Kleve Glück kennt keine Grenzen

Kleve · Das Lotto- und Reisecenter Hagemann in Wyler feiert in dieser Woche die Eröffnung seiner neuen Filiale. Seit 45 Jahren gibt es den Familienbetrieb, der einst aus einer Schmiede hervorging.

 Neueröffnung einer der umsatzstärksten Lotto-Annahmestellen in NRW: Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins (l.) und Lotto-Fee Franziska Reichenbacher (r.) gratulieren Geschäfts-Inhaber Johannes Hagemann.

Neueröffnung einer der umsatzstärksten Lotto-Annahmestellen in NRW: Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins (l.) und Lotto-Fee Franziska Reichenbacher (r.) gratulieren Geschäfts-Inhaber Johannes Hagemann.

Foto: Gottfried Evers

Cees van Balkom kommt aus Groesbeek. Der Niederländer steht im Reise- und Lottocenter Hagemann in Wyler, das nahezu genau auf der Grenze liegt. Van Balkom wartet geduldig in der Reihe, bis er seinen Lottoschein abgeben kann. "Ich spiele hier schon 45 Jahre", sagt der 74-Jährige, "und hab' noch nie 'was gewonnen."

 1966: Gerd und Gonda Hagemann in ihrer Lotto-Stube in Wyler.

1966: Gerd und Gonda Hagemann in ihrer Lotto-Stube in Wyler.

Foto: priv.

Trotzdem macht er keinen unzufriedenen Eindruck. Cees van Balkom ist einer der Niederländer, die wöchentlich in einer Form von Völkerwanderung ihre Lottoscheine über die Grenze zu Hagemann bringen. Auf die Frage, ob er hier auch schon mal eine Reise gebucht hat, antwortet van Balkom: "Ich muss nicht verreisen. Urlaub ist für mich Krombacher und ein Gartenstuhl." Die Einstellung teilen nicht alle seiner Landsleute, denn im Lotto- und Reisecenter Hagemann sind es vor allem Bewohner des Königreichs, die buchen.

Eine Woche Party

In dieser Woche wird die Eröffnung der neuen Filiale des Lotto- und Reisecenters Hagemann in Wyler, Hauptstraße 67, gefeiert. Ein Familienbetrieb mit aktuell 17 Mitarbeitern. Zwei davon arbeiten am Flughafen in Weeze. Johannes Hagemann (45) führt das Geschäft, das einst eine Schmiede war.

Sein Uropa hatte diese 1923 an der Stelle, wo heute das frische Hagemann-Center steht, aufgebaut. Vor 45 Jahren war es Hagemanns Vater Gerd, der merkte, dass man den Spruch mit dem Handwerk und dem goldenen Boden nicht überstrapazieren sollte.

Er eröffnete eine Lotto-Annahmestelle, in der später auch Geld gewechselt wurde. Der Name Hagemann steht seitdem für Spielen an der Grenze. Als es in den 70er-Jahren noch verboten war, ohne Ausweis die Grenze zu passieren, war es Johannes, der zum Schlagbaum lief, Lottoscheine einsammelte und mit dem Wechselgeld zurückkam.

Vater Gerd Hagemann hatte das Lottospiel in den Niederlanden erst bekannt gemacht, indem er mit einem Auto voller Lottoscheine durch ganz Holland fuhr und diese verteilte. Amsterdam, Rotterdam, Eindhoven — Gerd Hagemann war der Pionier des deutschen Glücksspiels. Und das hält bis heute an. So gehört Hagemann zu den umsatzstärksten Lotto-Annahmenstellen in Nordrhein-Westfalen. Beleg dafür: Zur Eröffnung kam Lotto-Fee Franziska Reichenbacher.

Plötzlich zu Holland

Die Entwicklung des Unternehmens Hagemann ist eng mit politischen Änderungen verbunden. So gehörte das Haus der Hagemanns erst zu Deutschland. 1960 wurde die Grenze verlegt und das Gebäude stand plötzlich auf dem Gebiet des Königreichs. "Wyler versteht die Welt nicht mehr", titelte damals die Grenzland Post.

Drei Jahre später wurde der veränderte Grenzverlauf wieder rückgängig gemacht. Das Geschäft mit der Wechselstube war über Jahrzehnte — vorsichtig formuliert — ein einträgliches. Von der Euro-Einführung wurde dieser Geschäftszweig abrupt gestoppt. "Wir mussten uns neu orientieren und die Kombination von Lotto und Reisen machte Sinn", erklärt Johannes Hagemann. Wie sinnvoll es ist, zeigt sich heute an der neuen, alten Filiale.

Hagemann kann sich vor allem auf seine Kunden aus den Niederlanden verlassen. Denn zu 90 Prozent sind es Holländer, die beim ihm Tippen und Reisen buchen. Auch Cees van Balkum wird weiter wöchentlich einen kompletten Schein nach Deutschland bringen. Denn hier gilt mehr als anderswo: Das Glück kennt keine Grenzen.

(RP)
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