Kleve Geschichte einer Schlecker-Frau

Kleve · Angelika Longchamp (53) aus Bedburg-Hau arbeitete zehn Jahre für Schlecker. Zuletzt wickelte sie den Schlussverkauf im Süden ab. Was bleibt ist eine Mischung aus Unbehagen und Hoffnung auf einen neuen Job.

 Die ehemalige Schlecker-Frau hat jetzt viel Zeit für Kater Luki – auf Dauer reicht ihr das aber nicht.

Die ehemalige Schlecker-Frau hat jetzt viel Zeit für Kater Luki – auf Dauer reicht ihr das aber nicht.

Foto: Evers, Gottfried

Jedes Jahr Anfang Juli genießt Angelika Longchamp drei Wochen lang ihren Sommerurlaub. Auch in diesem Jahr verbringt sie die Zeit zu Hause im Garten. So richtig genießen kann sie das aber nicht: Seit dem 1. Juli ist die 53-Jährige arbeitslos.

 Die ehemalige Schlecker-Frau grübelt im Garten über Formulierungen für ihre nächste Bewerbung. Ihre Familie unterstützt sie, so gut es geht.

Die ehemalige Schlecker-Frau grübelt im Garten über Formulierungen für ihre nächste Bewerbung. Ihre Familie unterstützt sie, so gut es geht.

Foto: Evers, Gottfried

Angelika Longchamp ist eine Schlecker-Frau. Eine von mehr als 11 000, die nun keinen Job mehr haben. Die gelernte Einzelhandelskauffrau war zehn Jahre lang bei Schlecker beschäftigt — als Fillialleiterin unter anderem in Kalkar, Hau, Goch und Kleve. "Bevor ich bei Schlecker angefangen habe, war ich schon mal ein halbes Jahr arbeitslos", sagt Longchamp. "Aus dieser Zeit weiß ich, wie schrecklich das ist und dass ich ohne Arbeit sehr schnell unzufrieden werde."

Denn die 53-Jährige ist es gewohnt, jeden Tag zur Arbeit zu gehen. "Ich habe mein Leben lang gearbeitet, auch als die Kinder noch klein waren — und ich habe es gern getan", sagt sie. Besonders gern bei Schlecker. "Wir nennen es das Schlecker-Fieber, damit war ich auch infiziert", sagt sie und lacht bei der Erinnerung. "Ich dachte, ich bleibe bis zur Rente."

Jetzt ist dieser Traum ausgeträumt. Anzeichen für ein drohendes Ende habe es aber schon vor einem Jahr gegeben. "Da bekamen wir schon weniger Ware, viele Kunden waren unzufrieden", sagt Longchamp, damals Filialleiterin in Kalkar an der Monrestraße. Im November war dort Schluss — die Filiale war von einer der ersten Schließungswellen betroffen. Longchamp hatte Glück, dass sie dennoch nicht entlassen wurde. Stattdessen ging es für sie weiter in Winnekendonk. "Der Laden brummte, es hat richtig Spaß gemacht, dort zu arbeiten", sagt sie. Ende März war das vorbei. Bis dahin wurde nur noch das Ende abgewickelt. Bis Ende Juni ging es für Longchamp noch in Kapellen weiter — allerdings nicht mehr als Führungskraft. Dann kam der Tag, als Longchamp und ihre Kollegin zum letzten Mal die Tür hinter sich abschlossen. "Zusammen mit den Schlecker-Frauen aus Sonsbeck haben wir uns in der Filiale in Sevelen getroffen, ein Stück Kuchen gegessen und Kaffee getrunken", erzählt sie. Keiner sollte an diesem Tag allein zu Hause sitzen und grübeln.

Angelika Longchamp macht sich Sorgen, wenn sie an die Zukunft denkt. "Wir haben es uns hier schön gemacht", sagt sie und blickt über ihren Garten, der zu dem Reihenhäuschen in Bedburg-Hau gehört. Sie weiß, dass ihr Einkommen jetzt erst mal wegfällt. Und sie weiß, dass es mit 53 Jahren nicht leicht ist, wieder einen Job zu finden. Und dass sich auf jede freie Stelle in der Region immer gleich mehrere Schlecker-Frauen bewerben werden.

Kampflos aufgeben will Longchamp trotzdem nicht. Mit ihrer Tochter schreibt sie am Computer fleißig Bewerbungen, macht eine Computer-Schulung. "Ich würde auch eine Stelle außerhalb des Einzelhandels annehmen", sagt sie und besinnt sich auf ihre Stärken. "Ich habe Führungserfahrung, kann sehr gut mit Menschen umgehen und bin flexibel."

Die Hoffnung auf einen neuen Job will sie so schnell nicht aufgeben.

(RP)
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