Kleve Gesamtschule: Geteilte Freude

Kleve · Zukunftswerkstatt der Rheinischen Post und der Volksbank Kleverland: Experten diskutierten über den Umbruch der Schullandschaft in Kleve. Sinkende Schülerzahlen sorgen für weitere Schließungen.

Gesamtschule: Demo im Rat der Stadt Kleve
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Gesamtschule: Demo im Rat der Stadt Kleve

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Die Schullandschaft steht in Kleve vor dem Umbruch. Die sinkenden Schülerzahlen konfrontieren schon jetzt so manche Schule mit der Existenzfrage. In Kleve ließ die Bezirksregierung das Sebus-Gymnasium wegen schwindender Anmeldungen schließen, die kleine Schule in Donsbrüggen ist Geschichte.

Es ist eine Frage der Zeit, bis Kleve nur noch zwei Hauptschulen hat. Es gibt hier noch zwei Gymnasien und zwei Realschulen. Und nach dem Willen vieler Eltern vielleicht bald eine neue Gesamtschule.

Kleves Schulverwaltungsamtsleiterin Annette Wier skizzierte einen weiteren Wandel an Klever Schulen: Den Weg zur Ganztagsbetreuung, der derzeit vollzogen werde. Dazu müssen die Kommunen ihre Gebäude entsprechend verändern.

"Die Gesamtschule hat es landesweit nicht geschafft, trotz deutlich besserer Ausstattung auch bessere Ergebnisse zu erzielen", blickte Claus Hösen, Direktor des Klever Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums auf die aus seiner Sicht gescheiterte Schulpolitik der vergangenen Jahrzehnte zurück.

Jörg Cosar, Ehrenvorsitzender der Stadtschulpflegschaft, räumte ein, dass es bei der Errichtung einer Gesamtschule Probleme für die Hauptschulen im Klever Land gibt: "Wir haben jetzt mit Kranenburg, Bedburg-Hau und Kleve fünf Hauptschulen. Hier werden Schüler fehlen, wenn eine Gesamtschule eingerichtet wird."

Andererseits werde die Hauptschule derzeit nicht mehr von der Gesellschaft anerkannt, so Cosar, der auch vorrechnete, dass heute 30 bis 35 Prozent aller Kinder eines Jahrgangs zum Gymnasium wechseln, früher waren es dagegen keine zehn Prozent. Hier weisen Hösen, Hubert Wanders, Rektor der Karl-Kisters-Realschule, und Ado Leuchtgens, Rektor der Hauptschule Materborn, auf die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen hin.

Die wird zwar durch das Abi in acht Jahren erschwert, aber immer noch schaffen um die fünf Prozent der Haupt- und Realschüler vor den zehnten Klassen den Sprung aufs Gymnasium. "Und von denen, die ihren Realschul-Abschluss machen, legen 25 bis 30 Prozent ebenfalls das Abitur ab. Unser System ist sehr durchlässig", unterstreicht Wanders.

Funktionierendes System

Cosar warnte davor, Hauptschulen zur Restschule zu degradieren: "Ich mache mir Sorgen um die Kinder aus bildungsfernen Schichten". Denn die fänden, so hieß es, auch in der Gesamtschule kein schulisches Zuhause.

"Sie werden in den Hauptschulen sehr gut betreut", so Leuchtgens. Hösen befürchtet, dass eine neue Gesamtschule, um ihren vorgeschriebenen Schülermix erreichen zu können, gerade diese Kinder abweisen würde: "Wie es die Gesamtschule Goch praktiziert — dort hat der Großteil der abgewiesenen Schüler die Empfehlung Hauptschule". Christian Nitsch als Sprecher der Gesamtschul-Initiative machte dagegen deutlich, dass es genügend Schüler gäbe, die sich auf eine Gesamtschule freuen würden, für die Eltern plädiert haben.

Hösen warnte mit Blick auf den Umbruch, vor dem sich die Schullandschaft befindet, man dürfe das funktionierende Schulsystem nicht zerstören: "Wir bekommen sonst ein angelsächsisches System mit leidigen staatlichen Schulen und teuren Privatschulen für die Privilegierten."

(RP)
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