzen sei und zudem zu viel gekostet hätte. Hinzu kommt, dass der Fledermausbestand im Reichswald bereits hoch sei, so Förster Mauerhof.
Für Sprengmeister Artur Feitenheimer neigte sich nach sieben Stunden vor Ort der Arbeitstag dem Ende zu. Zunächst ging es für ihn noch zur Firma und dann nach Hause. Der 39-Jährige hatte seinen Job erledigt und war zufrieden. Keiner kam dem Turm zu nahe, und er fiel genau dorthin, wo er auch liegen sollte. „Ich freue mich, heute Abend wieder bei meiner Familie zu sein. Niemandem ist etwas passiert, es hat alles geklappt wie geplant“, sagt er. Die Planungen für seine nächsten Aufgaben laufen bereits. In den nächsten Wochen warten ein paar Brücken auf den Abriss.