Kleve Glaubwürdig: Wieder Wendung im Rumänenprozess

Vergewaltigungsprozess gegen vier Bauarbeiter: Drei Kriminalbeamte halten Florina F. für glaubwürdig.

5. Verhandlungstag, drei Kriminalhauptkommissare als Zeugen — und eine weitere Wendung im Prozess gegen vier Bauarbeiter aus Rumänien, denen gemeinschaftliche Vergewaltigung vorgeworfen wird. Denn nachdem am Montag (5. September) mehrere Polizeibeamte nicht im entferntesten daran dachten, dass hier eine Sexualstraftat vorgelegen haben könnte, kam nunmehr von den drei Beamten die klare Botschaft, dass die Florina F. sehr wohl mehrfach vergewaltigt worden sein könnte.

Besonders eindringlich geriet die Schilderung der 46 Jahre alten Polizistin, die Florina F. mit Hilfe eines Dolmetschers erstmals eingehend zu den Geschehnissen befragte. "Sie vermittelte das Bild, Opfer einer Sexualstraftat geworden zu sein", so die Beamtin. Sie habe zwar relativ emotionslos erzählt, "aber sie hat zusammengekauert auf einem Stuhl gesessen, ihr war immer kalt."

"Einfaches Mädel"

Florina F. sei ein "einfaches Mädel", das sie von der körperlichen und intellektuellen Entwicklung her niemals auf 18 Jahre geschätzt hätte. "Sie trug Kindergröße 146, wog höchstens 50 Kilo, und wenn ich sie im Hotel besucht habe, lief im Fernsehen immer der Kinderkanal", so die Beamtin. Ein Kollege ergänzte: "Sie wirkte abgestumpft und gewalterfahren." Was vielleicht auch nicht weiter verwundert, wenn man vom eigenen Bruder verprügelt und zur Prostitution gezwungen wird.

Die Beamten waren die ersten, die sich mit Hilfe eines offiziellen Dolmetschers mit Florina F. verständigen konnten. Bei der ersten Begegnung mit der deutschen Polizei — Florinas Freund hatte sie in der Nacht zu der Wohnung in der Kirchstraße 19 gerufen — hatte sie noch erleben müssen, wie Costinel L. mit den Beamten geredet und die Situation "geklärt" hatte. Er war der Anführer des Bautrupps, sprach als einziger vor Ort einigermaßen Deutsch — und sitzt jetzt als mutmaßlicher Haupttäter auf der Anklagebank.

Die Aussagen der drei Beamten am Mittwoch machten es allerdings auch deutlich, wie schwierig es ist, zur Wahrheit vorzudringen, wenn das Opfer vermutlich in Ermangelung eigener Möglichkeiten verwirrend handelt und zudem kaum in der Lage ist, den Sachverhalt widerspruchsfrei zu schildern. So sagte Florina F. in ihrer ersten Vernehmung, sie sei (nach den Übergriffen am Nachmittag) in der Nacht von allen vier Angeklagten je zweimal vergewaltigt worden.

Letzte Version

Diese Aussage relativierte sie einen Tag später — aber da war immer noch von vier Tätern in der Nacht die Rede. Bei der richterlichen Vernehmung wenige Tage später wiederum betonte sie, dass einer der vier — Ionut U. — sie zwar nachmittags vergewaltigt habe, aber bei den Geschehnissen in der Nacht nicht mehr beteiligt gewesen sei. Statt dessen habe er lachend in der Nähe gestanden. Solche Widersprüche befeuern die Verteidigung in ihrem Bemühen, Zweifel zu säen.

Dennoch: Die letzte Version von Florina F. könnte zur Aussage ihres Freundes passen. Viorel H. wurde angeblich in der Nacht von den Schreien seiner Freundin wach, stürmte dann aber nicht in das fragliche Zimmer, sondern ging statt dessen auf die Straße und bat eine Passantin, die Polizei zu rufen. Auf dem Weg nach draußen sei er von Ionut U. aufgehalten und bedroht worden: "Halt' die Klappe, sonst bring' ich dich um!" Er habe sich losgerissen, dabei sei seine Jacke beschädigt worden. Der tatsächlich vorhandene 15 Zentimeter lange Riss in dem Kleidungsstück ist eine der wenigen Gewissheiten, die dieser Prozess bisher zu bieten hat.

Fortsetzung am 19. September, 10 Uhr.

(jul)
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