Gerichtsverhandlung in Kleve Raubopfer schildert Todesangst im Zeugenstand

Kleve · Eine 73-Jährige wacht im Oktober 2018 mitten in der Nacht auf, weil Einbrecher an ihrem Bett stehen. Ein 30-Jähriger Beklagter gesteht die Beteiligung an der Tat und belastet zwei weitere mutmaßliche Täter.

Gerichtsverhandlung in Kleve: 30-Jähriger gesteht Beteiligung an Raubüberfall
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

30. Oktober 2018: Eine Rentnerin schläft tief und fest in ihrem Bett in Kleve. Gegen zwei Uhr morgens wird die heute 73-Jährige wach, weil grelles Licht in ihr Auge fällt. „Ich habe erstmal keinen Schreck bekommen. Ich dachte, ich wäre im Film“, erinnert sich die Frau am Mittwoch im Zeugenstand des Klever Landgerichtes.

Aber das Licht, es entspringt keinem Film oder Traum, sondern der Taschenlampe eines Einbrechers, welcher sich nachts – wohl mit zwei Komplizen – Zutritt zu dem Wohnhaus verschafft hat. Durch ein Kellerfenster dringen die Täter ein, haben es auf Geld und Schmuck abgesehen. „Du rückst jetzt sofort den Safeschlüssel raus, sonst schneiden wir deiner Mutter den Finger ab“, zitiert die Zeugin den Eindringling. Die Mutter, mit der die Zeugin damals zusammen lebt, schläft da gerade im Nachbarzimmer.

Die heute 73-Jährige leistet Folge, rückt den Safeschlüssel und eine Geldkassette raus, zwischendurch hält sie noch die Mutter an, im Zimmer zu bleiben. Sie hört weitere Eindringlinge, sieht diese aber nicht. Erstaunlich ruhig sei sie selbst geblieben, erinnert sich die 73-Jährige – nur einmal, als sie sich wegen der Geldkassette nach vorne beugen muss, denkt sie: „Jetzt ist es vorbei.“ Doch ein Schlag von hinten erfolgt nicht, und irgendwann verlassen die Täter das Haus – mit Beute im Wert von mindestens 6000 Euro.

Auf der Anklagebank im Landgericht sitzt ein 30-Jähriger, geboren in Goch, türkischer Staatsbürger. Der Tatvorwurf: Raub. Er räumt seine Beteiligung ein. Von seinem Onkel, dem er Geld schuldete, sei er zu der Tat breitgeschlagen worden, erklärt er, belastet den Onkel und einen weiteren gesondert verfolgten Mann als Komplizen. Von der Gewaltandrohung gegen die Frau habe er aber nichts gewusst oder mitbekommen, sagt er.

Der 30-Jährige entschuldigt sich bei der 73-jährigen Zeugin. Diese nimmt kein Blatt vor den Mund: „Würden sie ihre eigene Mutter auch so ausrauben?“, fragt sie den Angeklagten. „Diese unverschämten Menschen, die bei einem einbrechen, wissen gar nicht, was sie einem damit antun.“ Sie habe infolge der Tat nicht mehr in dem Haus schlafen können, sei dann mit der Mutter umgezogen. Für die mittlerweile verstorbene Mutter tue es ihr am meisten leid: „Ich finde es so schade, dass sie das noch miterleben musste.“ Der Strafprozess wird am 27. Mai fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort